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Bildende Kunst: Funkelnder Vulkan

Der Kunstraum zeigt mit „La vie liquide“ die erste Personalausstellung von Cécile Wesolowski. Was sie verspricht:

Potsdam - Es glitzert und funkelt im Kunstraum Potsdam. Zu einem hohen Vulkan türmt sich ein Berg aus zu Blumen gefalteter goldener Folie, aus Papier und Stoffresten. Sakurajima ist der Name des Vulkans, auf den sich Cécile Wesolowski mit ihrer Installation bezieht. Auf der Spitze der etwa fünf Meter hohen Skulptur thront ein Plastikschwan. In Japan befand sich, nach Angaben der Künstlerin, in der Nähe des Berges Sakurajima ein Schwimmbad. Lange Zeit ließ es sich am Fuße des Vulkans munter planschen. Das hatte ein Ende, als der Berg am 5. Februar 2016 rumpelte und Asche und Blitze spie.

Den Plastikschwan hat die Künstlerin im Internet gefunden und gekauft. Sie hat eine Vorliebe für die unbegrenzte Warenwelt des Internets und seinen Absurditäten. So findet sich in der Ausstellung „La vie liquide“ auch ein merkwürdig anmutender rosa schillernder Schwimmanzug, der wohl für Hunde gedacht ist und am hinteren Ende eine weit ausladende Fischflosse aufweist. „Das ist ein Ready Made, ich habe nichts verändert“, erklärt die Künstlerin. Kein Ready Made sind die golden schimmernden Blüten, die sich auf ihren Objekten ausbreiten und aus zerschnittenen Thermo-Rettungsdecken gefertigt sind. Die Künstlerin schafft daraus komplizierte und fragil wirkende Blüten in allen Formen und Größen. „Decke zum Überleben“ heißen die Decken in Frankreich, erklärt Wesolowski, das käme dem Gebrauch des Materials auch näher. Die Ausstellung im Kunstraum sei eine aufwendige Arbeit mit vielen Helfern gewesen, sagt sie, denn nicht alles sei planbar gewesen.

Menetekel für die Beziehung zwischen Mensch und Natur

Der eruptive Vorgang des Vulkanausbruchs erscheint Wesolowski als ein Menetekel für die Beziehung des Menschen zur Natur. Diese ist fragil, sagt sie, alles verändert sich, Daseinszustände verflüssigen sich und finden wieder neu zusammen. Daher auch der Titel der Ausstellung: „La vie liquide“, das flüssige Leben. Die gebürtige Französin, die seit acht Jahren in Deutschland lebt, bezieht sich damit auch auf die Betrachtung der Welt durch die Philosophen Zygmunt Bauman und Jean Baudrillard. Die Welt sei in Auflösung begriffen, schrieb Baurillard. Das gelte heute noch in einem viel umfassenderen Sinne, meint Wesolowski. Denn mit dem Internet, der Digitalisierung – auch der Kunst – habe sich eine neue Dimension aufgetan, die sich zunehmend auf alle Bereiche des Lebens auswirke. Dennoch sagt Wesolowski: „Mir ist es wichtig, dass mit der Kunst etwas entsteht, das ich sehen, hören und fühlen kann.“ Eine vielgestaltige Installation sei viel realer als rein digitale Werke. So schafft sie einen Gesamtraum, in dem alles miteinander zusammen wirkt und klingt.

Projektionen zu sehen

In ihrem Kunststudium hat sich die 1982 im französischen Croix Geborene ebenfalls mit der medialen Darstellung künstlerischer Inhalte beschäftigt. Videofilme von ihr sind im Internet zu finden. Auch in der Ausstellung zeigt sie Projektionen. Was zunächst wie eine abgefilmte Rauchwolke oder eine Steinlandschaft aussieht, verändert sich beim genauen Betrachten. Denn es handelt sich gerade nicht um abgefilmte Realität, sondern um eine aufwendig gebaute Filmkomposition, die mit einem 3-D-Programm erstellt wurde. Weitere Videoarbeiten scheinen in einem abgedunkelten Raum auf dem Boden projiziert auf. Zwei ausladende Luftkissenmöbel laden dort zum Verweilen ein. Aus Lautsprechern, die den gesamten Ausstellungsraum beschallen, erklingt Musik. Die Komposition von Valentin Plessy verbindet die einzelnen Elemente zu einem ruhig klingenden Ganzen. So entsteht eine ein wenig psychedelisch anmutende Atmosphäre, die den Besucher gekonnt in ihrem Bann zieht.

Bereits 2014 zeigte Cécile Wesolowski vor der Schaufensterfront des Kunstraums silbern schimmernde Fische. Sie war schon mit mehreren Installationen hier vertreten. So versammelte sie 2016 Utensilien, die nach Anschlägen und Amokläufen oft auf Straßen und Plätzen abgelegt werden, zu einer Installation im Kunstraum: „Gedenkstätte/Memorial“. Teddys, Gedenklichter, Fahnen und Blumen bildeten ein Ensemble, das sich zu einem vielstimmigen Kommentar verdichtete, etwa auf die Attentate 2015 in Paris. „La vie liquide“ ist die erste Einzelausstellung der international tätigen Künstlerin in Deutschland. Ihr jetziger Wohnort Potsdam interessiere sie als ein Zwischenraum. Einerseits nahe Berlin gelegen, mit Anbindung an den Kunstbetrieb der Hauptstadt. Aber doch auch ein wenig abseits, sodass sich die ländliche Weite Brandenburgs angenehm bemerkbar macht.

„La vie liquide“, bis 15. Juli im Kunstraum Potsdam, Schiffbauergasse 4d

Richrad Rabensaat

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