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Kultur: Belebende Schlossnacht

Das zweite Sommerfest des Fördervereins Jagdschloß Stern-Parforceheide

Das zweite Sommerfest des Fördervereins Jagdschloß Stern-Parforceheide Von Astrid Priebs-Tröger Nur fünf Minuten Fußweg von der Straßenbahnhaltestelle Gaußstraße entfernt befindet sich ein Kleinod der Potsdamer Schlösserlandschaft. Leider ist das, 1732 im holländischen Stil errichtete Jagdschloss Friedrich Wilhelm I. nicht zu besichtigen, da es mit Holzschutzmitteln aus einer Sanierung der 80-er Jahre belastet ist. Seit Oktober 2003 bemüht sich ein rühriger Förderverein, dieses Schmuckstück im heutigen Wohngebiet Stern zu erhalten, kulturell zu beleben und regelmäßig der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Am vergangenen Wochenende feierte der Verein seine 2. Schlossnacht und den 317. Geburtstag Friedrich Wilhelm I.. Zahlreiche Mitglieder des Vereins, Freunde und Förderer sowie interessierte Bürger belebten den Garten des ehemaligen Kastellanhauses neben dem Schloss, das bis zur Wende eine beliebte Lokalität am Stern war. Ein ambitioniertes kulturelles Programm, das sich dem Leben und der Zeit des „Soldatenkönigs“ widmete, galt es zu genießen. Eingestimmt wurde mit Musik des 18. Jahrhunderts, dargeboten auf dem Akkordeon, von der jungen Potsdamer Musikschulabsolventin Marike Peters. Die Vereinsvorsitzende, Dr. Christine Färber führte unterhaltsam durch die Schlossgeschichte und konnte als prominente Gäste Stiftungsdirektor Prof. Hartmut Dorgerloh, PNN-Kulturchef Klaus Büstrin und Ex-Minister Steffen Reiche begrüßen. Hartmut Dorgerloh, der die Exklusivität des Jagdschlosses betonte, lobte das Wirken der engagierten Bürger als wichtige Schritte in die richtige Richtung. Denn auch ihm liegt die Wiederbelebung des Ortes, am Herzen. Allein, es fehlt am Geld. Klaus Büstrin, begrüßt als „begeisterter Vorleser mit großer Fangemeinde“, hatte einen Text aus Jochen Kleppers historischem Roman „Der Vater“ ausgewählt, der wegen seines aktuellen Bezugs – es ging um das ewige Thema Sparen – großen Anklang fand. Denn der frisch gekrönte „Soldatenkönig“, jeglicher Prunksucht abhold, rechnete als erste Amtshandlung den Etat durch und beschloss, ab sofort jedes Jahr zwei Millionen Taler einzusparen. Doch er kürzte nicht etwa die Gehälter der untersten Beamten, sondern „nahm alle Schulden auf sich und bewilligte sich selbst ein kleines Gehalt“ (und nur dies eine Schloss!). Die Hofhaltung wurde stark eingeschränkt. Nicht genug, dass die Silbergedecke in die Münze wanderten und alle überflüssigen Schmuckstücke verkauft wurden, kamen saisongerecht „deutsche Hausgerichte“ auf den königlichen Tisch. Weitaus weniger fortschrittlich handelte der Monarch allerdings bei der Erziehung des Kronprinzen, den er schon frühzeitig mit Ohrfeigen auf die eigenen Ansichten einzuschwören versuchte. Die Widersprüchlichkeit des königlichen Wesens versuchte auch Steffen Reiche – später am Abend aus dem Wahlkampf in die besinnliche Schlossnacht eingetaucht – literarisch zu belegen. Neben der bekannten amüsanten Geschichte über das älteste Haus Potsdams, das Predigerwitwenhaus in der Breiten Straße, las auch er ausdrucksstark und pointiert Anekdoten über die Sparsamkeit, die entwaffnende bis unverschämte Direktheit und nicht zuletzt die sprichwörtliche Arbeitswut des Soldatenkönigs. Breiten Raum widmete er dessen Kampf „wider das unvorsichtige und gefährliche Tabakrauchen“, das bei der Landbevölkerung und den Lehrern weitreichende Folgen hatte. Neben der geistigen Kost konnten sich die Gäste an einem, von Vereinsmitgliedern liebevoll hergerichteten Buffet laben, „Potsdamer Stangen“ genießen und sich mit langen Tonpfeifen „königlich-preußischem Tabakgenuss hingeben. Und dabei mit dem „Langen Kerl“ Frank Blankenhaus parlieren. Trotz kühler Sommernacht harrten alle aus und belebten den Ort auf schöne Art und Weise. Und wer am nächsten Tag noch weiter feiern wollte, konnte am Sonntag an einer Schleppjagd mit Jagdhornbläsern, einer Kremserfahrt durch die Parforceheide und einem Sommerfest für die ganze Familie teilnehmen. Zu wünschen bleibt, dass es dem Verein mit Hilfe von weiteren Unterstützern und Sponsoren gelingt, die jetzt anstehende Schadstoffuntersuchung des Schlosses, die allein 6000 Euro kostet, voranzutreiben.

Astrid Priebs-Tröger

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