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Ein Musikprojekt schafft in Dror Zahavis Film Gemeinschaft – und doch ist der Hass noch da. 

© Filmstill: CCC Filmkunst

"Crescendo #makemusicnowar" eröffnet JFBB 2019: Die Wunden sind tief

Kann Musik Hass beseitigen? Auf der Eröffnungsgala des Jüdischen Filmfestivals wird „Crescendo #Makemusicnotwar“ gezeigt, der Versöhnung versucht.

Von Helena Davenport

Potsdam - Gleich in der ersten Szene des Eröffnungsfilms des diesjährigen 25. Jüdischen Filmfestivals Berlin-Brandenburg sieht man dieses süße junge Paar – er Palästinenser, himmlisch an der Klarinette, sie eine bildhübsche israelische Hornistin. Die beiden drehen ein kurzes Video, stellen sich gegenseitig vor. Für wen es bestimmt ist, ist nicht ganz klar. Ein kurzer Blick in die Zukunft soll das sein – bevor die Geschichte des fiktiven Orchester-Projekts, um das sich der Film „Crescendo #Makemusicnotwar“dreht, von Anfang an erzählt wird. Peter Simonischek spielt den Dirigenten, der das israelisch-palästinensische Jugendorchester leiten soll. Die Musiker müssen eine Aufnahmeprüfung bestehen, um sich dann während der intensiven Probenphase für das große Friedenskonzert in Südtirol kennenzulernen. Ein Zeichen für die Annäherung soll gesetzt werden.

Hach, möchte man nach wenigen Minuten säuseln – was für ein schönes Märchen: Die Musik verbindet, macht aus Feinden Freunde, oder in diesem Fall sogar Liebespaare. Was man da allerdings noch nicht ahnt: Der israelische Regisseur Dror Zahavi, hauptsächlich für das deutsche Fernsehen tätig, führt den Zuschauer an der Nase herum. Die Geschichte wird sich noch einmal komplett wenden, mehrmals sogar, nicht so wie man zunächst annimmt allerdings. Und das ist genau der Punkt: Es ist kompliziert zwischen Israelis und Palästinensern, auch heute noch. Ein Konflikt, der seit über siebzig Jahren Todesopfer fordert, kann auch durch ein gut gemeintes, spontan aus dem Boden gestampftes Projekt nicht gelöst werden. Vor allem dann nicht, wenn es von jemandem organisiert wird, der sich einen Tag später schon mit einem ganz anderen Problem in einem anderen Erdteil auseinandersetzt, für ein neues Projekt.

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Die Wunden sind tief – das wird im Film deutlich, wenn die Musiker von den Erlebnissen ihrer Familien berichten. Ihr Dirigent, der nebenbei seine eigene Geschichte aufarbeitet, möchte, dass sie sich einander öffnen. Er will ein Zusammenspiel im Orchester erreichen. Nach Wutausbrüchen und Rangeleien klappt das auch – der Maestro kann zufrieden sein, wenngleich es musikalisch hier und da hapert. Er hat es geschafft, dass sich die jungen Leute miteinander arrangieren. Nun ist es vor allem die Außenwelt, die die Gemeinschaft zu zerstören droht – das Projekt wird von den Medien begleitet und die Musiker benutzen fleißig Twitter und Snapchat.

Zudem wären da noch ihre Familien, die an den Musikern zerren. Letztere befinden sich plötzlich zwischen dem neuen Miteinander in dem Projekt und dem alten Hass. Aber dennoch macht sich der Dirigent keine Sorgen, scheint sich des Ausmaßes nicht bewusst – auch dann nicht, als ein Anschlag auf ihn verübt wird. Es muss erst ein Unglück passieren, das die Bemühungen an ihre Beginne zurückführt. Es ist der Moment, an dem der Zuschauer endlich auch erfährt, für wen das Video bestimmt ist. 

>>„Crescendo #Makemusicnotwar“, Sonntag, 19 Uhr, Hans Otto Theater, Kinostart 16. Januar 2020

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