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Kultur: Augenschmaus

„Däumelinchen“ als Ballett im Hans Otto Theater

Manche Mädchen im Theaterraum sehen genauso aus, wie man sich Däumelinchen vorstellt: anmutig, zart, mit langen offenen Haaren und in pastellfarbenen Sommerkleidern. Vielleicht haben solche elfenhaften Menschenkinder einst die Fantasie Hans Christian Andersens beflügelt, als er das Märchen von dem daumengroßen Mädchen erfand.

Diese Geschichte um Schönheit, Lebenswillen und wahre Liebe ist bei Kindern noch immer beliebt, und so ist es kein Wunder, dass sie in großer Zahl am Samstag zur Premiere des gleichnamigen Balletts ins Hans Otto Theater gekommen sind. Die Aufführung krönt das zu Ende gehende Ausbildungsjahr der Ballettschule Erxleben. Eltern, Großeltern und Freunde der kleinen und größeren Tänzer eilen mit prächtigen Blumengebinden im Arm herbei.

Die Bühne ist zu Beginn nahezu leer. Nur zwei schmucklose aufrecht stehende Röhren sind zu sehen. Aber schon bald ist das Rätsel gelöst: Aus der einen Röhre entfaltet sich in Windeseile eine rosa Tulpenblüte, in deren Mitte eine Puppe verborgen ist. Sie wird zur Spielgefährtin des zarten Mädchens, das in einer riesigen Streichholzschachtel nächtigt. Ellen Lehmann tanzt die Rolle anmutig und energisch. Rasch nimmt die Geschichte ihren wohlbekannten Lauf. Kaum, dass Däumelinchen den hier wunderbar steppenden Fröschen entkommen ist, taucht ein verrückter Maikäfer auf. Ziemlich verspielt und auch ein bisschen selbstgefällig. Und doch tanzt er sich – mit viel Witz vom Breakdancer Hawk verkörpert – sofort in die Herzen der Zuschauer. Däumelinchen hingegen erblickt gerade zum ersten Mal ihren Traumprinzen ...

Wie die Geschichte ausgeht, soll hier nicht verraten werden. Aber es ist eine originelle Idee von Choreografin Marita Erxleben, die beiden männlichen Protagonisten – den Maikäfer und Maik Müller als artistischen Elfenprinz – immer wieder aufeinandertreffen zu lassen. Und selbst wenn man sich der Spruchweisheit „Gleich und gleich gesellt sich gern“ nicht entziehen kann, hat deren Pendant „Gegensätze ziehen sich an“ doch noch einiges mehr an Spannung in sich. Nicht allein wegen dieser Dimension wird das „Kindermärchen“ auch für erwachsene Zuschauer eine schön anzuschauende „Herausforderung“, die nicht so ohne Weiteres entschieden werden kann.

Zum Augenschmaus tragen vor allem die Tanz- und Spiellust von über einhundert Kindern und Jugendlichen bei, die die Hexen, Sterne, Fische, Schmetterlinge, Libellen und Bienen verkörpern, aber auch das besonders wandelbare Bühnenbild mit vielen liebevollen Details von Alexandra Hahn. Die fantasievollen Kostüme von ihr und ihrer Kollegin Mirjem Thieleck sowie die Videoprojektionen von Marc Eisenschink runden das Gesamtbild ab.

Am Ende – Maikäfer Karl gibt bis zum Schluss nicht auf – applaudieren die Zuschauer minutenlang und den Tänzern zwischen fünf und 25 Jahren ist der Stolz und die Freude über die Premiere deutlich anzusehen. Zu deren Gelingen auch wieder viele Eltern und Sponsoren sowie das Hans Otto Theater mit bewunderungswürdigem Engagement beigetragen haben. Astrid Priebs-Tröger

Nächste Vorstellungen vom 7. bis 11. Juli, jeweils um 10 Uhr

Astrid Priebs-Tröger

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