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Coronahilfspaket für Brandenburgs Kultur: „Es wird nicht verstanden, was Kultur bedeutet“

Brandenburg hat 39 Millionen Euro als Corona-Hilfspaket für die Kultur bereitgestellt. Was davon kommt bei den freien Künstlern an? Viel zu wenig, beklagen diese in einem offenen Brief. 

Potsdam - Während die Kultur im coronagebeutelten Land so langsam wieder in die Gänge kommt, werden auch die Schäden immer sichtbarer, die das Virus hier angerichtet hat. Galerien und Museen öffnen nach und nach wieder ihre Türen, über Szenarien, wie Kinos und Theater das Gleiche tun können, wird diskutiert. Doch die monatelange Schließzeit hat Spuren hinterlassen: Es fehlen Instititutionen und einzelnen Künstler die Einnahmen von Monaten. Für viele steht die Existenz auf dem Spiel.

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Um Künstlerinnen und Künstlern in Brandenburg aus dieser Misere herauszuhelfen, hat das Land Brandenburg vor gut einer Woche ein Hilfspaket auf den Weg gebracht: Mit dem „Corona Hilfsprogramm“ stellt das Kulturministerium rund 39 Millionen Euro zur Verfügung, um, so Ministerin Manja Schüle, „die Kulturschaffenden zu entlasten und ihnen die weitere künstlerische Betätigung ermöglichen“. 35 Millionen davon sind für Kultureinrichtungen und Kulturträger bestimmt, die so anteilig Einnahmeausfälle ausgleichen können. Die restlichen vier Millionen Euro sollen im Rahmen von Stipendien an freiberufliche Künstlerinnen und Künstler gezahlt werden.

Vehementer Widerstand

Gegen diese Maßnahme regt sich nun vehementer Widerstand von Seiten freischaffender Künstler Brandenburgs. In einem offenen Brief begrüßen sie ausdrücklich die Hilfe für Institutionen, kritisieren aber das in Aussicht gestellte Stipendium in höhe von 1000 Euro als „inakzeptabel“. Der Brief führt dafür zwei Gründe an: „Viele Künstlerinnen und Künstler sind aufgrund zu geringer Einnahmen nicht in der KSK versichert und damit vom vorgesehenen Stipendium ausgeschlossen.“ Darüber hinaus könne mit der Summe nicht „die Einnahmeausfälle der sechs Monate von März bis August und der Bedarf an Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen berücksichtigt und gedeckt werden.“

Eine Ausstellung der Potsdamer Künstlerin Marianne Gielen in der Produzentengalerie 2018. Auch sie hat den offenen Brief unterzeichnet.
Eine Ausstellung der Potsdamer Künstlerin Marianne Gielen in der Produzentengalerie 2018. Auch sie hat den offenen Brief unterzeichnet.

© Sebastian Gabsch PNN

Initiiert hat den Brief der Brandenburgische Verband Bildender Künstlerinnen und Künstler. Dessen Geschäftsführerin Petra Schmidt Dreyblatt kritisiert nicht nur die Höhe des Stipendiums, sondern auch, dass die Maßnahme so spät kommt. „Das Instrument bietet keine Hilfe, um den entfallenen Lebensunterhalt zu kompensieren.“ Was sie sie als doppelt problematisch beschreibt: Nicht nur konnte seit März nicht geprobt, nicht gespielt, nicht ausgestellt werden - auch die für viele Bildende Künstler überlebensnotwendige Möglichkeit, in der ästhetischen Bildung den Lebensunterhalt zu verdienen entfällt im Moment.

Die Forderung: Unbürokratische Hilfe

Wie Künstlern effektiver und unbürokratischer geholfen werden könne, zeige sich im Blick auf andere Bundesländer. In Berlin zum Beispiel hätten Künstler innerhalb weniger Tage Summen im vierstelligen Bereich auf dem Konto gehabt. In Mecklenburg Vorpommern gebe es für jeden Künstler 2000 Euro als Überbrückungsstipendium, um die Einnahmeausfälle auszugleichen.

„Wir können nicht verstehen, dass es in Brandenburg kein Bekenntnis zu den Künstlern gibt“, sagt Schmidt Dreyblatt. „Es wird in Brandenburg nicht verstanden, was die Künstler für dieses Land bedeuten.“ Das zeigt sich für sie sowohl in der Haltung des Landes gegenüber der Kunst, als auch in der Höhe der angebotenen Leistung und im späten Zeitpunkt der Maßnahme.

Die Resonanz ist groß - und spartenübergreifend

In dem offenen Brief werden Kultusministerin Schüle und Ministerpräsident Dietmar Woidke nun zu einer Kurskorrektur aufgefordert: „Lassen Sie es nicht zu, dass mit den freiberuflichen Künstlerinnen und Künstlern, die ein wichtiger Lebensnerv des Kulturlandes Brandenburg sind, ein ganzer Berufsstand in die Grundsicherung geschickt wird!“

Dass die Zustimmung groß ist, zeigt die Resonanz: Unterzeichnet haben rund 300 Menschen innerhalb von 12 Stunden, und Schmidt Dreyblatt sagt: „Es werden stündlich mehr.“ Auch viele Potsdamer sind unter den Erstunterzeichnern, etwa der Fotograf Göran Gnaudschun oder die Malerinnen Agnieszka Korejba-Gunterman, Susanne Ramolla und Marianne Gielen. Aber der Aufruf versammelt auch Künstler aus anderen Sparten: HOT-Intendantin Bettina Jahnke, Schauspieler Philipp Mauritz und Komponist Siegfried Matthus, Begründer der Kammeroper in Rheinsberg. Dieser Schulterschluss mit Kulturschaffenden jenseits der Bildenden Kunst ist Schmidt Dreyblatt wichtig: „Die Not der Künstler ist sehr groß. Und das betrifft alle.“

Lena Schneider

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