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Kultur: Brüste zum Frühstück

Ein Skandälchen? Die Ausstellung „Foxy Lady“ im Pavillon auf der Freundschaftsinsel

Kein richtiger Skandal, aber für manche doch ein Skandälchen ist die gegenwärtige Ausstellung im Pavillon auf der Freundschaftsinsel. Der Künstler Frank Nitsche hat für die vom Brandenburgischen Kunstverein Potsdam e.V. (BKV) veranstaltete Ausstellung „Foxy Lady“ die Künstlerinnen ausgesucht. Und zwar tatsächlich nur Künstlerinnen, keinen Mann. Ist das jetzt ein Skandal?

„Nein, das ist nur eine Präsentation, Kurator möchte Nitsche nicht sein. Die Werke sprechen für sich selber“, lässt Gerrit Gohlke vom BKV verlauten. „Ich wollte mal etwas ganz anderes machen“, sagt Nitsche, der meist Bilder malt und als einziger Mann zwei Leinwände zwischen die Exponate der Frauen gehängt hat. Niemandem würde es auffallen, wenn in einer Ausstellung nur Bilder von männlichen Künstlern hingen, meint Gohlke. Aber umgekehrt würde eine solche Ausstellung gleich als provokativ wahrgenommen.

Den ausgestellten Werken ist das genderzentrierte Konzept nicht anzusehen. Eine speziell „weibliche Komponente“ ist in den Bildern und Skulpturen nicht auszumachen. Sicher weckt die sonderbare, schwarze Keramik von Christiane Stegat allerlei Assoziationen: ein großer, quer liegender schwarzer Schlitz, umgeben von schwarzen fransigen, aus Keramik geformten Fusseln. Das merkwürdig anmutende Objekt könnte auch aus der Hochzeit des Surrealismus stammen.

Recht erfreulich sind die Fotokombinationen, die Christiane Seiffert zeigt. Jeweils ein Objekt und eine Figur in ähnlicher Pose, aber offensichtlich dem alltäglichen Geschehen, aus dem sie stammen, völlig entrückt. Von Friederike Feldmann hängen hier zwei Schriftbilder und eine Leinwand mit reduziertem Muster. Mit der Reduktion, mit der fiktiven, nicht entzifferbaren Schrift, fragt die Künstlerin nach dem Sinn der Zeichen, reduziert diese zum fiktionalen Ornament.

„Meet the Flintstones“ hat Nicole Eisenmann ihre Ölmalerei genannt. Ein mit heftigem Strich gemaltes, weitgehend entblößtes Paar gibt sich sexuellen Handlungen hin. Offensichtlich Neandertaler, dem Titel entsprechend. „Breakfast“, Frühstück, betitelt Eisenmann ein sehr reduziert gemaltes Aquarell. Ihre zwei entblößten Brüste bietet eine Frau zwei Kindern zum, tja, Frühstück. Das ist dann wohl doch ein eher weiblicher Blick auf den Frauenkörper.

Nitsches Bilder hingegen entsprechen dem gewohnten uvre des Künstlers: ordentlich bis akribisch konstruierte abstrakte Flächen, die sich überlagern, durchdringen und so mit Räumlichkeit und Flächigkeit spielen. Auch in Dresden, in der Galerie Lehmann war die Ausstellung mit gleichem Konzept, aber etwas weniger Bildern bereits zu sehen. Die Galerie erhielt wütende Mails und Briefe von Absenderinnen, die sich über die Anmaßung Nitsches echauffierten, mit der dieser – als Mann – über die Künstlerinnen verfüge, indem er ihre Werke aussuche und zusammenstelle. Und dann auch noch der Titel: Foxy Lady. Da sei ja wohl in hohem Grade frauenfeindlich, auch wenn der Titel sich auf die Ausstellenden und nicht auf die Bilder beziehe. „Foxy Lady“ lässt sich ungefähr übersetzen mit „scharfe, sexy Frau“.

Mit „Foxy Lady“ bezieht sich Nitsche auf einen Liedtitel von Jimmi Hendrix. Schon bei Hendrix habe in dem Titel eine sexuelle Konnotation mitgeschwungen, so Gohlke. Hendrix habe sich auf eine recht versierte Porno-Darstellerin bezogen. Mittlerweile ist die Pornoindustrie freilich in ganz anderen Sphären angekommen als zu Hendrix’ Zeiten. Im puritanischen Amerika blüht heute eine ganze Filmindustrie auf Basis von chirurgisch gebauten „Silicon Valleys“, die es in Sachen Umsatz locker mit dem gleichnamigen Informatikstandort aufnehmen kann. Und auch Deutschland steht da nicht zurück, gab es doch Teresa Orlowski. Die mittlerweile 64-jährige ehemalige Pornodarstellerin brachte es als „Foxy Lady“ ebenfalls zu erheblicher Bekanntheit und recht passablem Einkommen. Hierauf bezieht sich allerdings keine der ausstellenden Künstlerinnen.

Obwohl es für die Hängung der Bilder und die Ausstellung ausdrücklich kein Konzept gab, gelingt der Schau insgesamt ein überzeugender Rhythmus aus divergierenden Formaten und Inhalten. Skandalös, revolutionär oder auch nur aus dem Rahmen fallend ist das Ganze sicherlich nicht: Der Frauenkörper taucht selten auf und wird auch nicht zum hundertsten Mal neu definiert, glücklicherweise. Wüsste der Betrachter nicht um das kuratorische Konzept der „ironischen Provokation“, wäre dies einfach eine ganz interessante Schau aktueller künstlerischer Positionen. Zufälligerweise nahezu ausschließlich von Künstlerinnen.

„Foxy Lady“ im Pavillon auf der Freundschaftsinsel, geöffnet von Mittwoch bis Sonntag, jeweils 14 bis 18 Uhr. Bis 30. April

Richard Rabensaat

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