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CD von Footprint Project: Liebhaben und Fallenlassen

Catchy: Das neue Album von Footprint Project.

Potsdam - Sie sind jung, frisch – und klingen so abgebrüht professionell und hitverdächtig, als wären sie die ganz alten Hasen des Groove. Ausgerechnet Jazz!, möchte man rufen, als gäbe es nichts Angestaubteres zu spielen. Aber die Potsdamer Band Footprint Project ist meilenweit entfernt von staubiger Erhabenheit. Fast möchte man den Ohren nicht trauen, wenn man das zweite Album mit dem knackigen Titel „Ask for Directions“ zum ersten Mal hört: Unglaublich, wie viel kühle Gelassenheit man in derart durchkomponierte Musik legen kann, wie viel leichtfüßiges Pathos, und: wie man einen catchy Song an den anderen reihen kann. Ein Album zum Liebhaben, und zum Fallenlassen. Am Freitag kommt das Album in den Handel, am Freitag, dem 25. Mai, spielt Footprint Project dann auch live zur Langen Nacht der Theater im T-Werk in der Schiffbauergasse.

„Wir hatten uns überlegt, was wir nach dem ersten Album anders machen könnten“, sagt Beatboxer Nils Brzoska. Die tanzbare Leichtigkeit habe man sich behalten, dennoch sei das Ergebnis ruhiger geworden – und inhaltlich kritischer. Diese neu entdeckte Tiefe hat sich gelohnt, das zweite Album ist merklich profunder geworden, ohne den Stil komplett herumzureißen. Brzoska sagt: „Wir sind immer noch eine Tanz- und Festivalband.“

Nach der Richtung zu fragen, das ist bei „Ask for Directions“ auch Kernthema, musikalisch genauso wie inhaltlich: Die Musik transportiert eine gelassene Zerrissenheit, die man diesen Twens gar nicht unbedingt zugetraut hätte. Wohin die Reise geht, wird offengelassen – und so kann man sie immer wieder neu erleben, während man hier und da interpretative Anker setzen kann. Diese Tiefe irgendwo zwischen Motown, Funk und Trip-Hop zieht einen unweigerlich hinein in einen Strudel, bis um einen herum alles verblasst.

Das geht schon im ersten Song „Nana“ los, der Freunden der Band aus dem Repertoire bekannt ist, ein cool-entspanntes Stück, das ganz von Sängerin Rokhaya Niang getragen wird. Im Folgestück mit dem alliterativen Titel „Groovegurke“, das wieder ganz dem popmusikalischen Narrativ folgt, wird der Gesang weggelassen, klammert man mal die Beatbox aus: Den Erzählpart übernimmt die Gitarre (Lenny Hanselmann und Max Feig), ein Eins-a-Soundtrack für die Bad-Cop-Good-Cop-Movies der 1970er-Jahre. Oder das funky Stück „Clap If You Wanna“, das locker James Brown tanzend aus dem Grabe klettern ließe – mit einem unglaublich groovend gespielten Bass von Elias Lindermann. Der Titelsong dagegen ein souliges Stück voller atmosphärischer Trip-Hop-Elemente und einem Gesang, der an Seele kaum zu überbieten ist. Höher im Tempo ist „Allodem“, das kühl-abwesend daherkommt – und ein geradezu klassisch-schönes Saxofon-Solo (Anton Kowalski) enthält. Wobei das Saxofon grundsätzlich eine beeindruckende Symbiose mit der Posaune von Jonathan Steffen eingeht.

In „Numb Thumbs“ gibt es wieder eine Symbiose, diesmal von der immer wieder überragenden Sängerin Niang und der reduziert-pointierten Orgel (Moses Vester): Ein Downtempo-Stück, das fast elektronisch sein könnte – es aber nicht ist. Schlussstück „Presha“ ist noch mal ein gewaltiger Hinhörer: In Französisch, der musikalischsten Sprache schlechthin, gesungen, gelingt ein weiterer Verweis auf ein Feld, das vormals von elektronischer Musik dominiert wurde, und sich live noch viel schöner anhören dürfte. 

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Footprint Project:Ask For Directions. Lalonova Records, CD 14 Euro, Vinyl 24 Euro. Ab heute im Handel erhältlich.

Oliver Dietrich

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