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Barbara Schöneberger bei einem Auftritt in Leipzig, im Nikolaisaal trug sie gelb.

© H. Schmidt/dpa

Barbara Schöneberger sang im Nikolaisaal: Ein Sahnebonbon gibt Auskunft

Mit dem Babelsberger Filmorchester sang sie neue Lieder von alten Leiden im Potsdamer Nikolaisaal. Nebenbei plauderte Barbara Schöneberger über Familie und Karriere.

Potsdam - Träume gingen am Mittwochabend in Erfüllung: Endlich einmal ihre Lieblings-TV-Moderatorin live sehen und hören – das hatten sich viele Konzertbesucher gewünscht. Und Barbara Schöneberger hatte davon geträumt, einmal mit einem großen Orchester aufzutreten. Nun wurde es das Babelsberger Filmorchester. Vor allem die Streicher hatten es ihr angetan – sie seien ganz wunderbar für schmachtende Balladen. „Es war sooo schön“, sagte Schöneberger im sich anschließenden moderierten Gespräch im Foyer, wo sie nur wenige Minuten nach der Zugabe in ihren Sessel sank und ihre Beine wohlig ausstreckte. Für diese Nahbarkeit und Natürlichkeit lieben sie auch die Potsdamer Konzertgänger. „Ich mag ihren frechen Charme, ihren Humor und dass sie über sich selbst lachen kann“, sagte eine Besucherin. Und: „Ich finde mich in ihren Texten wieder“.

Die 45-jährige Moderatorin, Schauspielerin und Herausgeberin eines Frauenmagazins veröffentliche 2007 ihr erstes Studioalbum „Jetzt singt sie auch noch!“. Mittlerweile gibt es vier an der Zahl, mit eigenen Liedern, in denen es zumeist um Frauenthemen und Beziehungsdinge geht, mit Coverversionen aus Swing, Schlager und Chanson. Stets in einem verblüffenden Mix aus Leichtigkeit, Banalität und Ernsthaftigkeit vorgetragen, mit einer seltsam klaren Stimme, die weiß, dass sie nicht zu viel wollen darf, dann aber genau den Punkt trifft. Und das obwohl Schöneberger sich und ihre Stimme – nach eigener Auskunft – nie auf Konzerte vorbereitet, auch in den Pausen zwischen den Liedern quatscht und quatscht, den Dirigenten fast aus dem Konzept bringt, um dann mühelos in die Singstimme zu wechseln.

„Das Kleid ist Céline Dion goes DHL"

In einen Traum aus gelber Seide gehüllt, wie ein eingewickeltes Sahnebonbon, betritt die Künstlerin am Mittwochabend die Bühne im ausverkauften Nikolaisaal. „Das Kleid ist Céline Dion goes DHL, aber keine Sorge, unten drunter ist alles sicher verpackt, mit Carboncorsage und Kompressionsstrümpfen“, sagt Schöneberger, und so elegant-schnodderig wird der Tonfall des Abends auch bleiben. Niemand anderes als sie könnte plötzlich auf der Bühne sagen: „Ich glaube, ich brauche Hilfe. Ich möchte was trinken, kann mich aber nicht nach der Flasche bücken.“ Aber wozu gibt es nette Kollegen, Band und Dirigent?

Die Lieder des Abends stammen bis auf wenige Ausnahmen von ihrem neuen Album „Eine Frau gibt Auskunft“. Texter waren Peter Plate und Ulf Leo Sommer, aber drin steckt eindeutig eine Frau, Mitte 40, die offenbar genau den Nerv ihrer Zuhörer trifft. Was sie besingt, kennen sie alle, und es geht bei Weitem nicht nur um Figurprobleme. „Happy Patchwork Family“ thematisiert Erfolgsdruck und Verlogenheit einer vermeintlich friedlichen Familienneuordnung. In „Hajo & Luise“ singt Schöneberger hingegen über die in der lähmenden, drögen Eheroutine gefangene Frau, die ihren Träumen nur heimlich nachgeht.

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Sie wäre gerne wie Isabelle Huppert

Großartig und bedrückend zugleich der Song „Das beste Date seit Jahren“. Alles läuft perfekt in Restaurant und Taxi, er erzählt von heldenhaften Motorradtouren, sie sieht sich schon mit ihm zusammen auf Safari und in Paris. „Nur – wann soll ich das mit den Kindern erzähln...“ Das plätschert so liebevoll-ehrlich dahin und ist im Grunde hammertraurig. In einem Wisch verschwinden alle Anfänge gesellschaftlicher Gleichberechtigung und Emanzipation. Darüber lässt sich ohnehin trefflich witzeln, und das Motto „Männer muss man loben“ gilt noch immer: Das Lied von 2007 bleibt eines ihrer besten. Die Männer im Saal nehmen es gelassen – und genießen. Einer sagt: „Wir finden sie toll, aber die meisten würden sich nicht rantrauen an sie.“

Aber nein, die Diva beißt nicht, dazu ist die Luft im neuen Outfit nach der Pause eh zu knapp – „Irre, was man aus einem Skianzug machen kann“, sagt sie mit entwaffnender Lieblichkeit. Ach sie würde ja gerne weniger reden und so französisch zurückhaltend sein wie Isabelle Huppert, singt sie im gleichnamigen Lied. „Aber ich kriegs einfach nicht hin.“

Gott sei Dank, denkt man als Zuschauer. Nach dem Konzert bekennt die Sängerin allerdings: „Privat bin ich die Hölle“. Aber ein Familienmensch sei sie, in Hotels hält es sie nie lange, statt am Frühstücksbuffet sitzt sie stets im ersten Flieger nach Hause. Und was macht sie mit ihren vielen opulenten Bühnen-Kleidern? „Die kommen in den Keller bis zur nächsten Mottoparty“.

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