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Charly Hübner im Thalia-Kino Babelsberg: Schroffe Schönheit

Der Schauspieler Charly Hübner stellte im Thalia-Kino seinen Film „Wildes Herz“ vor - eine Dokumentation über Jan „Monchi“ Gorkow, den Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet.

Potsdam - Man könnte den Film „Wildes Herz“, der am Mittwoch im Thalia-Kino vorgstellt wurde, als eine Liebeserklärung interpretieren. Vielleicht gar nicht mal als Liebeserklärung an den schwergewichtigen Sänger einer Punkband, der das Herz am rechten – nämlich dem linken – Fleck trägt. Der Sänger Jan „Monchi“ Gorkow mag nur symbolischer Vertreter eines wehrhaften Zeitgeistes sein. Der eigentliche Adressat dieser Liebeserklärung findet sich im Film hinter dem Rücken des Sängers: das karge Mecklenburg-Vorpommern, dessen schroffe Schönheit immer wieder von der Wahrnehmung als Sammelbecken der Abgehängten oder gleich als national befreite Zone verfärbt wird.

Zu Recht? Vielleicht. Für Leute wie „Monchi“ jedoch kein Grund, das Handtuch zu werfen. Charly Hübner, der sich bisher als Film- und Theaterschauspieler einen Namen machte, hat „Monchi“ seinen erste Regiearbeit in Spielfilmlänge gewidmet: Monchi ist der Protagonist von „Wildes Herz“. Auch der Schauspieler, gebürtiger Neustrelitzer, stammt aus diesem platten Land im Norden, dem der Film eine Liebeserklärung macht. Mag sein, dass Monchis Jugendzeit sich nicht so sehr von der Hübners unterschied: ein Leben zwischen Jugendclub und Hansa-Rostock-Spielen, mit beiden Beinen im sandigen Boden, aber immer die Nase im Wind, um den Geruch der Freiheit zu erschnuppern.

Schon immer auf Krawall gebürstet

Hübner ist mit seinem Co-Autor- und Regisseur Sebastian Schultz das beachtenswerte Porträt eines Charakters gelungen, der schon von klein auf immer auf Krawall gebürstet war – und skizziert mit wackligen elterlichen Videoaufnahmen einen Dorfjungen zwischen Hyperaktivität und Leidenschaft zum Fußball: Schon früh geht er mit dem Vater zu Spielen des FC Hansa Rostock, als Teenager ist er Ultra durch und durch, „bis ich mit 14 von meinen Eltern aus Dortmund aus dem Gewahrsam geholt wurde“. Wurde Monchi von der Leine gelassen, gab es eben Scherben oder es wurde schnell mal „eine Bullenkarre abgefackelt“. Eine filmreife Karriere? Vielleicht eher als Intensiv-Straftäter. Doch tief in ihm schlummert der Gerechtigkeitssinn. Der prallt dann auf die Liebe zur Musik – auch wenn niemand für möglich gehalten hätte, dass aus ihm ein Musiker würde.

Und dennoch ist sein Eintritt als Sänger der Band Feine Sahne Fischfilet die Kanalisation seines emotionalen Tumults: Hier hat er was zu sagen, hier kann er seine Präsenz nutzen, sich bemerkbar machen – und die Welt zum Guten ändern. Ein Traum sei für ihn nicht in Erfüllung gegangen; er habe ja nicht mal gewagt, davon zu träumen, einmal mit politischem Punkrock so erfolgreich zu sein. Argwöhnisch beäugt natürlich, in einem um sittlich-deutsche Ruhe bemühten Meck-Pomm: Zum einen von den Nazis, die sich nicht nur damals in Rostock-Lichtenhagen, sondern auch heute in Orten wie Anklam und Demmin als Rückeroberer der geografisch-arischen Vielfaltswüste sehen wollen. Und zum anderen vom Verfassungsschutz, denen die zugespitzte Gesellschaftskritik der Band ein Dorn im Auge war – und gerade dadurch für Popularitätsschub sorgte.

Keine Rosen für Nazis

Nun ist es keine Kutschpartie, ins Visier nationalistischer Horden zu geraten, die einem eben mal das Auto anzünden. So macht auch Monchi am Mittwochabend im Thalia keinen Hehl daraus, dass er mit dem Auftritt seiner Eltern im Film alles andere als glücklich ist – und fordert Hübner explizit auf, seine Popularität zu deren Schutz einzusetzen. Aufgeben kommt für ihn jedoch nicht infrage: „Wir sind nicht die, die den Nazis Rosen auf den Weg streuen.“

„Wildes Herz“ tägl. um 16.30 Uhr und 21 Uhr im Thalia, Rudolf-Breitscheid-Str. 50.

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Mehr Bilder vom Filmgespräch im Thalia gibt es in der Fotostrecke "Charly Hübner zu Gast im Thalia-Kino Babelsberg"

Oliver Dietrich

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