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Schwestern. Gespielt von Gudrun Libnau und Barbara Schaffernicht.

© Avi Berg

Kultur: Auftakt in Schwarz-Weiß

Das neue Potsdamer Theaterensemble LX blieb mit „Baby Jane auf dem Weg zum Berge Golgotha“ in der Vorlage stecken

Die Wände von schwarzen Tüchern verhüllt, der Fußboden weiß: Allein die Bühne im Erdgeschoss des Kunsthauses sans titre erinnert an den Hollywoodklassiker „Was geschah wirklich mit Baby Jane“ aus dem Jahr 1962. Zufällig oder nicht passt die Atmosphäre zu dem Theaterstück „Baby Jane auf dem Weg zum Berge Golgotha. Ein Spiel um Liebe und Tod“ des neu gegründeten Potsdamer Ensembles LX. Sie wählte den Schwarz-Weiß-Film mit Bette Davis und Joan Crawford als Vorlage. Darin geht es um zwei alternde Schwestern. Die eine, „Baby Jane“ Hudson, ist ehemaliger Kinderstar, der als Heranwachsender keine Karriere mehr machen konnte. Die andere, Blanche Hudson, ist eine ehemalige Filmdiva im Rollstuhl. Jane glaubt, Schuld daran zu tragen, war sie doch in den mysteriösen Unfall ihrer Schwester verwickelt, der sie gelähmt zurückließ. Mit zunehmendem Alter terrorisiert Jane ihre Schwester Blanche regelrecht und schreckt dabei auch vor Mord nicht zurück.

Von dieser Handlung des Films weicht das Stück des Ensembles LX wider möglicher Publikumserwartung nicht ab. Was durchaus schade ist. Denn nun ist es so, dass schon in den 1960ern von Kritikern zwar stets die schauspielerische Leistung von Davis und Crawford gelobt wurde, allerdings nicht die Filmhandlung. Diese wurde oft als wenig ansprechend und überzeugend empfunden. Und eben weil mit „Baby Jane auf dem Weg zum Berge Golgotha“ kein Stück vorliegt, das sich traut, das Original zu abstrahieren, lässt sich auch hier diese Kluft feststellen. Gudrun Libnau als Baby Jane beherrscht die Kunst der vielen Gesichter von Fragilität bis hin zu mörderischer Verzweiflung so gut, dass es das Publikum durchaus emotional angeht. Und auch Barbara Schaffernicht als hilflose alte Dame mit dunklem Geheimnis sowie Monika Seebohm in gleich mehreren Rollen als Hausarzt, Hausmädchen und Pianist Edwin Flagg überzeugen in ihren Rollen. Bemerkenswert ist auch, mit wie wenig Requisite die drei Schauspielerinnen Szenen lebendig werden lassen – hier findet sich durchaus die angekündigte „Hommage ans Theater“ wieder. Leider lässt sich mit all dem aber auch nicht ausgleichen, was der Geschichte grundsätzlich fehlt, wozu unter anderem eine nachvollziehbare psychische Entwicklung und Beziehung der beiden Schwestern gehören.

Der Version des Ensembles LX lässt zudem einen Bezug zur Gegenwart vermissen, der schlüssig scheint. Das geht bis hin zu den Kostümen, die der Filmvorlage aus den 1960ern nahe sind. Zwar kann sich der Zuschauer unter Golgotha, dem Berg, auf dem Jesus Christus gekreuzigt wurde, etwas vorstellen – Folter, Verspottung, Vergebung und am Ende auch irgendwie Erlösung kennzeichnen ja die Beziehung der beiden Schwestern. Gerade hier hätte die Chance einer modernen Adaption mit Blick auf Karriere oder die Rolle der Frau im Filmgeschäft beziehungsweise Hollywood bestanden. Leider bleiben aber Motive, die zur Identifikation im Jetzt taugen, aus. „Was treibt einen Menschen an und wer ist schuld an dem, was passiert?“, fragt das Ensemble bereits in der Ankündigung das Publikum. Leider fehlt einfach der Hollywood-Geschichte der Tiefgang, um diese Fragen zu beantworten.

Dennoch: Was das Ensemble LX, das seine Wurzeln im Theaterschiff hat, in Zukunft noch zeigen wird, bleibt spannend. Das liegt am Charisma der Schauspieler, denen ohne Weiteres noch viele Gesichter mehr zuzutrauen sind, die keiner Schwarz-Weiß-Vorlage bedürfen.

Andrea Lütkewitz

Zu sehen am 24. März um 20 Uhr sowie am 25. März um 18 Uhr im Kunsthaus sans titre, Französische Straße 18. Karten für 16, ermäßigt 12 Euro unter Tel.: (0331) 6200331 oder EnsembleLX@gmx.de

Andrea Lütkewitz

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