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Kultur: Bilder basteln

Das Filmmuseum zeigt eine Schau über Szenografie

Was macht die beste Geschichte noch besser? Dass sie gut erzählt wird. Beim Film sind dafür nicht nur die Schauspieler verantwortlich. Wenn das Szenenbild nicht stimmt und die Kameraführung Murks ist, läuft der Zuschauer auch beim besten Drehbuch weg. „Eine gute Produktion entsteht in Teamwork von Regie, Kamera und Szenografie“, sagt Angelika Böhm, Professorin an der Potsdamer Filmuniversität. Seit drei Jahren gibt es dort den Studiengang Szenografie als Hauptstudium. Eine Ausstellung im Filmmuseum zeigt jetzt studentische Arbeiten aus zwei Kursen von Angelika Böhm. „Welt Erfinden. Durch die Brille der Szenografie“ ist bis zum 18. Mai im Foyer zu sehen.

Gezeigt werden Zeichnungen, Malerei und Skizzen, Tafeln, die den Arbeitsprozess dokumentieren, sowie viele Modelle aus dem Kurs „Erfinderwerkstatt“. Der Auftrag: Die Studenten sollten Science-Fiction-Filme, in denen es bereits um das Thema „erfinden“ geht, weiterentwickeln. Sich einen Aspekt aus der Geschichte herausgreifen, weiterspinnen, sich dazu eine neue Figur ausdenken und auch bauen. Zum Fantasyfilm „Charly und die Schokoladenfabrik“ baute ein Student einen Bagger, der das Kandisgebirge unter der Schokoladenfabrik von Willy Wonka abbauen kann. Alles ausgedacht – aber der Bagger sieht toll aus. Er hat ein beeindruckendes Schaufelrad aus filigranen Metallplättchen, Metallgestänge, Schornsteine und hinten ein paar mächtige Flügel, die der Maschine etwas Bedrohliches verleihen. So also könnte er loslegen und das unterirdische Zuckergebirge anknabbern.

Szenografiestudenten, das wird in der Ausstellung schnell klar, müssen ein bisschen verrückt und sehr kreativ sein – Spaß am visuellen Erzählen natürlich vorausgesetzt. Sie müssen zeichnen können, eine Vorstellung von Raum und Zeit entwickeln können und handwerklich begabt sein. Basteln wird quasi ein Studienfach. Die Einzelteile für die Modelle finde man überall, sagt Böhm. „Wer in einem Projekt steckt, der läuft wie mit einer Brille rum. Der scannt alles, was er sieht, nach seiner Brauchbarkeit.“ Das Studienfach ändert sich allerdings gerade. Immer mehr digitale Aspekte kommen dazu, während Handwerkliches wie das Patinieren, also das Malen von Oberflächen, die ein bestimmtes Material vortäuschen, heute in der Regel das Art Department übernimmt. Die Fantasie kommt aber noch immer vom Menschen. In einem anderen Kurs wurde nach bestimmten Szenenbildern gemalt und anschließend digitalisiert. Mit einem Computerprogramm lassen sich die Bilder dann räumlich aufbrechen, sodass man sich selbst in die Szene begeben kann. Oder eine Kamera hindurchfährt.

Der Prozess vom Bild zum Mini-Filmclip wird in der Ausstellung anschaulich gezeigt. Inhaltlich geht es wieder um etwas Fantastisches, eine fiktive Insel sollte gestaltet werden. Die Bilder zeigen ein futuristisches Flugschiff, das ein bisschen wie das Yellow Submarine der Beatles aussieht, einen geheimnisvollen Fisch im grauen Meer, comichafte bunte Häuser am Strand, ein Ufo auf einer Waldlichtung. In den Filmen wird alles lebendig. Und in der Nahaufnahme sieht man, dass hinter dem Auge des Fisches ein Mensch sitzt und winkt. Es ist dasselbe Prinzip, das für Produktionen wie „Herr der Ringe“ genutzt werde, erzählt Angelika Böhm begeistert.

Das Studium klingt an dieser Stelle nach Spielerei. Vielleicht ist es das auch. Aber es gehört auch viel Recherche dazu, damit Einzelheiten authentisch bleiben. Die Bilder der Insel „The forgotten place of fun and research“, die in den 50er-Jahren liegen soll, zeigen eben auch Atombombenexplosionen in der Wüste von Las Vegas – auch das waren die 1950er. Das Szenenbild muss vor allem die gewünschte Stimmung transportieren. Gerne auch Grusel. Für den Film „Die Stadt der verlorenen Kinder“, eine französische skurril-marode Komödie, bauten die Studenten Maschinen mit Augen aus Kleinteilen optischer Geräte. Die einen im Film sehr aufdringlich anschauen könnten. S. Pyanoe

Eröffnung der Ausstellung „Welt Erfinden. Durch die Brille der Szenografie“ mit Kurzfilmen heute um 17 Uhr im Filmmuseum, Breite Straße 1 a

S. Pyanoe

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