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Ausstellung in Potsdam: Brandflecke, Revolver und Burkinis

Die Potsdamer ae-Galerie feiert mit der Ausstellung „Sommersprossen“ ihr zehnjähriges Jubiläum. Galeristin Angelika Euchner plant einen weiteren Kunstort in Athen

Potsdam - Angelika Euchner zieht es hinaus. Zu ihrem Galerieort in Potsdam, der nun seit zehn Jahren existiert, soll ein zweiter hinzu kommen: in Athen. „Ich will schauen, ob ich dort als Kunstvermittlerin tätig sein kann“, sagt Euchner. In der heute beginnenden Jubiläumsausstellung in der Potsdamer Charlottenstraße zeigt sie griechische Künstler, die in Berlin sesshaft sind. „Das sind keine Sommersprossen. Es sind Brandflecke“ ist auf eines der Bilder von Nikos Kalaitzis geschrieben. Das Bild habe einen erotischen Unterton, sagt die Galeristin. Die Begegnung zweier Männer, möglicherweise in einem Sonnenstudio, sei auf dem Bild dargestellt. Das jedenfalls hätte der Künstler ihr gesagt. Auf der Leinwand zu erkennen ist das nicht unmittelbar, was aber auch nicht dramatisch ist, denn offensichtlich geht es Kalaitzis nicht um die Bebilderung einer romantischen Szene, sondern um die gelungene, abstrakte Komposition von Flächen und Farben, mit der er seine tagebuchartigen Erinnerungen festhält.

Ebenfalls zu sehen sind Bilder von Christos Bouronikos und Fotos von Melina Papageorgiou. Bouronikos Bilder neigen zur Pop Art: Revolver als Siebdruck auf die Leinwand gebracht, bonbonfarbene Farbflächen, bunte Glitzersteine auf die Leinwand geklebt. Das erinnert ein wenig an Andy Warhol.

Voll verschleiert im Schwimmbad

Auf Melina Papageorgious Fotos sind Frauen im Schwimmbad zu sehen, allerdings voll verschleiert und bekleidet mit einem Burkini. „Das ist ein arabischer Badeanzug, den eine Australierin designt und bekannt gemacht hat“, erklärt Papageorgiou. Das Kleidungsstück bedeckt den Körper auch beim Schwimmen vollständig. Der Vater von Papageorgiou, ein Ingenieur, arbeitete in Libyen und Abu Dhabi in den Vereinigten Emiraten. Die 1981 geborene Fotografin begleitete die Eltern. Immer schon habe sie sich für Wassersport begeistert, so Papageorgiou. Als sie dann im Schwimmbad die sonderbar gekleideten Frauen im Wasser gesehen habe, hätte sie das ziemlich befremdet.

Ein Fotoprojekt sei aus dieser Erinnerung allerdings erst geworden, als sie bei einem Studienprojekt der Fotoschule Ostkreuz ein Fashion Shooting realisieren sollte. Ganz konventionelle Badeanzüge abzulichten, sei ihr nicht sonderlich interessant erschienen. Daher habe sie sich der arabischen Bademoden erinnert. Eigentlich sollte das Fotoprojekt ganz im Zeichen der Wassermoden stehen, dann aber habe sich das Projekt doch ausgeweitet. Nun finden sich in dem entstandenen Fotobuch auch andere Eindrücke aus Abu Dhabi. Viele Fotos sind aus dem Auto heraus aufgenommen. Sie zeigen eine klinisch saubere Stadt in der Wüste, in der künstlich angelegte Schwimmbecken, Wiesen und Palmen für Abwechslung von der weitflächig angelegten Bebauung sorgen. „Es ist eine vollständig konstruierte Stadt“, sagt Papageorgiou. Es sei recht schwierig, dort zu fotografieren. Stets führe sie vorher längere Gespräche mit den zu Porträtierenden. Die meisten der Abgelichteten sind dennoch nur in Seitenansicht oder verborgen im Kopftuch zu sehen. Es gebe ein besonders klares Sonnenlicht in Abu Dhabi, das sich aber von dem Licht der Anrainerstaaten des Mittelmeeres unterscheide, so die Fotografin. Die Stadt verändere sich sehr schnell, viele Bauten der Stadt seien fast „fabrikneu“, gingen nun in Benutzung und erhielten dann die natürlichen Gebrauchsspuren.

„Athen hat eine sehr lebendige Kunstszene"

Nach den ab heute gezeigten drei Positionen wolle sie weitere Werke griechischer Künstler präsentieren, kündigt Euchner an. Ungefähr fünf bis sieben Ausstellungen im Jahr veranstalte sie in der Galerie. Und so wolle sie es auch weiterhin halten. Hinzu kommen solle nun also ein weiterer Standort in Athen. Schon immer hatte sich die Galeristin für den Nahen Osten interessiert, ist dort gereist und hat Ausstellungen mit Künstlern aus dem Mittelmeerraum organisiert. „Athen hat eine sehr lebendige Kunstszene, wohl auch wegen der Krise. Die Stadt kann eine Schnittstelle zwischen Nordwesteuropäischer Kunstszene und der Kunstszene des Nahen Ostens werden“, glaubt Euchner. Darum wolle sie in einem eigenen Haus oder einem Galerieraum in Athen nicht nur Ausstellungen zeigen. „Es soll ein Kommunikationsraum werden.“

Bildende Künstler, aber auch Musiker und Theaterleute aus Nord und Ost wolle sie in einen Dialog bringen und so den Austausch zwischen den verschiedenen Sphären fördern. Die griechische Botschaft in Berlin und Kulturinstitute in Athen unterstützen die Galeristin, die auch im Griechischen bewandert ist. Denn die promovierte Kunstwissenschaftlerin lernte während ihres Studiums Altgriechisch, bevor sie 1990 nach Berlin zog. Die Mutter zweier erwachsener Kinder arbeitete zunächst als Geschäftsführerin des BVBK, war Organisatorin der Landeskunstausstellung Brandenburg und führt nun seit 2008 ihre eigene Galerie. Mit der ist sie bisher drei Mal in Potsdam umgezogen, seit 2010 heißt die Galerie: ae-Galerie. Von Anfang an dabei waren die Potsdamer Künstler Menno Veldhuis und Jan Beumelburg. Auch künftig möchte Angelika Euchner sowohl Potsdamer wie internationale Positionen präsentieren. 

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Die Eröffnung ist am heutigen Freitag um 19 Uhr in der Charlottenstraße 13. Die Ausstellung läuft bis zum 12. Juli

Richard Rabensaat

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