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Kultur: Amerikas Landschaften zwischen Zeit und Raum Klingende Gemälde: Ein Gesprächskonzert der Kammerakademie Potsdam im Museum Barberini

Oh, wie die beiden Kontrabässe krächzen auf dem Podium im Museum Barberini! Solch gruselige Gänsehautklänge zu Beginn des zweiten Gesprächskonzerts waren natürlich gewollt.

Oh, wie die beiden Kontrabässe krächzen auf dem Podium im Museum Barberini! Solch gruselige Gänsehautklänge zu Beginn des zweiten Gesprächskonzerts waren natürlich gewollt. Passend zum Titel „KlangFarben“ brachten Musiker der Kammerakademie Potsdam Gemälde zum Klingen. Musik und Malerei gingen auf ihrem Weg in die Kunst der amerikanischen Moderne intensive und zugleich sehr individuelle Querverbindungen ein.

Museumsdirektorin Ortrud Westheider und rbb-Moderator Clemens Goldberg, der die Musikstücke ausgewählt hatte, lieferten dazu Informatives und Unterhaltsames. Das multimediale Format aus lockerem Gespräch, Musik und Bild kam bei den reichlich erschienenen, sehr interessierten Zuhörern gut an – eine durchaus zeitgemäße Art der Kunstvermittlung. So erfuhr man, dass die heftigen Kontrabassscharaden der Komponistin Rebecca Saunders von Mark Rothkos Gemälde „Blue and Grey“ inspiriert wurden. Zugegebenermaßen ein Bild in dunklen, schweren Farben, wenn auch ein großes, eher lichtes Grau über dem Ultramarin zu schweben scheint. Körperlichkeit und Entgrenzung lauten die Stichworte, um die Ziele der Künstler zu beschreiben. Das Gewicht der Stille, die wie eine leere Leinwand wirkt, soll spürbar werden. Wie Rebecca Saunders Komposition aus dem Jahr 2005 Raum erzeugen soll, so möchten die Gemälde des abstrakten Expressionismus’ Zeit herstellen – in freier Umkehrung der ursprünglichen Bedeutung von Musik als Zeitkunst und Bildender Kunst als Raumkunst.

Zwar steht die Zeitlosigkeit der Musik angesichts der, wie Goldberg sagt, „cholerischen Natur des Klangmaterials“ der beiden Celli (Anne Hofmann, Tobias Lampelzammer) als offene Frage im Raum. Dass Rothkos Farbfeldmalerei zu einem Klassiker der amerikanischen Moderne wurde, ist jedoch unbestritten. Leuchtendes Orange und Gelb wie eine Essenz des Sonnenlichts finden sich auf einem seiner kleineren Gemälde. Zu diesem und zwei Bildern von Morris Lewis und Bradley Walker Tomlin, die seit 17. Juni im Barberini in der Ausstellung „Von Rothko bis Hopper. Amerikas Weg in die Moderne“ zu sehen sind, erklangen drei Etüden von Elliott Carter. Was die vier Musiker der Kammerakademie (Bettina Lange, Jan Böttcher, Markus Krusche, Florian Bensch) aus ihren Holzblasinstrumenten hervorzaubern, steht den großformatigen, rhythmisch durchorganisierten, farbintensiven Gemälden nicht nach. Nahezu magisch wirken die so offensichtlichen und deutlich hörbaren Verbindungen zwischen malerischen und musikalischen Strukturen.

Den Höhepunkt der gelehrigen Kunstsoirée bildet ein kleines Ratespiel. Zu Samuel Barbers Summer Music wählten Ortrud Westerheider und Clemens Goldberg jeweils ein Bild aus der Ausstellung. Was ihnen denn nun gerade daran so passend erschien, lautet die Ausgangsfrage für erhellende Erläuterungen der beiden Experten. Siehe da, sowohl das menschenleere, flächige, lichte Gemälde von Julian Alden Weir mit dem Titel „Die Hochweide“ als auch die Fantasie von Maurice Prendergast mit ihrer flirrenden Farbtupfenmalerei passen hervorragend. Barbers Rondo für Holzbläser – mit Christian Müller am Horn – prangt in leuchtenden Klangfarben voller Licht und Bewegung. Das In-Szene-Setzen der Künste Von Rothko bis Hopper im Museum Barberini mit Musikern der Kammerakademie Potsdam erweist sich als Win-win-Situation für beide Potsdamer Kulturinstitute und nicht zuletzt für die zahlreichen Zuhörer. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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