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Wu Wei studierte in Shanghai chinesische Mundorgel. 

© Promo

Das Programm des Klein Glienicker Havelschlösschens: Händels Harfe, fernöstliche Pfeifen

Die Kammerkonzerte im Havelschlösschen in Klein Glienicke bieten auch Exotisches wie die chinesische Mundorgel.

Potsdam - Regieren war nicht alles. Ludwig XIV. liebte Musik, Tanz und Theater und förderte die Kunst am Hofe. „Er selbst war auch sehr musikalisch, ein guter Gitarrist und ein guter Tänzer“, sagt Christiane Gerhardt. „Er trat sogar in eigenen Stücken auf, als Tänzer und im Kostüm“, so die Potsdamer Musikwissenschaftlerin und Gambistin.

Gerhardt und der Geigenbaumeister Tilman Muthesius sind die Betreiber des Kammermusiksaals Havelschlösschen in Klein Glienicke, in dem monatlich Konzerte stattfinden. Die mittlerweile 13. Saison des kleinen, feinen Formats bietet wieder handverlesene Programme und darunter auch einen Abend, der an die höfische Unterhaltung jenes französischen Monarchen erinnert. „Les Amusements“, die Vergnügungen, bietet Stücke des französischen Barock von Angelo Michele Bartolotti, der mutmaßlich von 1630 bis 1682 lebte und Gitarrenlehrer von Ludwig XIV. war. 

Bach und Tango Seite an Seite

Außerdem Kompositionen von Marin Marais, ebenfalls hochgeschätzter Hofmusiker. Ihm war der König besonders gewogen: „Er durfte ihm ständig vorspielen, vom Aufwachen bis zum Einschlafen“, sagt Muthesius. Im Konzert am 4. April musizieren Christiane Gerhardt an der Gambe und Matthew Jones an der Theorbe. Die Musik gibt es auch zum Mitnehmen auf der neuen CD: „Les Amusements“ von Christiane Gerhardt, die dort von zwei Theorben der Lautenisten Matthew Jones und Magnus Andersson begleitet wird.

Geigenbaumeister Tilman Muthesius.
Geigenbaumeister Tilman Muthesius.

© Andreas Klaer

Der Frühling beginnt zunächst mit einem Konzert am 7. März: „Tango & Bach“. Kein Crossover, sondern Bachs Stücke und Tangos Seite an Seite. Allerdings wird Bach von Marek Stawniak auf dem Akkordeon gespielt und Tabea Höfer spielt auf der Violine Tangos von Astor Piazzolla.

„Man spielte auch im Barock in der Regel jeweils Zeitgenössisches"

Am 2. Mai gibt es Süßes: Ein „Dialogus Phantasticus“, ein musikalischer Austausch zwischen Violine und Dulzian, dem Barock-Fagott mit seinem warmen, angenehmen, eben süßen Klang, sowie einer kleinen Truhenorgel. Im Juni folgt Musik aus dem Süden: Werke von Heinrich Ignaz Franz Biber, böhmischer Komponist und berühmter Geiger der Barockzeit, sowie seinem österreichischen Kollegen Johann Heinrich Schmelzer. Beide Komponisten waren zu Lebzeiten bekannt und geschätzt, heute werden sie weniger gespielt. „Man spielte auch im Barock in der Regel jeweils Zeitgenössisches, was eben gerade aktuell war, und das Alte wurde schnell vergessen“, sagt Muthesius. Heute interessieren sich wieder Forscher für solche Musik und sichten systematisch Archive auf der Suche nach schönen, vergessenen Werken.

Auch in Klein Glienicke wird regelmäßig Neues oder zumindest Ungewöhnliches geboten. Im Juli „Mönche und Drachen“ mit einigen Mitgliedern des Ensembles Open Chamber Berlin und dem Musiker Wu Wei, der ein Sheng spielt: eine chinesische Mundorgel. Das Sheng wird mit beiden Händen aufrecht vor dem Gesicht gehalten. Die Luft fließt durch ein Mundstück, das Schnabel heißt, in das zylindrische Instrument, das etwa 15 bis 20 Zentimeter Durchmesser hat. Die Finger bedienen die senkrecht angeordneten Pfeifen. Wu Wei, in China geboren, gilt als Experte für traditionelle chinesische Musikinstrumente, vor allem für die Mundorgel und ist sehr nachgefragt. Dennoch: „Bei diesem Konzert bin ich sehr gespannt, wie das funktionieren wird“, sagt Muthesius.

Ein Projekt ohne Fördermittel

Aber Experimentierfreude gehört zum Konzept der Konzertreihe, ebenso – leider – das Risiko. Bis heute verzichten die Initiatoren bewusst auf Fördermittel. „Wir wollen unabhängig sein. Aber wir wollen die Künstler natürlich auch halbwegs anständig bezahlen“, sagt Muthesius. Die Konzerte sind eng kalkuliert. „Es bleibt eine schwarze Null – meistens. Hoffentlich. Es ist eigentlich mein Hobby“. Besucher kommen aus Potsdam und Berlin, darunter viele Stammgäste, die die Konzerte im Abo gebucht haben.

Nach der Sommerpause geht es am 5. September mit „Liebesbothen“ der Romantik und Frühklassik weiter: Sopranistin Julla von Landsberg und Tenor Jan Kobow singen Liebeslieder, begleitet von Sylvia Ackermann am Flügel und Thomas Höhne auf der Gitarre. Am 3. Oktober ist ein Harfenist zu Gast. Maximilian Erhardt studierte moderne Harfe in Amsterdam und historische Harfe an der Accademia Internazionale della Musica di Milano. Beide Fächer schloss er mit Summa cum Laude ab. Das Konzert „Händels Harfenvirtuosen“ ist ein Abend, der ganz alleine der Harfe als Soloinstrument gehört. „Bach – Kunst der Fuge“ heißt das Novemberkonzert am 7. des Monats mit dem Ensemble Tamuz - zwei Celli, zwei Geigen und eine Bratsche. Am 5. Dezember spielen schließlich die Potsdamer Violinistin Claudia Mende und Freunde der Musik des Hochbarock: Festlich-geselliges zum Jahresende. 

>>Konzerte jeweils am ersten Donnerstag im Monat, Karten inklusive kleiner Bewirtung kosten 25 Euro, ermäßigt 15 Euro. Man kann sich einen Newsletter mit Konzertterminen schicken lassen: Infos unter www.gamben.de

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