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Den Galgen immer dabei. Big Eddy und der Hühnerdieb lassen’s krachen.

© O. Dietrich

Big Eddy und der Hühnerdieb im Nowawes: Whisky und ne Schachtel Marlboro

Von wegen "Soko Muh": Das Zentrum des Viehdiebstahls ist mitten in Babelsberg.

Wie konnte das denn passieren? Während der Landesbauernbund und die Brandenburger Polizei verzweifelt versuchen, des grassierenden Viehdiebstahls mit einer „Soko Muh“ in Brandenburg Herr zu werden, konnten die größten Viehdiebe der Gegend unbehelligt ein Konzert in der Babelsberger Stadtteilkneipe Nowawes geben: Am Samstagabend standen dort die Outlaws Big Eddy und der Hühnerdieb auf der Bühne, ein Country-Duo, das sich den Gesetzesbruch unverblümt auf die Fahnen geschrieben hat. Nein, sie seien keine Cowboys, musste Mike Fux alias der Hühnerdieb gleich mal klarstellen: Cowboys passen nämlich auf Kühe auf. Dass es derzeit zu einem Anstieg beim Viehdiebstahl kommt, ist für Mike Fux übrigens keine Überraschung: Es wird Frühling. Die Saison geht wieder los.

Wie Outlaws sahen die beiden auch aus, in knittrigen Klamotten und Cowboyhüten, dazu wurde standesgemäß in der Kneipe rumgepöbelt, dass kein Auge trocken blieb – der Galgen stand gleich mit auf der Bühne, als Teil des Schlagzeugs, dessen Bassdrum aus einem Whiskyfass bestand. „Die Schlinge um den Hals hast du noch nie gespürt“, knarzt der Hühnerdieb gleich zu Beginn ins Mikrofon, und setzt zum Refrain an: „Du bist ein Damensattelreiter.“ Unter Brandenburger Viehdieben übrigens eine ernste Beleidigung.

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Prompt wurde aus der gut besuchten Kneipe ein Saloon: „Ein, zwei Whisky und ne Schachtel Marlboro“ sangen die Outlaws dazu, was so ein wildes Leben eben an Herausforderungen stellt. Und immer haarscharf an der Kneipenschlägerei vorbei: „Neulich in ner Bar in Reno, da hat mich jemand Feigling genannt“ – und der musste folglich beseitigt werden. Aber es gibt auch Perspektiven für Outlaws: „Eisenbahnräuber ist auch ein guter Job, du machst dich nicht so schmutzig und die Arbeitszeit ist top.“

Dass das Ganze nicht auf musikalischen Hochglanz ausgelegt ist, machte den eigentlichen Charme überhaupt erst aus. Immerhin ist dieses Duo am besten in einem Saloon aufgehoben, und den findet man sogar im wilden Babelsberg, da reichen ein Schlagzeug aus einem Whiskyfass und eine Westerngitarre völlig aus. Den Rest besorgt diese sorgfältig ausgereizte Outlaw-Attitüde, und mit ausreichend Whisky kann auch mal der ganze Saloon darüber mitsingen, dass 50 Dollar zu viel für einen Colt sind – oder sich die Anschaffung einer Faultierfarm lohnt. Mit den Viehdiebstählen wird Brandenburg unterdessen jedoch leben müssen. Jedenfalls solange sich die beiden Halunken dort herumtreiben. 

Oliver Dietrich

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