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Der Violinist Daniel Hope spielte im Palais Lichtenau.

© Kitty Kleist-Heinrich

Daniel Hope im Palais Lichtenau: "Hauskonzert" mit Meistergeiger

Der Starviolonist Daniel Hope und das Quartett Salut Salon spielten für die Arte-Konzertserie "Home@Hope" im Palais Lichtenau. Es war nicht sein erster Ausflug nach Potsdam.

Potsdam - Auch ohne äußeren Appell hätten die coronagemäß spärlich verteilten Zuhörer im Festsaal der Palais Lichtenau wohl so lautstark geklatscht wie eben an diesem Nachmittag mit Meistergeiger Daniel Hope und den vier Damen vom Hamburger Quartett Salut Salon. Die turbulente Tour durch die weiten Gefilde der Musik brachte kaum endenden Applaus hervor. Dass unplanmäßig eine Violinsaite riss, tat dem mitreißenden Konzert, das vom deutschfranzösischen Sender Arte Concert aufgezeichnet wurde, keinen Abbruch.

Zweites Potsdam-Konzert nach Auftritt mit Songwriter Tim Bendzko

Zahlreiche Edisonleuchten auf hohen Stelen sorgen für extrawarmes Glühlichtgefühl im Festsaal. Sie sind das Markenzeichen der Sendereihe „Hope@Home“ mit Hauskonzerten während des Corona-Lockdowns. Der tägliche Livestream aus dem Wohnzimmer von Meistergeiger Daniel Hope mit wechselnden Gästen wurde so beliebt, dass im Mai die neue Serie „Hope@Home – on tour!“ folgte. Schon für Episode 16 stand Hope gemeinsam mit Tim Bendzko in der Muschelgrotte im Park Sanssouci vor der Kamera. Für die 26. Episode ging es nun in einen der schönsten historischen Säle Potsdams, in dem auf Anweisung von König Friedrich Wilhelm II erbauten Palais Lichtenau.

Noch einhundert Jahre früher, 1696, entstand die a-Moll-Sonate von Johann Paul Westhoff, ein geniales Bravourstück für Virtuosen. Den barock wuchernden Mittelsatz legt Daniel Hope als treibende Verfolgungsjagd an – dass es dabei um die Imitation von Glockengeläut geht, erstaunte aber doch ein wenig. Eher klingt das nach gruseligem Mitternachtsspuk, der jedoch abrupt vom Knall der gerissenen Saite beendet wird. Kein Problem, nach wenigen Minuten geht das unerbittliche Treiben mit einer neuen Saite weiter.

Das Quartett Salut Salon steht für eine wilde Mischung aller Art von Musik

Herzlich begrüßt Daniel Hope darauf die Damen von Salut Salon. Seit bald zwanzig Jahren belebt dieses Quartett die Idee von Salonmusik auf ganz eigene Weise. Mit einer wilden Mischung aller Art von Musik – scheinbar ohne Tabus, aber mit umso mehr Witz und Virtuosität ziehen sie das Publikum in Bann. Dass die Musikerinnen – zwei Geigen, ein Violoncello, ein Klavier – wie üblich auswendig spielen, verleiht ihrem Auftritt besonders eindringliche Präsenz. Astor Piazzollas Libertango klingt in dieser Formation wie der dunkelste aller Alpträume. Am Cello setzt Anna-Lena Perenthaler wuchtige Akzente, während Olga Shrygunova auf dem Klavier trommelt und die beiden Geigen von Angelika Bachmann und Iris Siegfried mit scharfen Glissandi immer noch tiefer in den Abgrund bohren.

Dass diese vier Musikerinnen auch singen können, verwundert nicht. Doch anders als viele andere tun sie das auch. Bei George Gershwins Klassiker „Let’s do it, let’s fall in love“ stimmen sie zu dritt verlockende Töne an. Von guten Träumen sind die nächsten Stücke geleitet. Ruhig versponnen erklingt der „Traum im Reisfeld“ mit pentatonischen Klängen auf einer modernen Steeldrum, begleitet von luftig gezupften Cello-Saiten. Mit orientalischen Tonfolgen eröffnet das Cello ein liebliches Wiegenlied aus Georgien. Schließlich weckt der „Heiße Kanarienvogel“ noch den letzten Träumer mit Zwitschern, Pfeifen, Piepen und Tirilieren auf. Von Freud und Leid der zweiten Violine singt Geigerin Iris Siegfried mit Charme und Verve – ein musikalischer Spaß sondergleichen. Mit dem Korobushka-Lied bringt Salut Salon spielend, singend und tanzend die Stimmung auf den Höhepunkt – auf einmal wähnt man sich auf einem russischen Tanzboden in uralten Zeiten. Vor lauter Bewunderung stößt da auch Daniel Hope zuerst ein lautes „Wow“ aus, bevor er die Damen freundlich in ein kleines Gespräch zieht.

Vivaldi zum Finale

Natürlich blieb auch Salut Salon nicht verschont von Corona und den Folgen. Zum ersten Mal seit zehn Jahren fiel die Hamburger Premiere ihres neuen Programms „Die Magie der Träume“ sowie alle weiteren Konzerte im dortigen Thaliatheater aus. Stattdessen zog das Quartett schon im Frühjahr mit einem Laster los und spielte im Freien, denn sie sagten sich: „Wenn das Publikum nicht zu uns kommen kann, gehen wir zu ihm.“ Eine Reportage von diesem Unternehmen ist am 29. August auf 3.Sat zu sehen. Sie nutzten die Zeit auf verschiedene Weise. Während Cellistin Anna-Lena Perenthaler in einem Spargel- und Erdbeer-Shop jobbte, arbeitete die zweite Geige Iris Siegfried in ihrem Zweitberuf als Juristin und Angelika Bachmann als Coach und Beraterin. Vielleicht am besten nutzte Pianistin Olga Shrygunova die Zeit, denn sie bekam Ende April ein Baby. Ein schöneres Hoffnungszeichen könnte es dieser Zeit nicht geben, heißt es einstimmig. Zum Finale spielen alle gemeinsam „La Notte“ von Antonio Vivaldi, natürlich in einer ebenso phantasievollen wie mitreißenden Version.

Zu sehen ist die Aufzeichnung von „Hope@Home-on tour!“ am Sonntag, 26. Juli, 18 Uhr bei Arte - und in der Arte-Mediethek.

Babette Kaiserkern

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