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Tragische Liebe. Armin Mueller-Stahl hat Shakespeares weibliche Figuren gemalt. So auch Cleopatra, die sich in Trauer das Leben nimmt.

© repro

Armin Mueller-Stahls Bilder in Potsdam: Paul Gauguin mit Heiligenschein

Die Albert Baake Galerie zeigt Werke von Charakterdarsteller Armin Mueller-Stahl.

Von Helena Davenport

Nelson Mandela neben Wolfgang Amadeus Mozart und Albert Einstein. Darunter David Bowie und gegenüber Peter Tschaikowsky und Antonín Dvorák. Das Porträt des Komponisten Leonard Bernstein, der wie Mandela in diesem Jahr seinen einhundertjährigen Geburtstag gefeiert hätte, fällt besonders ins Auge. Seine Silhouette – in der Hand hält er natürlich eine Zigarette – ist in ein tiefes und dennoch grelles Blau getaucht, das Rot vom Hintergrund blitzt an einigen Stellen hindurch.

Es sind die Farben, mit denen der Schauspieler und Maler Armin Mueller-Stahl dem Komponisten hier ein Gesicht gegeben hat. Mueller-Stahl gilt als ausgezeichneter Charakterdarsteller, das zeigen auch seine Bilder. Er porträtiert bekannte Persönlichkeiten – ob aus einer anderen Zeit oder von heute –, aber auch bekannte Figuren. Etwa aus Goethes Faust oder aus anderen Werken, bei deren Inszenierungen er mitunter selbst in Rollen geschlüpft ist. Noch bis Ende Oktober zeigt Albert Baake Originale und Drucke des Künstlers in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Lübeck in seiner Galerie in der Humboldtstraße.

Die erste Ausstellung im Potsdamer Filmmuseum

Das Multitalent Armin Mueller-Stahl holt sich die Themen für seine Bilder aus der Welt der Musik, des Films und des Schauspiels. Der 87-Jährige malt seit über sechs Jahrzehnten. Dennoch fand seine erste Ausstellung erst im Jahr 2000 im Potsdamer Filmmuseum statt. Heute stellt er regelmäßig aus, auch in Rom oder Los Angeles. Zuvor galt seine Aufmerksamkeit und auch die der Öffentlichkeit eher seiner Schauspielkunst.

In Ostpreußen geboren, studiert Mueller-Stahl zunächst Violine und Musikwissenschaft in West-Berlin, bevor er zur Schauspielerei wechselt. Mit seiner Rolle in „Flucht aus der Hölle“ wird er in der DDR bekannt. 1980 wird sein Ausreiseantrag bewilligt und im Westen übernimmt er die Hauptrolle in Rainer Werner Fassbinders „Lola“. Ende der 1980er Jahre gilt er, nach einem weiteren Neubeginn, als erfolgreichster deutscher Schauspieler in den USA. Er spielt mit Vorliebe Schurken, Halbseidende, Einzelgänger und schafft es, menschliche Abgründe sichtbar zu machen.

Die Porträtierten strömen in den Bildraum

Seine Bilder gestaltet Mueller-Stahl wie Räume, die er mit Persönlichkeit füllt. Die von ihm Porträtierten haben weniger feste Formen, als dass sie in den Bildraum strömen, wodurch der Betrachter die Möglichkeit erhält, ihnen zu begegnen. Auch des Bildes wegen, der Komposition zuliebe, löst er die Körper auf, demontiert sie, abstrahiert sie. Vielleicht baut er in seinen Porträts auch die Bühnenfassaden ab, was die Porträtierten zu Bekannten macht.

„Armin Mueller-Stahl kennt sich aus hinter der Bühne“, sagt Galerist Albert Baake. Und das mache ihn als Maler aus. Meist sind die Tätigkeiten gleich mit abgebildet. Jemand hat die Faust erhoben, ein anderer taucht aus dem Dunkeln auf. Hände spielen eine große Rolle in seinen Porträts, insbesondere, wenn es die von Musikern sind. Seinen persönlichen Empfindungen verleiht Mueller-Stahl mit teils expressionistischen Stilmitteln Ausdruck. Dem Maler Paul Gauguin etwa hat er kurzerhand einen Heiligenschein verpasst.

Baake hat den Künstler, der teils in Sierksdorf an der Ostsee, teils an der kalifornischen Küste lebt, vor einiger Zeit kennengelernt. Er arbeite auch aktuell rund um die Uhr, erzählt Baake. Im Herbst 2006 hatte Mueller-Stahl zwar seinen Abschied aus dem Filmgeschäft angekündigt, aber einige größere Rollen folgten dennoch. So spielte er in Heinrich Breloers Buddenbrocks-Verfilmung von 2008 den Konsul Jean Buddenbrook und versah ganz nebenbei das Drehbuch mit über 350 Zeichnungen und Aquarellen. Eine Ausgabe des Drehbuchs ist auch in der Albert Baake Galerie zu finden.

Neun weibliche Shakespeare-Charaktere

Darüber hinaus zeigt die Potsdamer Galerie Drucke von Mueller-Stahls „Shakespeares Mädchen und Frauen“, die in diesem Jahr entstanden: die Isabella aus „Maß für Maß“, Julia von „Romeo und Julia“ oder Lady Macbeth. Nach der Lektüre von Heinrich Heines Essay zu selbigem Thema von 1838 hat Mueller-Stahl neun weibliche Shakespeare-Charaktere dargestellt, die mittlerweile als Siebdrucke vervielfältigt wurden. Äußere Merkmale, die die Frauen bei Shakespeare charakterisieren, spielen kaum eine Rolle. Kleidungsstücke etwa, die der Dramatiker beschreibt, tauchen gar nicht auf. Cleopatra, nackt mit wallendem Haar, sitzt auf ihrem Gemach, hat ihr linkes Bein mit beiden Armen umschlungen. Ihre Körpersprache, unterstrichen von der Farbigkeit des Bildes, verrät, dass sie sich zurückgezogen hat. Beleidigt scheint sie der Person im vorderen Bildteil Anweisungen zu geben. Das Bild vermittelt eine angespannte Atmosphäre. Hierfür hat Mueller-Stahl nur wenige Pinselstriche, nur wenige Farben gebraucht. Und dennoch erzählt er den Teil einer Geschichte.

Armin Mueller-Stahl, Albert Baake Galerie in der Humboldtstr. 3, bis 31. Oktober

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