zum Hauptinhalt

Kultur: Aus den Wirren der Wendezeit Filmreihe in Sacrow: „Augenblicke im Schloss“

Das Chaos der Zeitenwende um 1989 hat Joachim von Vietinghoff auch in seiner Arbeit als Produzent hautnah erlebt: Im Herbst jenes Jahres war er mitten in den Vorbereitungen für einen groß angelegten europäischen Film über die Sicht von Ost und West auf die Mauer. Insgesamt sieben Regisseure hatte von Vietinghoff für sein „wirklich spektakuläres Projekt“, wie er sagt, gewinnen können, von Rainer Karow bis hin zu Jean-Luc Godard.

Das Chaos der Zeitenwende um 1989 hat Joachim von Vietinghoff auch in seiner Arbeit als Produzent hautnah erlebt: Im Herbst jenes Jahres war er mitten in den Vorbereitungen für einen groß angelegten europäischen Film über die Sicht von Ost und West auf die Mauer. Insgesamt sieben Regisseure hatte von Vietinghoff für sein „wirklich spektakuläres Projekt“, wie er sagt, gewinnen können, von Rainer Karow bis hin zu Jean-Luc Godard. Doch dann fiel die Mauer und das Projekt war gestorben.

Am heutigen Freitag stellt Joachim von Vietinghoff im Schloss Sacrow den Film eines Regisseurs vor, der sich damals von den politischen Umwälzungen nicht abbringen ließ und sie stattdessen aufgriff. Dusan Makavejevs „Gorilla Bathes at Noon“ ist der Auftakt zu der Reihe „Augenblicke im Schloss“, in der von Vietinghoff Filme zeigt, die direkt oder auch indirekt Bezug auf das Beton-Ungetüm zwischen Ost und West nehmen. „Gorilla Bathes at Noon“ sei der einzige Film, sagt von Vietinghoff, der so kurz nach der Wende über die Mauer spielte. 1993 feierte er Premiere auf der Berlinale und wurde damals in der französischen Tageszeitung „Le Monde“ mit Lob bedacht. Dusan Makavejev ist ein serbischer Regisseur, in Paris lebend. Sein Film ist eine groteske Komödie über einen sowjetischen Offizier, der den Zug verpasst, mit dem seine Armeekameraden Berlin verlassen, und so im Majorkostüm zwischen Ost und West irrt und den Kommunismus retten will.

Seit zehn Jahren veranstaltet der in Sacrow lebende Filmproduzent zusammen mit dem Verein Ars Sacrow das Sommerfilmprogramm im Sacrower Schloss. Im vergangenen Jahr widmete er sich der Gartenkunst im Film, diesmal steht, und dies bereits zum zweiten Mal, die Mauer im Fokus. Die Reihe schlägt den Bogen eben von jenem „Gorilla Bathes at Noon“ bis hin zu „Good Bye, Lenin“. Und lebt letztlich auch von den Reminiszenzen, die von Vietinghoff zwischen den einzelnen Abenden herstellt. So hat Wolfgang Becker für seinen Film „Good Bye, Lenin“, mit dem die Reihe Ende September schließt, Material aus Vietinghoffs Produktion von 1993 verwandt – die eindrückliche Szene, in der die Lenin-Statue in Berlin in die Lüfte steigt.

Denn Makavejev verbindet in „Gorilla Bathes at Noon“ Fernsehmaterial aus der unmittelbaren Wendezeit mit fiktionalen Szenen. Sogar Originalaufnahmen aus dem sowjetischen Propagandafilm „Der Fall Berlins“ über die Eroberung des Reichstags aus dem Jahre 1945 werden gegengeschnitten. Ein Mix aus Fiktion und Dokumentation also, aber auch verschiedener Erzählstile: Vom Melodram über Gangsterfilm bis hin zum Genre des Spionage-Thrillers spielt der Cinephile Makavejev mit der Filmgeschichte. Bewusst gibt sich die Low-Budget-Produktion „Gorilla Bathes at Noon“ nicht als Qualitätsfilm aus. Die skurrile Geschichte und der Genremix gewinnen aber, vor allem rückblickend, eine surreale Dimension.

Grit Weirauch

„Gorilla Bathes at Noon“, heute um 19.30 Uhr im Spiegelsaal Schloss Sacrow

Grit Weirauch

Zur Startseite