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Chinesische Filme auf den Potsdamer Sehsüchten: Die Frau als stets Benachteiligte

Gewalt, Landesgeschichte und Liebe: Studenten der Communication University of China präsentierten auf den Potsdamer Sehsüchten ihre Werke. Drei bleiben besonders im Gedächtnis.

Von Sarah Kugler


Potsdam - Die zornigen Augen ihres Vaters haben sich bei Ren Jingjing eingebrannt. Sein bedrohlicher Anblick durch ein kleines Badfenster wurde deshalb die Schlüsselszene in ihrem Animationsfilm „Black Room“, den die Studentin der Communication University of China am Donnerstagabend auf den Sehsüchten der Filmuniversität Potsdam vorgestellt hat. Insgesamt fünf Filme der Chinesischen Uni waren in der Sektion Showcase zu sehen, mit vier Minuten war Ren Jingjings der kürzeste – und der persönlichste. Die Geschichte über das Mädchen, das täglich zusehen muss, wie der Vater die Mutter verprügelt, und deswegen stets ängstlich ist, beruht auf ihrer eigenen Kindheit. 
„Es sind sehr schlimme Erinnerungen“, sagte sie. „Mit dem Film musste ich Druck ablassen.“ Ihrer Mutter hat sie den Film noch nicht gezeigt, vielleicht hole sie dies bald nach, überlegte sie am Donnerstag laut. Ihr Film ist feinste Handarbeit, jedes Bild hat sie mit Tinte gezeichnet. „Es war harte Arbeit, aber es war mir einfach ein persönliches Bedürfnis.“

Die erste freiwillige Ehe im Dorf

Persönlich ist auch die Dokumentation „My Grandparents“ von Zhou Tianyi. Der Regisseur, der am Donnerstagabend leider nicht anwesend war, porträtiert darin seine Großeltern, die bereits seit über 60 Jahren verheiratet sind. Noch von einem Heiratsvermittler zusammengeführt, waren sie dennoch die ersten im Dorf, die freiwillig die Ehe eingegangen sind. Dabei könnten sie unterschiedlicher kaum sein: Er ein studierter Mediziner, der Gedichte schreibt, sie eine Farmerin ohne Ausbildung. Einig sind sie sich nur darüber, dass Donald Trump ein Idiot ist, ansonsten streiten sie eigentlich ständig vor sich hin. Berührend an Zhou Tianyis Film ist, dass er die trotzdem bestehende tiefe Verbindung der beiden zeigt. Ihre Vertrautheit und gegenseitige Fürsorglichkeit. Liebe sei das nicht, kommentiert das Voiceover des Regisseurs im Film. Aber irgendwie bleibt der schöne Gedanke, dass die beiden eben doch eine besondere Art der Liebe beieinander hält, bestehen. 


Darüber hinaus erzählt der Film an Hand zweier persönlicher Schicksale ein Stück chinesische Geschichte. Während der Kulturrevolution zwischen 1966 und 1976 ging es dem Paar nicht gut. Tianyis Großvater wurde verfolgt, die Familie hatte oft nicht genug Essen für die Kinder. Aufgegeben haben sie trotzdem nicht. Sie ermöglichten den Kindern solide Ausbildungen, bauten aus eigener Kraft das Haus auf und Gemüsefelder an. All das lässt der Regisseur seine Großeltern im Wechsel erzählen, was zu drolligen Szenen führt. Etwa wenn sich die Großmutter darüber beschwert, dass ihr Mann sehr gerne belehrt, und dieser ihr im nächsten Moment erklärt, wie sie die Ofentür zu schließen hat. 
Nicht selten stimmt der Film aber auch nachdenklich. Wenn er etwa erzählt, dass der Großvater der Großmutter ihr Haushaltsgeld zuteilt oder dass sie ihn nur geheiratet hat, um ihren guten Ruf zu wahren. Die Stellung der ungebildeten Frau als die stets Benachteiligte – immer noch ein hochaktuelles Thema.

Eine bittersüße Romanze

Aber auch in der modernen Gesellschaft kann sie untergehen, wie der Film „Labyrinth“ von Dong Wu und Yi Wu zeigt. Eine junge Frau arbeitet als Grenzposten, ihr Job ist einsam und monoton. Die Zeit vertreibt sie sich mit dem Zeichnen von komplizierten Labyrinthen. Ihre Skizzen steckt sie einem immer wiederkehrenden Mann zu, der sie löst.

Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Romanze, die jedoch im streng durchkomponierten Alltag keine Chance hat. Ein bittersüßer, tieftrauriger Film mit Bildern, die bleiben. 

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