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Gutes Team. Thomas Arslan und Tristan Göbel (r.) im Thalia.

© Manfred Thomas

Kultur: Anrührender Roadtrip

Regisseur Thomas Arslan hat mit dem Potsdamer Jungdarsteller Tristan Göbel den Film „Helle Nächte“ im Thalia-Kino vorgestellt

Von Sarah Kugler

Eine Kurve, eine nächste und wieder eine. Dicker Nebel liegt auf der Straße, trübt den Blick in das weite Land. Das Auto schiebt sich langsam voran. In Thomas Arslans aktuellem Film „Helle Nächte“ spielt die Landschaft eine der Hauptrollen. Sie breitet sich vor dem Zuschauer aus, heißt ihn willkommen. Wirkt einladend und bedrohlich zugleich. Und sie spiegelt die Emotionen der beiden Protagonisten wider. Vater und Sohn, gespielt von Georg Friedrich („Wilde Maus“) und Tristan Göbel („Tschick“), der „Helle Nächte“ gemeinsam mit Thomas Arslan am Freitagabend im Babelsberger Thalia-Kino vorstellte.

Es ist ein zwei Personen-Stück, das Arslan in dem Film präsentiert. Durchaus Beabsichtigt, wie er am Freitag erzählt. Nach seinem logistisch aufwendigen Ensemblefilm „Gold“ von 2013 wollte der Regisseur wieder direkter mit seinen Darstellern arbeiten. „Ich wollte auch eine Geschichte der Gegenwart erzählen, eine, die näher an meinem Erlebnisumfeld liegt“, so Arslan, dessen Film auf der diesjährigen Berlinale für den Goldenen Bären nominiert war. Bekommen hat er schließlich einen Silbernen Bären: für Georg Friedrich als besten Darsteller. Er spielt den Österreicher Michael, der zur Beerdigung seines Vaters gemeinsam mit seinem 14-jährigen Sohn Luis nach Norwegen fährt. Die beiden sind sich eher fremd, trotzdem entschließt Michael sich, die Reise zu verlängern und es beginnt ein Roadtrip durch Norwegens Landschaft. Die weiten Flächen, grüne Wiesen und scheinbar unberührte Seen wirken angenehm entschleunigend. Dazu vollzieht sich eine langsame Annäherung der Protagonisten ohne viele Worte. Die braucht der Film auch nicht, die Mimik der beiden Hauptdarsteller spricht für sich: sture Blicke sowie zusammengezogene Augenbrauen von Luis. Müde Augen und ein nachdenklich verschmitztes Lächeln von Vater Michael. Sie kommunizieren schweigend, finden sich in einer Stille und harmonieren angenehm unaufgeregt miteinander.

Dabei fand Tristan Göbel seinen Filmvater Georg Friedrich bei der ersten Begegnung noch etwas merkwürdig. „Er hatte komische Kleidung an und geraucht, ich fand das seltsam“, so der 15-jährige Schauspieler, der das Babelsberger Filmgymnasium besucht. „Aber er ist ein total cooler Typ und wir haben uns super gut verstanden.“ Das habe auch die wenigen Streitszenen, in denen die beiden etwas lauter werden mussten, relativ angenehm gemacht. Sie hätten sich eben vertrauen können, so Göbel. Auch zu Regisseur Arslan habe sich ein großes Vertrauensverhältnis aufgebaut, das mit einem Eierkuchenessen begann, wie Göbel mit einem Lachen erzählt. „Ich musste lange abwarten, ehe mir gesagt wurde, dass ich die Rolle bekomme. Und irgendwann kam Thomas dann zu uns nach Hause, meine Mutter hat Eierkuchen gemacht und ihn einfach direkt darauf angesprochen.“ Dabei war während des Castings schon relativ schnell klar, dass Göbel die Rolle bekommen würde, wie Arslan erzählt. Er sei sehr überzeugend gewesen. Friedrich habe von Anfang festgestanden.

Die Zusammenarbeit habe dann auch sehr gut funktioniert. So gut, dass Arslan seinen beiden Darstellern die Freiheit gelassen hat, bei den Proben nicht ihre ganze emotionale Bandbreite zu zeigen, sondern erst beim Dreh selbst. „Wir haben die Szene dann drei bis vier Mal aufgenommen und das war’s“, so der Regisseur. Einige Szenen, wie etwa das Baden in einem der norwegischen Seen mussten allerdings schneller klappen. „Das Wasser war so kalt, dass unsere Beine dabei taub geworden sind“, erzählt Göbel. „Das ging nur zwei Mal.“ Überhaupt habe die Natur mit ihren wechselhaften Witterungsbedingungen eine tragende Rolle gespielt. „Wir mussten wegen des Wetters schon Szenen verschieben“, so Arslan. Die Autofahrt im dichten Nebel sei zum Beispiel gar nicht geplant gewesen, doch sei es dann eine schöne Möglichkeit gewesen von einer emotionalen Szene, in die nächste überzuleiten. Und auch wenn es vom Regisseur nicht so angelegt gewesen war: Genau diese Fahrt wirkt wie eine metaphorische Verdichtung der Beziehung seiner Protagonisten. Auch die beiden können den jeweils anderen nicht sehen, weil ihr Blick von ihren eigenen Problemen verstellt ist. Und so wie der Zuschauer auf eine Annäherung zwischen Vater und Sohn wartet, so hofft er auch während der Nebelfahrt auf einen erlösenden Moment. Auf beides wartet er erlange – doch es lohnt sich. Denn wie sich der Sohn schließlich in der Schlussszene zum Vater umdreht und der mit einem verhaltenen Lächeln in der Bahn sitzt, ist unglaublich anrührend. Sarah Kugler

„Helle Nächte“, täglich um 19 Uhr im Thalia-Kino

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