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Kultur: Anne Frank – eine Geschichte für heute

Ausstellung in der Stadt- und Landesbibliothek

Gestern Vormittag zur besten Unterrichtszeit drängten sich Fünft- und Sechstklässler der Eisenhart-Schule und der Montessori-Gesamtschule im Ausstellungsfoyer der Kinder- und Jugendbibliothek. Eröffnet wurde die internationale Wanderausstellung des Anne-Frank–Hauses Amsterdam, die bereits Millionen Menschen in 32 Ländern besucht haben, und die nun für drei Wochen in Potsdams Mitte zu sehen ist. Thomas Heppener, Vorstandsvorsitzender des Anne Frank Zentrums Berlin, begrüßte die Schüler und wies sie darauf hin, „dass das Tagebuch von Anne Frank das meistgelesene Buch über die Zeit des Nationalsozialismus weltweit ist.“ Diese, wie Anne selbst glaubte, „Herzensergüsse eines 13-jährigen Schulmädchens“, als sie dieses Tagebuch, das sie 1942 zum Geburtstag geschenkt bekam, zu schreiben anfing.

Ihre eigene Lebensgeschichte, die eines deutschen jüdischen Mädchens, das nach mehr als zweijährigem Aufenthalt im Versteck eines Amsterdamer Hinterhauses verraten wurde und 14-jährig im Lager Bergen-Belsen an Typhus starb, steht im Mittelpunkt der überaus informativen, faktenreichen und doch sehr persönlichen Ausstellung in der Kinder- und Jugendbibliothek. Neben Anne und ihrer Familie, kommen Freunde, Helfer und andere Zeitzeugen zu Wort. Es werden Fotos von Annes glücklicher Kindheit in Amsterdam gezeigt wie auch Bilder der Diskriminierung und Vernichtung von Juden und anderen Minderheiten. Doch bei allen zeitgeschichtlichen Bezügen und Fakten wird klar, dass Anne zuerst einmal ein Kind und später ein junges Mädchen, mitten in der Pubertät, mit allen Höhen und Tiefen war, und genauso Streit mit ihren Eltern hatte oder eine erste Liebe erlebte, wie Teenager heutzutage. Das ist auch die große Stärke der Exposition, dass sie diesen persönlichen Zugang, über abstraktes Geschichtswissen hinaus, ermöglicht. Und dass sie vieles, was scheinbar nicht zusammenpasst, gegenüberstellt. So das Bekenntnis eines jüdischen Jungen, selbst von der nationalistischen Propaganda der Nazis beeindruckt gewesen zu sein. Oder die Aussage einer Holocaust-Überlebenden, die tagtäglich ums nackte Überleben kämpfen musste, und später zugibt, wenn sie Anne gekannt hätte, wäre sie neidisch gewesen auf deren sicheres Versteck und die enge Verbundenheit mit ihrem Vater.

So bietet die Ausstellung, genauso wie das Tagebuch, eine Vielzahl thematischer Ansatzpunkte, die Geschichte und Gegenwart verbinden: Ausgrenzung, Flüchten, Helfen und Zivilcourage, die dann auch auf den letzten der 55 Schaubilder thematisiert werden und einen Bogen von neonazistischen Angriffen hierzulande bis hin zur Diskriminierung von australischen Ureinwohnern schlagen.

Obwohl das Lesen des Tagebuchs der Anne Frank nicht auf dem Lehrplan obligatorisch festgeschrieben ist, interessieren sich viele Kinder und Jugendliche gerade für diese Vergangenheit. Wie Ronald Gohr, Leiter der Kinder- und Jugendbibliothek sagte, werden zwei Bücher sehr oft ausgeliehen: Harry Potter und Anne Frank.

Angeboten werden von den Ausstellungsmachern, die vom Brandenburger Kulturministerium sowie vom Friedrich-Bödecker-Kreis unterstützt wurden, auch Werkstattseminare für Pädagogen. Astrid Priebs-Tröger

Ausstellung bis 21. Dezember, zu den Bibliotheksöffnungszeiten, Gruppen und Schulklassen melden sich bitte telefonisch 0331-289 6660 an.

Astrid Priebs-Tröger

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