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Alternative zum Herrenzimmer: Der 1. Babelsberger Salon stellt die Genderfrage

Eins zu zehn. So sieht das Verhältnis zwischen Männern und Frauen aus, wenn man sich Wikipedia-Einträge anschaut.

Eins zu zehn. So sieht das Verhältnis zwischen Männern und Frauen aus, wenn man sich Wikipedia-Einträge anschaut. Nur einer von zehn stammt von einer Frau, der Rest wird von Männern geschrieben. Das soll sich ändern, findet Susanne Foidl. Sie ist nicht nur Lehrkraft für besondere Aufgaben im Studiengang Montage an der Filmuni, sondern dort auch Gleichstellungsbeauftragte. Und weil sich die Dinge nicht von allein ändern, wird heute um 13 Uhr an der Filmuni ein „Wikipedia Workshop“ stattfinden.

Der Wikipedia Workshop bildet den Auftakt für eine viel umfangreichere Initiative der Filmuni, die Susanne Foidl zum Stichwort Gleichberechtigung und Film ins Leben gerufen hat. Im Rahmen des 1. Babelsberger Salons soll von heute Nachmittag bis Samstag die Verquickung von Gender, Forschung und Film untersucht und diskutiert werden.

Wo steht die Forschung in den Künsten und in der Wissenschaft in den Kategorien Gender und Film? Wie wird geforscht? Wer forscht? Was wird erforscht? Das sind die Fragen, die hier in einstündigen Sitzungen verhandelt werden sollen. Auf 30-minütige Impulsreferate von Filmschaffenden soll ein ebenso langer Austausch mit dem Publikum folgen. Die Veranstaltung ist als Symposium angekündigt, richtet sich aber ausdrücklich nicht nur an Studierende. Daher auch der Name: Babelsberger Salon. Er soll an das Format erinnern, das Frauen einst für sich entwickelten, während die Männer sich ins Herrenzimmer zur Zigarre zurückzogen, sagt Foidl. Und ja, eine Fortsetzung ist angedacht.

Beim 1. Babelsberger Salon sind indessen durchaus auch Männer zugelassen – Susanne Foidl hätte sich sogar noch mehr im Programm gewünscht. „Ich habe aber wenige gefunden, die aus der Filmpraxis kommen und zu Gender arbeiten.“ Eine Ausnahme ist Patrick Catuz, Autor eines Buches namens „Feminismus fickt!“. In seinem Vortrag „Shooting Sex“ (Freitag um 10 Uhr) wird er Antwort auf die Frage suchen, ob es feministische Pornos gibt. Ja, meint Catuz; mit seiner Firma Arthouse Vienna dreht er selber welche.

Indem Catuz in seinen Filmen die Laiendarstellerinnen selbst mitbestimmen lässt, wie sie gefilmt werden, liefert er eine mögliche Antwort auf die Frage: Was lässt sich dafür tun, dass die Frauenbilder auf unseren Bildschirmen nicht mehr nur vor allem männliche Fantasiegebilde sind? „Frauen und Männer werden im Film vergeschlechtert“, sagt Susanne Foidl. „Und wenn man sich da im Prozess des Filmemachens nicht genug Zeit zum Nachdenken nimmt, landet man schnell bei Klischees.“ Woher die kommen und wie sie überkommen werden können, will der Babelsberger Salon ergründen. So wird die Filmemacherin Christine Lang (heute um 15.30 Uhr) über ihren Film „Die kalte Probe“ sprechen, der sich auf feministische Filme bezieht – der älteste, dem Vortrag seinen Titel gebende, stammt von 1906: „Les résultats du féminisme“.

Heutige Filmemacherinnen mit den Strategien vergangener Zeiten vertraut zu machen, ist ein wesentliches Ziel des Babelsberger Salons. Deshalb wird heute Nachmittag nach der Eröffnung auch „Freak Orlando“ von Ulrike Ottinger gezeigt, die sich selbst im Anschluss an den Film dem Gespräch stellen will. In ihrem experimentellen Spielfilm ließ sie schon 1981 die Randständigen, sexuell Uneindeutigen aufmarschieren. Allen voran den titelgebenden Orlando von Virginia Woolf – Grenzgänger zwischen Zeiten und Geschlechtern. 

„1. Babelsberger Salon“, Eröffnung heute um 17 Uhr in der Filmuni, Marlene-Dietrich-Allee 11. Der Eintritt ist frei. Programm unter www.filmuniversitaet.de.

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