zum Hauptinhalt
Naturgewaltig. Birgit Krenkel wohnt am Schlänitzsee und untersucht die Formen des Wassers – was aussehen kann wie Mondlandschaften.

© Andreas Klaer

Ausstellung im Potsdamer Kunstverein: Im Fundus des Wassers

Wie die Künstlerin Birgit Krenkel den Schlänitzsee in Bilder gießt. Ihre Ausstellung läuft aktuell bis zum 2. September.

Von Helena Davenport

Wasser kann ganz still sein, es kann fließen, sprudeln oder plätschern. Hierbei lässt es Kreise entstehen, sich immer wiederholende Kreise, Schlangenlinien, wabernde Flächen, auch gerade Linien. Es kräuselt sich und überschlägt sich. Birgit Krenkel beschäftigt sich mit den Bewegungen des Wassers. Mit diesem riesigen Fundus an Formen, wie die Potsdamer Künstlerin selbst sagt: „Man wird ihn nie richtig erfassen können.“ Und trotzdem hält sie die Wogen und Strudel und Linien fest. Ihre zarten Arbeiten auf Papier sind aktuell in der Guten Stube des Potsdamer Kunstvereins zu sehen. „Die Geometrie des Wassers“ ist dort noch bis zum 2. September zu sehen.

Birgit Krenkel wohnt in Marquardt, in unmittelbarer Nähe zum Schlänitzsee. Zusammen mit ihrem Mann fährt sie oft mit dem Boot raus. Und irgendwann fing sie an, die Bewegungen auf der Wasseroberfläche vom Boot aus zu fotografieren. Fasziniert von den feinen Nuancen, den unterschiedlichen Lichtreflexen, suchte sie lange nach einer geeigneten Methode, um die aufgenommenen Bewegungen auch mit Pinsel oder Stift abbilden zu können. Die Künstlerin tropft, spritzt und gießt zunächst Tusche oder Acrylfarbe auf das Papier – etwa Gold, Kupfer, Schwarz, Silber, aber auch Erdtöne wie rötliches Braun. Anschließend walzt sie die Farbe mit einer Schwammrolle aus. Und danach bestreicht sie das ganze Bild mit Schellack, der sich wie ein gelblicher Film über das Papier legt. „Er gibt dem Papier auch Festigkeit“, sagt Krenkel. Auf einigen ihrer Arbeiten rauschen dunkle Streifen, über andere zieht sich ein graziles Netz aus schwarzen Linien. Diese zieht Krenkel nachträglich mit einer Schreibfeder. Das nimmt die meiste Zeit in Anspruch, sagt sie. Langsam, Linie für Linie, tastet sie sich während dieses Schritts an ihr Motiv heran, erzählt die Künstlerin: „Ich mag diese Arbeit besonders gern, sie ist fast meditativ.“

Ihr Fokus liegt auf der Geometrie

Als Malerin möchte Krenkel, 1955 geboren, nicht bezeichnet werden. Sie sieht sich viel eher als Gestalterin. Ihr Fokus liegt auf der Geometrie. Zuvor fertigte sie hauptsächlich Keramikarbeiten an und stellte auch vor allem diese aus, manchmal in Kombination mit Papierarbeiten. Aber mittlerweile arbeitet sie fast nur noch in der Kunstschule Potsdam-Babelsberg mit Keramik – hier gibt sie Kurse, sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. „Ich konnte mich sehr gut trennen“, sagt sie. Keramiken herzustellen, sei eben ein sehr langer Prozess: das Aufbereiten der Rohmasse, die Formgebung, das Brennen oder Trocknen, die Gestaltung der Oberfläche zu guter Letzt.

Im Moment genießt sie es sehr, schneller ein Ergebnis in den Händen zu halten. Ihre Arbeiten in der aktuellen Schau legen ihr Studium offen, gleichen einem Lexikon für die Sprache des Wassers: dicke Tropfen, die ineinander fließen, sich ausgedehnt haben, kleine flirrende Punkte, die zu wolkenartigen Gebilden wachsen, dann in kleinen Gerinnseln auseinandertreiben. Mit Worten lassen sich die Rhythmen, die Krenkel abbildet, nur schwer beschreiben. Die Fotos, die sie vom Wasser macht, bilden nie direkte Vorlagen. Sie dienen lediglich dazu, das Gesehene mit nach Hause zu nehmen, sagt Krenkel. Was ihre Bilder zeigen, beinhaltet auch immer den Moment des Erlebens.

Ein anderer Grund, weswegen Krenkel nicht mehr allzu oft mit Keramik arbeitet, ist der, dass die Künstlerin seit zehn Jahren kein eigenes Atelier mehr hat. Im Schlafzimmer oder am Küchentisch sei es eben doch einfacher, mit Papier und Farben zu arbeiten, sagt Krenkel. Strukturen entstehen zu lassen, Struktur zu fühlen – das sei die Parallele zwischen ihren Papierarbeiten und der Arbeit mit Ton. Zwei Keramiken sind auch in der aktuellen Ausstellung zu sehen.

Zur Zeit ist der Schlänitzsee grün

Einigen ihrer Wasserstudien von 2015 hat die Künstlerin einen runden Rahmen verpasst, Schallplatten dienten ihr als Druckplatten. Die feinen Gebilde in runder Form sehen aus der Entfernung fast wie Planeten aus. Und schon ist unweigerlich der Gedanke an den Mond da, der mit seiner Gravitationskraft die Gezeiten der Meere beeinflusst – auch wenn es hier nur um den Potsdamer Schlänitzsee geht.

Ob sie ihre Formensammlung der Wasserbewegungen irgendwann abschließen werde? „Das mache ich jetzt so lange, bis ich nicht mehr will“, sagt Krenkel. Vor Kurzem hat sich ihr See allerdings ein ganz neues Gesicht zugelegt: Die Oberfläche hat sich aufgrund der hohen Lufttemperaturen grün gefärbt. Grün – diese Farbe gehört nicht zu ihrer Palette, sagt Krenkel. Sie sei trotzdem wieder rausgefahren, habe auch Fotos gemacht, von den Algen und anderen Pflanzen. Aber „die Brühe“ mache gerade keinen Spaß. Mit ihren Tusch- und Acrylfarben werde sie das Wasser in diesem Zustand nicht darstellen. Ein Grund, sich auf den Herbst zu freuen.

„Birgit Krenkel – Die Geometrie des Wassers“, bis 2. September, in der Guten Stube des Potsdamer Kunstvereins, Charlottenstraße 121, Finisage mit Musik und Lesung am 1. September um 19 Uhr

Zur Startseite