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Im Museumshaus Im Güldenen Arm zeigt Manfred Rößler bis 30. August einen Querschnitt durch sein Schaffen. 

© Ottmar Winter PNN

Dem Künstler Manfred Rößler zum 85. Geburtstag: Ein Menschenfreund

Im Museumshaus „Im Güldenen Arm“ zeigt der Keramiker, Plastiker und Maler Manfred Rößler noch bis Sonntag sein vollgepacktes Künstlerleben. Sein Drang, der Welt immer Neues abzuringen, ist auch kurz vor seinem 85. Geburtstag ungebrochen.

Potsdam - Mit seinem zugewachsenen Gesicht, den langen Haaren und der abgewetzten Lederweste wirkt er wie ein Waldschrat. Nein, kein in sich gekehrter Einsiedler, der der Welt den Rücken kehrt. Manfred Rößler steht mitten drin im Leben, auch auf seiner Insel, im Garten von Langerwisch. Dort weht der Wind hinein, erfrischt, zerzaust, lässt atmen. 

Der Keramiker, Plastiker und Maler verschanzt sich nicht hinter hohen Zäunen, er geht auf andere zu. Sein Lächeln ist wie eine Einladung zum Dialog. Am 20. September wird dieser Menschenfreund nun 85 Jahre alt und die Ausstellung „Gestern und heute“ im Potsdamer Haus Im Güldenen Arm führt hinein in sein vollgepacktes Künstlerleben.

Manfred Rößler bei der Eröffnung der Ausstellung zu Max Beckmanns "Welttheater" im Museum Barberini 2018.
Manfred Rößler bei der Eröffnung der Ausstellung zu Max Beckmanns "Welttheater" im Museum Barberini 2018.

© Manfred Thomas

Ein unerfreuliches Kapitel im pulsierenden Schaffensstrom

Das Foto des zerklüfteten, in der märkischen Landschaft eingebetteten Kopfes von Theodor Fontane im Entree des Museums umreißt ein eher unerfreuliches Kapitel in diesem pulsierenden  Schaffensstrom. Es führt zurück ins Jahr 1983, als am Rheinsberger See das FDGB-Ferienheim „Ernst Thälmann“ eröffnet wurde. Rößler gelang es dort, den allseits bekannten Charme der Gewerkschaftsspeisesäle, der oft an Bahnhofshallen erinnerte, zu durchbrechen: Er schuf ein zwölf Meter langes Wandrelief, das Dichtung und Landschaft ins Haus holte. 

Der in Cottbus geborene und mit dem Großräschener Ton bestens vertraute Plastiker umkleidete zudem die Pfeiler des Saals mit erdigen, ganz individuell gestalteten Klinkerplatten: wie Bäume an einem Waldweg. Das trotzte der sterilen Einheitsarchitektur durchaus ein Eigenleben ab. Nachdem 2002 das als zu klotzig empfundene Hotel gesprengt wurde, landete der Fries in der Versenkung. Erst verschwunden, dann wiedergefunden. Seitdem hofft es auf seine Wiedergeburt. Doch über diese Odyssee ist in der Ausstellung nichts zu erfahren.

Das Schöne ist in der Kunst von Manfred Rößler vom Brüchigen nicht zu trennen. 
Das Schöne ist in der Kunst von Manfred Rößler vom Brüchigen nicht zu trennen. 

© Ottmar Winter PNN

Urhuhn, Persius und Pückler: Arbeiten im öffentlichen Raum

Andere Arbeiten im öffentlichen Raum, in dem Rößler dem Alltäglichen die Sinnesfreude einschrieb, leben weiter, wie in Potsdam das „Urhuhn“ am Schlaatz, die Keramikmedaillons von Persius und Pückler am Eingang von Schloss Babelsberg, das Wandrelief am Wohnviertel „Arkadien“ am Glienicker Horn oder die Fassadengestaltung an der Scheune des Kanu-Clubs Potsdam. Dort soll es demnächst auch in den Innenräumen weitergehen.

Ganz besonders berührt das 1980 geschaffene Keramikrelief seines Vaters: Das durchfurchte Gesicht ist eingepresst in einem Rahmen aus Stein und Holz – der Ewigkeit überschrieben. Auch ein Epitaph widmete der Künstler seinem 1979 verstorbenen Vater, einem Spreewald-Bauern: freundlich lächelnd inmitten von Getreideähren.

Das Museumshaus Im Güldenen Arm zeigt anlässlich des 85. Geburtstags Manfred Rößlers am 20. September dessen Werke.
Das Museumshaus Im Güldenen Arm zeigt anlässlich des 85. Geburtstags Manfred Rößlers am 20. September dessen Werke.

© Ottmar Winter PNN

Wo der Liebreiz Risse bekommt

Rößler arbeitet sich tief in den Ton hinein, formt, malt, brennt. Er lässt ihn zu weich fließenden, meist weiblichen Skulpturen wachsen, überzieht die Torsi mit zarten Spitzen, Masken, Bandagen. Der Liebreiz bekommt Risse, das Begehrenswerte ist verletzlich. Wie „Die kleine Schwarze“ von 2001, der man gern über die geschwungenen Hüften streicht.

Manfred Rößler, der nach seinem Kunststudium zehn Jahre an der Fachhochschule für Angewandte Kunst Berlin-Potsdam unterrichtete, findet nicht nur im Steinzeug, sondern auch in der collagenhaften Grafik und in der Zartheit des Aquarells sein Podium. Wir schauen in wilde, ungestüme Gesichter, in sich zurückgezogene, aufgeschreckte Antlitze. Bei manchen stockt der Atem. Der Grafiker bleibt in der Farbe, auch wenn es düster wird. Wie bei seinem „Freund Ingo A.“, der hinter einem schwarzen Gitternetz hervorlugt, mit stechendem Blick aus einer entrückten Welt. Oder bei der „Geschundenen Kreatur“, in der ein kräftiges schwarzes Pferd fast zu Boden geht. 

Raum für eigene Gedankenspiele

Immer lässt der Künstler Raum für eigene Gedankenspiele, nichts ist festgezurrt. Nur der Wandel ist ihnen eingeschrieben, das Mäandern zwischen Angst und Zuversicht. „Diese Ausstellung hat mein Seelenleben ziemlich aufgefressen“, sagt Manfred Rößler, der noch einmal zurückgeworfen wurde in die wechselvollen Leidenschaften seines reichen Tuns. Inmitten all der Farbmagie wirkt das Bildnis des Schauspielers Bernhard Minetti geradezu fragil. Mit wenigen Kohlestrichen hielt Manfred Rößler das kantige Kinn, die leicht gebogene Nase, die kraftvolle Präsenz des großen Schauspielers fest: in der Flüchtigkeit eines Fernsehaugenblicks. Ein großer Wurf.

Manfred Rößler legt auch heute nicht die Hände in den Schoß. „Es  geht immer weiter mit dem Drang, der Welt Neues abzuringen.“ 2019 aquarellierte er „Fenster über’s Jahr“: sinneskräftig fabulierend im Spiel mit der Natur. Aufbrechendes, Einstürzendes. Die gegerbten Gesichtslandschaften scheinen wie ein Spiegel seiner selbst. 

Steinzeugkeramik, Ölkreide und Aquarell von Manfred Rößler, zu sehen bis 30. August im Museumshaus „Im Güldenen Arm“, Hermann-Elflein-Straße 3, Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Heidi Jäger

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