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Brandenburger Klostersommer: Besuch beim Theaterscheusal

Stippvisite in Brandenburg: Der Fontane Klub geht beim Klostersommer „Mit Fontane ins Theater“ und präsentiert die Kritikerjahre des Dichters in einer kurzweiligen Zitatensammlung.

Von Sarah Kugler

Brandenburg/Havel - Er ist bekannt für seinen flüsternden Birnbaum, das weite Feld um Effi und natürlich den alten Stechlin. Theodor Fontanes Theaterkritiken jedoch sind den meisten vollkommen unbekannt – obwohl sie ihn 20 Jahre lang ernährten. Von 1870 bis 1889 rezensierte er die Aufführungen des Königlichen Schauspielhauses am Gendarmenmarkt für die „Vossische Zeitung“.

Um die 700 Rezensionen schrieb Fontane, lobte, verriss und lieferte sich manchen Schlagabtausch mit Schauspielern oder Publikum. Eine Zeit, die den Fontane Klub dazu inspirierte, sein Stück „Mit Fontane ins Theater – Kritiken und Skandale“ zu kreieren. Am Freitagabend feierte es im Rahmen des Brandenburger Klostersommers in der St. Johanneskirche in Brandenburg an der Havel Premiere. Herausgekommen ist eine amüsante, kurzweilige Zitatensammlung, die durch szenisches Spiel und thematisch passende Chansoneinlagen verbunden werden und damit eine unaufdringliche Einleitung zum 2019 anstehenden Fontanejahr bildet.

"Seitdem war ich, wie so viele andere, eine Canaille"

Auf der Bühne gespielt von Hank Teufer, gibt Fontane zunächst eine Einleitung in sein Kritikerdasein: Der Stammplatz Nummer 23 im Parkett darf dabei genauso wenig fehlen, wie das viel zitierte „Theaterscheusal“, als das Fontane wegen seiner harschen Kritiken bezeichnet wurde.

Besonders mit Schauspieler Theodor Döring hatte er es sich „von Anfang an“ verscherzt. Als Fontane Dörings Malvolio in Shakespeares „Was ihr wollt“ kritisiert, „war es vorbei. Seitdem war ich, wie so viele andere, eine Canaille, und sein Blick, wenn ich ihm begegnete, hätte mich vernichten mögen.“

Dieser Malvolio tritt in einer kurzen Shakespeareszene herrlich überzogen auf. Fontane beobachtet spöttisch vom Rand. Dieses Theater im Theater macht großen Spaß – schon allein deshalb, weil die Darsteller Ute Beckert, Anne Nielsen und Steffan Drotleff wunderbar überzogen spielen. Mit großen Gesten und grotesker Mimik. Hank Teufer als Fontane hingegen bleibt zurückhaltend. Eine hochgezogene Augenbraue, ein spöttisches Lächeln: mehr braucht es nicht. Nur selten fährt er aus der Haut: „Schlecht ist schlecht und muss gesagt werden.“

Gelobte Liebesszenen 

Nach der Shakespeare-Döring-Szene verliert sich das Stück dann etwas in Tratschereien über Sisi, Franz, Kaiser Wilhelm oder Bismarck. Die dazwischen eingestreuten Lieder mit Klavierbegleitung von Dmitri Pavlov halten das Stück weiterhin zusammen, doch viel lieber würde man mehr von den Kritiken erfahren – auch von den positiven. Denn bei aller Strenge ließ Fontane sich auch begeistern, auf der Bühne ist davon leider nichts zu sehen.

Und so wird auch eine der letzten Kritiken Fontanes – zu Gerhard Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ – nur in ihren negativen Passagen wiedergegeben, wenn auch wieder szenisch wunderbar dargestellt. Fontane sah das damals neue Stück im Oktober 1889, zuvor hatte er es bereits gelesen und war von der Lektüre sehr angetan. Auch wenn für ihn die „Wirkung der Aufführung eine von der Lektüre sehr verschiedene war“, lobt er dennoch das Spiel einiger Darsteller – vor allem in den Liebesszenen.

Für Nichtkenner der Fontaneschen Kritiken dürfte die schwungvoll ausgewählte Zitatenreihung trotzdem unterhaltsam sein, vor allem dann, wenn der Kritiker sich zur Liebe äußert: „Denn die Zuneigung ist etwas Rätselvolles, die mit der Gutheißung dessen, was der andere tut, in keinem notwendigen Zusammenhang steht“, heißt es etwa in einem Brief an seine Frau Emilie. Am Ende bleibt ein kurzweiliger Sommertheaterabend, der motiviert, mehr Fontane zu lesen

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Am 20. und 27. Juli um 20 Uhr sowie am 21. und 28. Juli um 16 Uhr in der St. Johanniskirche, Brandenburg an der Havel

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