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Kultur: Das geht ja gut los!

Das Brandenburgische Staatsorchester sorgt für feurige Klänge zum Neujahrskonzert im Nikolaisaal

Wenn einem am Neujahrstag als erste Person ein Mann begegnet, bringt das Glück – ist es eine Frau, tritt das Gegenteil ein. Glück verheißt auch der Verzehr von Schweinefleisch an Neujahr, während eine Suppe mit Bohnen und Linsen für Wohlstand bürgt. Auf keinen Fall soll man an diesem Tag waschen oder nähen, sonst gibt es Unglück.

Alles das sind ungarische Neujahrsbräuche, die der Dirigent Howard Griffiths in Vorbereitung seines Neujahrskonzertes mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt erkundet hat. Wieder einmal zieht der Maestro mit solchen launigen Worten das Publikum im ausverkauften Nikolaisaal in seinen Bann. Größtenteils feurige Klänge aus Ungarland stehen auf dem Programm, gemischt mit rumänischen Volksmusikmelodien und Hits aus dem russischen Volksliedschatz.

Für zusätzliche Paprikawürze sorgt der Geigenvirtuose Roby Lakatos, der familiär in der ungarischen „Zigeunermusik“ verwurzelt ist. Doch auch seine Mitstreiter an Cymbal, Gitarre, Klavier, Violine und Kontrabass stehen dem vor explodierender Spiellust schier berstenden Ensembleleiter in nichts nach. Gemeinsam brennen sie ein farbenbuntes Klangfeuerwerk aus krachenden Böllern, zischenden Höhenraketen, funkelnden Fontänen und glitzernden Kaskaden ab.

Gleich einem Zigeunerprimas alter Schule weiß Lakatos in seinem jazzig geprägten und improvisationsreichen „New Alliance“-Stück zwischen spritzig-blitzender Saitenartistik, schmachtender Hingabe und furiosem Tempo das Publikum zu begeistern. Die Band hilft dabei kräftig mit. Nahtlos geht Isaak Dunajewskis romantisch schmachtender „Alter Walzer“ in den rasant-launischen „Csárdás lunatique“ von George Boulanger über, gefolgt vom temperamentvollen Zigeunertanz von Vladimir Cosma aus der französischen Agentenparodie „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“. Und immer wieder brilliert der Cymbalist Jenö Lisztes mit seinen solistischen Einlagen. Doch seinen virtuosen Höhepunkt erreicht der Paganini des ungarischen Hackbretts in dem von ihm arrangierte „Hummelflug“ von Nikolai Rimsky-Korsakow. Nicht weniger umjubelt auch der effektvoll bearbeitete „Lerchen“-Flug aus der Feder von Grigoras Dinicu, bei dem Roby Lakatos mit irrwitziger Saitenakrobatik schier staunen macht.

Der Solistentruppe extrovertierte Fröhlichkeit steckt auch die Musiker des Staatsorchesters zu entsprechender Begleitung an. Doch sorgen sie auch mit hungarophonen Highlights von Hector Berlioz (Ungarischer Marsch), Johannes Brahms (Ungarischer Tanz Nr. 5 g-Moll) und Johann Strauss jr. („Eljen a Magyar“-Polka) für orchestersolistisch klangprächtigen Furor. Mit diesen Ingredienzien nicht sparend, musizieren sie ebenso Georges Enescus folkloristisch geprägte 1. Rumänische Rhapsodie A-Dur. Sie wird durch eine zärtliche Klarinettenmelodie eingeleitet. Flöten und Oboen gesellen sich hinzu, werden alsbald von Harfenklängen und Streichern unterstützt. Dynamische Steigerungen lassen ein von rhythmisch überschäumender Lebensfreude geprägtes Klangfest entstehen.

Für ein weiteres Hörerlebnis sorgen Roby Lakatos und des Staatsorchesters stellvertretender Konzertmeister Stefan Hunger, die in Vittorio Montis unverwüstlichem „Csárdás“ in einen saitenakrobatischen Wettstreit treten, gemeinsam der großen Gefühlsgeste huldigen und sich zusammen mit allen anderen in einen geradezu wollüstigen Klangrausch steigern. Es folgen mehrere Zugaben und Standing Ovations – das Jahr fängt ja gut an! Peter Buske

Peter Buske

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