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Riki von Falken in ihrer Choreografie "Die Architektur der Linie", mit der sie 2022 bei Made in Potsdam gastiert.

© Dieter Hartwig

Choreografin Riki von Falken im Porträt: Starke Präsenz, zurückhaltende Strenge

Die Berliner Choreografin Riki von Falken ist Potsdams Tanzszene seit 1990 verbunden. Bei der 10. Ausgabe des Festivals Made in Potsdam zeigt sie ihr Stück "Die Architektur einer Linie".

Potsdam - 1963 kam sie das erste Mal mit Tanz in Berührung. Als ihre Mutter sie nach dem Tod des Vaters als Neunjährige zum Ballettunterricht schickte. Dieser habe sie gerettet, sagt Riki von Falken im PNN-Gespräch, die seitdem diese Lebenslinie gleichermaßen konsequent wie sensibel verfolgt und seit mehr als vier Jahrzehnten als Tänzerin und Choreografin auf der Bühne steht. 

In dieser Woche ist sie mit ihrem Stück „Die Architektur einer Linie“ bei dem Festival „Made in Potsdam“ in der fabrik zu Gast, mit der sie seit 1990 eng verbunden ist. Denn die fabrik-Gründer Wolfgang Hoffmann und Sven Till kamen kurz nach der Maueröffnung direkt in die Tanzfabrik in Westberlin und nahmen bei von Falken selbst Unterricht und engagierten sie für die ersten fabrik-Kurse.

Eine Schülerin des legendären Merce Cunningham

Riki von Falken, war 1981 von Marburg nach Westberlin übergesiedelt und tanzte in der quirligen Tanzfabrik bis 1988, tourte mit ihr weltweit. Mitte der 1980er Jahre hatte sie immer wieder Kurse bei Merce Cunningham, einem der Wegbereiter des modernen Tanzes, in New York absolviert und gab ihr Wissen bereitwillig an Gleichgesinnte weiter. Und diesen beiden energiegeladenen jungen Männern mit ihren hochfliegenden Plänen ließ sie gern jede Unterstützung zuteilwerden.

Und weil sie die Entwicklung der Potsdamer Tanztage immer verfolgte, blieb ihre Verbindung jahrzehntelang bestehen, obwohl sie nur selten selbst in der fabrik tanzte, wie 2010 mit „The Geometry of Separation“. Geometrie, Architektur, Linie - damit sind schon einige Wesensmerkmale ihrer Choreografien und ihres abstrakten Tanzstils benannt. In dem intensiven Filmporträt „Solo“, das man auf ihrer Webseite ansehen kann und das von Studentinnen der Medienwissenschaft der Universität Potsdam gedreht wurde, sagt sie, „dass die geometrische Struktur das (äußere) Chaos in Schach hält“, dass es ihre Intention ist, diesem eine (eigene) Ordnung entgegenzusetzen.

Starke Präsenz, zurückhaltende Strenge

Diese Struktur fällt sofort ins Auge, wenn man sie tanzen sieht. Hoch aufgerichtet, mit gestrafftem Rumpf zirkelt sie ihre sparsamen Bewegungen in den Raum, es gibt nichts Überflüssiges, nichts Verspieltes darin. Stattdessen starke Präsenz und zurückhaltende Strenge. Und immer wieder auch Pausen, in denen etwas entstehen darf, ganz so wie es jetzt in „Architektur einer Linie“ zu erleben ist.

Dieses Projekt, das im Herbst 2019 in den Berliner Uferstudios Premiere feierte, ist eine Arbeit mit fünf Beteiligten aus Potsdam. Für die Musik zeichnet Ralf Grüneberg aus der fabrik verantwortlich, mit dem Riki von Falken bereits seit den 90er Jahren zusammenarbeitet, die Dramaturgie stammt von Katja Kettner; Oscar Loeser und Clemens Kowalski steuerten Videokunst und Bühnenbild bei und Heather MacCrimmon die Kostüme.

Ein kollektiver Arbeitsprozess

Nach ihrer über zehnjährigen Solokarriere hatte Riki von Falken das starke Bedürfnis, wieder in kollektive Arbeitsprozesse einzutauchen. „Die Architektur einer Linie“ atmet vom ersten Moment an eine prozesshafte Werkstattatmosphäre, man kann direkt erleben, wie alles entsteht. Alle Beteiligten sind auf der Bühne, verändern bei Bedarf und vor den Augen des Publikums ihre Position, geben eigene Impulse, die gegenseitig aufgegriffen werden.

Und dazwischen bewegt sich die charismatische Tänzerin und verfolgt ihre ganz eigene Linie. Mit langem Atem und auch immer wieder mit und in Krisen wie der derzeitigen. Denn ihr Stück hatte kurz vor Pandemiebeginn Premiere und weitere Aufführungen wurden zwei Jahre mehrmals verschoben. 

Eine Lebenslinie tanzen

Für Riki von Falken, die den Zenit ihres Tänzerinnenlebens überschritten hat, ist dies unwiederbringliche Zeit. Und doch war sie jeden Tag in ihrem Studio und hat, wie sie sagt, viel geschrieben. Denn nur für sich selbst tanzen, will sie nicht. Sie sucht die Reibung, sowohl mit den am Prozess Beteiligten als auch mit den Zuschauer:innen. 

Und „Architektur einer Linie“ ist auch lesbar wie ihre eigene Lebenslinie: mit Strenge und mit Leichtigkeit, mit Eleganz und Chaos und dem Versuch, auch erdrückenden Umständen - hier: in Gestalt von vielen horizontalen Linien - noch etwas abzuringen und dabei ganz bei sich zu bleiben. 

„Die Architektur einer Linie“ ist am 9. und 10. Februar, jeweils um 19.30 Uhr bei „Made in Potsdam“ zu sehen.

Astrid Priebs-Tröger

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