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Kultur: Damenwahl

Tissy Bruns in der Stadt- und Landesbibliothek

Sie selbst ist ein gutes Beispiel dafür, was Frauen heutzutage erreichen können. Die 1951 geborene Tissy Bruns arbeitete als Parlamentskorrespondentin in Bonn, schrieb als Journalistin unter anderem für die taz, die „Wochenpost“ und den „Spiegel“. Und ist jetzt Chefkorrespondentin beim „Tagesspiegel“. Von 1999 bis 2003 war sie als erste Frau Vorsitzende der Bundespressekonferenz. Dass eine politische Karriere für Frauen auch heute noch nicht selbstverständlich ist, hat sie gemeinsam mit der EMMA-Redakteurin Chantal Louis in 18 Politikerinnenporträts in dem im vergangenen Jahr erschienenen Band „Damenwahl“ aufgezeigt.

Im Rahmen der diesjährigen Brandenburgischen Frauenwoche war Tissy Bruns in der Stadt- und Landesbibliothek zu Gast und stellte dabei vor allem das Kapitel über die Geschichte des Frauenwahlrechts vor. Es war ihr wichtig, an die Anfänge vor gerade mal 90 Jahren zu erinnern, als es 1918 mutigen Frauen gelang, das allgemeine Wahlrecht für Frauen und Männer – denn bis dahin waren beispielsweise auch besitzlose Männer von Wahlen ausgeschlossen – in Deutschland zu erringen. Sie erinnerte auch an Frauenrechtlerinnen wie Olympe de Gouges, die noch 1793 als „Verräterin“ unter der Guillotine starb oder an die radikalste deutsche Vordenkerin Hedwig Dohm, die den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts in scharfzüngigen Aufsätzen die Unterdrückung der Frauen aufgrund biologischer Unterschiede an den Pranger stellt.

Und auch an die SPD-Abgeordnete und spätere Gründerin der Arbeiterwohlfahrt Marie Juchacz – in Potsdam ist nach ihr eine Straße benannt – die als erste Frau in der deutschen Geschichte eine Rede im Parlament hält, diese mit „Meine Herren und Damen“ beginnt und dafür noch schallendes Gelächter ihrer Kollegen erntet. Die nun wahlberechtigten Frauen säumen am Wahltag kilometerlang die Straßen und machen rege von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Ihre „Nachfolgerinnen“ – von Katja Kipping über Ursula von der Leyen bis hin zu Heidemarie Wieczorek-Zeul – haben im Buch ungeschminkt von ihrem ersten politischen Mandat erzählt. Tissy Bruns berichtete, wie viel Idealismus die meisten in ihr Amt einbringen, aber auch, wie viel weniger Zeit sie haben als Männer, um die nötigen Netzwerke zu knüpfen.

Doch gerade sie zeigen, mit welcher Dynamik, trotz einiger Rückschläge, Frauen in nur 90 Jahren ihre Gleichberechtigung vorangetrieben haben. Aber, das meint im Buch Hildegard Hamm-Brücher und das war auch an der geringen Zuhörerschaft bei der Lesung abzulesen, „es ist leider so vieles vergessen und die Frauen müssten schon ein bisschen mehr Interesse daran haben, ihre eigene Geschichte zu kennen und sie ernst zu nehmen.“Astrid Priebs-Tröger

Damenwahl. Vom Kampf um das Frauenwahlrecht bis zur ersten Kanzlerin, herausgegeben von Alice Schwarzer, Kiepenheuer & Witsch 2008, 8.95 Euro.

Astrid Priebs-TrögerD

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