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Landschaftsmalerei? Anna Werkmeister im KunstHaus Potsdam.

© Bernd Hiepe

Kultur: Anverwandlung der Landschaft Zwei Ausstellungen von Anna Werkmeister

Die Gegenwart, der Mönch, die Einsamkeit: Das sind Titel und Themen der aktuellen Ausstellung von Anna Werkmeister im Kunstverein Kunsthaus Potsdam. Werkmeisters Bilder und Skulpturen sind ganz im Gegenwärtigen verhaftet, auch wenn ihre Themen und Inspirationen häufig aus vergangenen Zeiten stammen.

Die Gegenwart, der Mönch, die Einsamkeit: Das sind Titel und Themen der aktuellen Ausstellung von Anna Werkmeister im Kunstverein Kunsthaus Potsdam. Werkmeisters Bilder und Skulpturen sind ganz im Gegenwärtigen verhaftet, auch wenn ihre Themen und Inspirationen häufig aus vergangenen Zeiten stammen. Der Mönch am Meer von Caspar David Friedrich inspirierte die Künstlerin zu einer Bilderserie, die nun im Kunsthaus zu sehen ist. Auch die Maler Carl Blechen, Carl Gustav Wegener und Ferdinand Hodler waren Ausgangspunkt ihrer Studien.

„Wie kann Landschaftsdarstellung heute aussehen? Die Frage hat mich beschäftigt“, sagt die Künstlerin. Zwar ist die Landschaft nie ganz aus dem Fokus der Malerei und der Kunst verschwunden, aber nur wenige Künstler bemühen sich um eine aktuelle Form. Schon in der Romantik und auch danach war die Landschaft ein Seelenspiegel, eine Projektionsfläche für die aufgewühlte innere Landkarte des Malers. Der reißende Bach zerrt das Gemüt in Untiefen, mit der blutroten Sonne verabschiedet sich die Lebensfreude in Unwägbarkeiten, an Eisschollen zerschellt die Hoffnung. Tatjana Doll hat kürzlich in der Berlinischen Galerie demonstriert, wie dem Eismeerbild von Caspar David Friedrich mit Lack, breitem Pinsel und heftigem Strich beizukommen ist. Dagegen zeigt Anna Werkmeister, wie ihre analytische Sicht bekannte Sujets des romantischen Malers neu betrachtet und interpretiert.

Ihre kleinformatigen Landschaftsstudien malt die Künstlerin auf durchsichtiges Plexiglas. Dann werden die Bilder mit der glatten Oberfläche zum Betrachter gewandt an die Wand montiert. Es bleibt ein Abstand zwischen der bemalten Rückseite und der Wand. Der Betrachter sieht die spiegelnde Oberfläche. Dadurch wird das Gemalte auch sogleich wieder der Anschauung entrückt. Eine weitere Irritation entsteht dadurch, dass Werkmeister ihre Darstellung zergliedert. Das Bild zerfällt in Streifen, weil die Künstlerin während des Malprozesses auf der Plexiglasscheibe waagerechte Klebestreifen angebracht hat, die sie hernach entfernt. So entstehen Landschaften, die an Autobahn- oder Zugfahrten erinnern.

Und tatsächlich findet sich im Obergeschoss der Ausstellung ein Video, das Werkmeister während einer Reise aus dem Zugfenster aufgenommen hat. „Das Bild während der Fahrt, die vorbei ziehenden, verwischenden Landschaften, das hat meinen Blick für auf die Landschaft geformt“, sagt die Künstlerin. Nicht das beschauliche Thema Landschaft, sondern der künstlerische Diskurs prägt die Bilderserien Werkmeisters.

Zwei Objekte finden sich ebenfalls in der Ausstellung, auch sie gefertigt aus Plexiglas. Die Vorliebe für verschiedene Materialien resultiert möglicherweise noch aus der Ausbildung der Künstlerin. Die 1949 in Eichsfeld/Thüringen geborene Werkmeister studierte von 1971 bis 1975 in Erfurt Realistisches Gestalten und Kunstgeschichte. Häufig hat sie mit verschiedenen Materialien und Formen experimentiert. Auf Video und Film, Skulptur und Malerei erstreckt sich ihr Schaffen. Ausschnitte davon sind derzeit auch im Potsdam Museum zu sehen. Während der Kunstverein Kunsthaus einen Einblick in die Malerei Werkmeisters gewährt, legt das Museum den Schwerpunkt auf die Video- und Filmarbeiten. Zu sehen ist dort unter anderem eine Filmreihe, bei der sich die Künstlerin mit einer Büste Friedrich II. auseinandersetzt. Im Angesicht des Preußenherrschers drehen sich die gefilmten heutigen Zeitgenossen um die eigene Achse. Auf der Bildfläche erscheinen allerdings nur die bekleideten Körper, nicht die Gesichter. Die Haltung, der Rhythmus, die Bewegung sind entscheidend und zeigen, wie Gegenwart und Geschichte im heutigen Potsdam in einen Dialog treten.

So wie Anna Werkmeister ingesamt Werkgruppen schafft, die den Betrachter anregen, in einen Dialog zu treten mit der Historie der künstlerischen Darstellung von Landschaft – und deren gegenwärtiger, intelligenter Anverwandlung. Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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