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Jutta Siebert fängt die unterschwellig verborgenen Verletzungen und Unerträglichkeiten ein.

© Jutta Siebert

Ausstellung in der Galerie M: Bilder aus weiter Landschaft

Linien wie Gedächtnisspuren: In der Galerie M zeigen Künstler aus der Uckermark karge Landschaften und verträumte Gesichter.

Potsdam - Die Uckermark: ein Blick, den keine Berge begrenzen, ein weiter Himmel, der sich über einer dünn besiedelten Landschaft spannt. Windräder, Wolken und wogende Wiesen. Es kann sehr still sein in der Uckermark, die zu den am dünnsten besiedelten Gebieten Deutschlands gehört. „Spuren der Stille“, so der Titel der aktuellen Ausstellung mit Werken von einer Künstlerin und drei Künstlern, die in der Uckermark leben. In der Galerie M, der Produzentengalerie des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstlerinnen & Künstler e.V., zeigen sie ihre Arbeiten.

„Der Mensch ist ein großer Fasan in der Welt“, lautet der von Herta Müller übernommene Titel einer Bilderwand der Künstlerin Jutta Siebert. Mit erdigen, schwarzen und beigen Farbtönen hat die Künstlerin ein Panorama von Zeichnungen, Skizzen, Übermalungen und Collagen erstellt. Darin finden sich Landschaftseindrücke aber auch Andeutungen von Figuren und traumhafte Szenen.

Rhythmus und Spuren

Es brauche keine langen Sätze, um das Leben zu beschreiben, erläutert Siebert die Zeichenwand. Mit den kleinformatigen Bildern wolle sie die in den Sätzen von Herta Müller unterschwellig verborgenen Verletzungen und Unerträglichkeiten einfangen. Dementsprechend illustriert Siebert nicht, sondern schafft Rhythmen und Spuren. Die verdichten sich manchmal zum Bild eines Kinderkleides oder der sonderbaren, schwarzen Silhouette eines Vogels vor kargen Sträuchern. Siebert überlässt sich der Zeichenbewegung und dem Eigenklang der verwendeten Zeichenmaterialien, wie dies die Künstler des Informel im Paris der 1940er und 1950er Jahre taten.

Sie vertraut darauf, dass die Notizen aus dem Unterbewussten sich auf dem Blatt visualisieren und Einblicke in eine sonst verborgene Welt gewähren. Dem gegenüber findet sich eine Serie von hochformatigen Bildern, auf denen die Künstlerin mit auf Papier gegossenem Wachs teilweise transparente Bilduntergründe geschaffen hat. Mit Ölfarbe und Tusche zeichnet sie Striche und Linien, die wie Gedächtnisspuren oder wie Hieroglyphen einer untergegangenen Schrift anmuten. Die Zeichen und Zeichnungen wirken zerbrechlich, verschließen sich dem schnellen Erfassen. 2016 hat die in Schweinfurt geborene Künstlerin ihren Lebensmittelpunkt aus Hessen nach Lychen verlagert. Dort unterrichtet Siebert in Workshops Zeichentechniken und bietet am See gelegene Ferienwohnungen an.

An der Grenze zur Abstraktion

Mit den Arbeiten von Siebert korrespondieren die Werke der übrigen drei Künstler. Der 1957 in Salzwedel geborene Klaus Schitthelm zeigt dunkle, menschenleere Landschaften mit undramatischem Himmel. Gelegentlich taucht eine Silhouette auf, die ein Haus sein könnte. „Dystopie“, „Verbrannte Erde“, „Wolkenschatten“, „Heraufziehende Nacht“ lauten die Titel der Bilder. Es scheint, als habe der Künstler in die, als Material angegebene Ölfarbe Sand, Teer und andere Materialien gemischt. Die ausgestellten Bildwelten erhalten eine erdverbundene Anmutung. Verlassen erscheinen die Szenerien. Es sind Bilder an der Grenze zur Abstraktion, die aber durch die klar erkennbare Horizontlinie stets dem Gegenständlichen verhaftet bleiben.

Einen Kontrapunkt zu der zurück genommenen Farbigkeit von Siebert und Schitthelm bilden die Arbeiten von Christian Uhlig. Die Werke des 1944 geborenen Uhlig zeichnet eine vielfältige Farbigkeit und auch eine stilistische Vielfältigkeit aus. Der „Kleine Vorgarten“, mit Acryl gemalt, zeigt mitnichten eine akkurat gestutzte Rasenfläche, sondern eine aus mehreren rechteckigen Elementen montierte Fläche. Eine davon ist grün gefärbt und ermöglicht so immerhin die Assoziation an das titelgebende Rasenstück.

Im Gegensatz zu den teilweise sehr leichtgewichtigen Arbeiten Uhligs sind die Skulpturen von Thoralf Jaekel aus Marmor, Onyx und Bronze gefertigt. „Leichtigkeit des Steins“ lautet der Titel einer der Arbeiten. Tatsächlich nimmt der Bildhauer mit seinen in den Stein gehauenen Kreisen, Gesichtern und handschmeichlerischen Formen diesem die Schwere. Verträumt, in sich gekehrt wirken die Gesichter. Als hätten die dargestellten Jünglinge ihre Ruhe gefunden in der Weite der uckermärkischen Landschaft. 

>>„Spuren der Stille“, bis 11. August in der Galerie M, Charlottenstraße 122, Geöffnet: Mittwoch bis Freitag 11 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag 12 bis 16 Uhr

Richard Rabensaat

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