zum Hauptinhalt
Die Fotos von Zhan Kechun laden zum Verweilen in Potsdams Kulturlandschaft ein.

© Andreas Klaer

Ausstellung im Kunstraum: Insekten am Ruinenberg

Zhang Kechuns Perspektive auf Potsdam ist die eines Ortsfremden. Seine interessanten Eindrücke sind nun im Kunstraum zu sehen.

Der Chinese Zhang Kechun hat seine Liebe zu Potsdam entdeckt. Anfang Juli reiste der 1980 in Bazhong, China, geborene Fotograf nach Deutschland. Der Kunstraum Potsdam zeigt nun in einer Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Deutsch-Chinesischen Austausch (GEKA) die Fotos, die im vergangenen Monat in Potsdam entstanden sind.

Es seien „frische Eindrücke eines Ortsfremden von der historischen Kulturlandschaft der Stadt“, verlautet es von Seiten des Kunstraums. „Ein Chinese zeigt Italien in Potsdam.“ Der 39-jährige Künstler hat einen ganz eigenen Stil und Blickwinkel entwickelt, mit der er zunächst die Landschaft in China und nun auch die Potsdamer Kulturlandschaft fotografiert hat.

Stille Einheit am Alten Markt

Zahlreiche Bauten in Potsdam sind nach italienischen Einflüssen entstanden. Das Museum Barberini eifert dem römischen Palais Barberini nach, das Friedrich II. 1771/82 nach dem Vorbild des Palazzo Barberini errichten ließ. Das historisierende Gebäude des Museums hat auf Kechun einigen Eindruck gemacht. Sein Foto öffnet einen weiten Blick über den Alten Markt, auf dem sich nur wenige Menschen finden. Die Farben sind zurück genommen, blasse Weiß- und Grautöne dominieren. Es ist eine Gesamtkomposition, die keine Schwerpunkte legt, sondern das Bild als eine Momentaufnahme erscheinen lässt, in der gleichwertige Elemente sich zu einer stillen Einheit zusammen finden.

Teil von Raum und Zeit

Zhang vergrößere das Leben der Menschen nicht, sondern zeige es als Teil von Raum und Zeit, erklärt der chinesische Kurator und Publizist Qu Ning. Personen wirken wie eingebunden in das Interieur, die Landschaft oder die Stadt. „Die Menschen sind zwar klein wie Ameisen, aber dennoch sind sie wichtiger und tragender Teil der Aufnahme“, so Kechum. Interessiert habe ihn auch die „Überlappung“ der historischen Schichten in Potsdam, die gerade beim Museum Barberini sichtbar werde, in dem verschiedene Bauten und Bauabsichten zusammen fänden. Auf ein Bild des Gebäudes hat der Fotograf buchstäblich verschiedene Ausgangsfotos übereinander gelagert, sodass eine unscharfe Aufnahme entsteht und der Bau wie in den Zeitläufen zu verschwinden scheint.

Zhan Kechun stellt im Kunsthaus Potsdam aus.
Zhan Kechun stellt im Kunsthaus Potsdam aus.

© Andreas Klaer

Zeitlose Aufnahmen

Auch die Fotos vom Ruinenberg, aus dem Park Sanssouci oder von der Friedenskirche scheinen zeitlos. Meist zeigt ein weiter Blick ein Panorama. Darin bewegt sich ein in der Ferne ein Paar mit Hund, das wirkt wie zufällig anwesende Insekten. Der Lkw eines Gärtners taucht im Hintergrund einer geometrisch geordneten Parklandschaft auf. Oder ein Mann steht versonnen in einem blätterumrankten Parktor.

Damit lichtet der Chinese ein Potsdam ab, das abseits aller spektakulären musealen Inszenierung zum Verweilen in wohlgeordneter Kulturlandschaften einlädt. Potsdamer Gärten: gebürstet, gestriegelt, und von Wassersprengern versorgt, zum Flanieren bereit. Die Gebäude darin: Monumente einer Sehnsucht nach fernem architektonischem Ebenmaß. Es ist ein kleiner Ausschnitt von Potsdam, das ja aus weit mehr als seinen historischen Bauten und Parks besteht. Aber es ist eben der Teil, in dem sich der italienische Einfluss in der Stadt verdichtet.

Der Fotograf sei wie seine Kunst, erklärt Yu Zhang von der GEKA, die Kechun für eine Residenz nach Berlin eingeladen hat: ein stiller Mensch der sich nicht in den Vordergrund dränge und durch seine Werke und deren Intensität wirken wolle. Gerade derartige Künstler, die sich nicht unmittelbar ins Rampenlicht drängten, wolle ihre Gesellschaft unterstützen.

Seit 2008 auf Fotografie spezialisiert

Ausgebildet zunächst als Designer und Werbegrafiker, konzentriert sich Kechun seit 2008 ganz auf die Fotografie. Hierbei ist er meist mit einer Linhof Viermalfünf-Kamera unterwegs, einer recht aufwendigen Balgenkamera, die für Schnappschüsse denkbar ungeeignet ist, aber aufwendige und genaue Bildkompositionen ermöglicht.

Bereits 2016 habe es eine Zusammenarbeit zwischen dem Kunstraum und der Gesellschaft gegeben. Die sei sehr fruchtbar verlaufen, so Zhang. Diese werde nun mit der nur zwei Wochen dauernden Ausstellung des Chinesen vertieft. 

Im Jahre 2017 war Kechum an einer Ausstellung im Museum für Fotografie in Berlin beteiligt – mit einem Foto, das zum Plakat wurde und auf eine sonderbare Weise symbolträchtig wirkt. Im grau gefärbten Gelben Fluss in China schwimmen Menschen mit orangefarbenen Schwimmwesten und postieren sich um ein ebenfalls dort dümpelndes Porträt des verblichenen chinesischen Führers Mao Zedong. Der Revolutionär müsse sich im Volk bewegen wie ein Fisch im Wasser, hatte Mao einst formuliert. Sein fotografisches Ebenbild allerdings scheint über den Wassern zu schweben.

Er nahm an zahlreichen Ausstellungen teil

Immer wieder bereiste der Fotograf mit dem Fahrrad und seiner aufwendigen Kamera den Gelben Fluss und erstellte eine Fotoserie, in der sich die Menschen vor monumentaler Landschaft, spektakulären Ruinen oder aufragenden Industriebauten verlieren. Dennoch wird der Blick des Betrachters auf sie gezogen und so die wechselseitige Beziehung zwischen Mensch und Landschaft deutlich. Kechun hat seine Arbeiten bereits in zahlreichen internationalen Ausstellungen gezeigt. Von der Zusammenarbeit mit Potsdam sei der Künstler sehr angetan, es werde sicher nicht sein letzter Besuch in Potsdam sein, erklärt Zhang.

Richard Rabensaat

Zur Startseite