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Kultur: Als die schöne Elsa plötzlich Nein sagt HFF-Studenten zeigen Stück von Jewgeni Schwarz

Drachen hat es immer gegeben. Große, mächtige, starke, die die Welt auf den Kopf stellen und sich die kleinen, schwachen Menschen zu gehorsamen Untertanen machen.

Drachen hat es immer gegeben. Große, mächtige, starke, die die Welt auf den Kopf stellen und sich die kleinen, schwachen Menschen zu gehorsamen Untertanen machen. 1943, als Jewgeni Schwarz seine Märchenkomödie „Der Drache“ schrieb, hieß das Ungeheuer Adolf Hitler. Doch in dem Stück des russischen Dramatikers gibt es noch eine andere, nicht weniger gefährliche Drachenart: den Drachen, den jeder in sich trägt. Politik ist wieder Thema auf der studentischen Theater-Bühne. Die jüngsten Aufführungen der Schauspieler der Filmhochschule „Konrad Wolf“ stehen für diese Wiederkehr des Gesellschaftskritischen: Der Abschlussjahrgang brachte kürzlich in der Neuen Synagoge Berlin ein Stück des Sozialisten Thomas Brasch auf die Bühne. Die Studenten aus dem zweiten Jahrgang präsentieren nun in der Reithalle A des Hans Otto Theaters Schwarz“ „Der Drache“, eine 1944 in Leningrad uraufgeführte politische Parabel, die in Deutschland 1963 Erstaufführung hatte. Am Montag war Generalprobe, nach fünf Wochen Proben unter der Leitung von HFF-Professor Peter Zimmermann. „Neun verrückte Schauspieler, die unbedingt spielen wollen“, beschreibt der Regisseur das junge Ensemble. Eigentlich wären sie erst im Herbst mit einer Inszenierung dran gewesen. Doch sie drängten zur Bühne – und das spiegelt sich auch im Spiel wider. Mit viel Temperament und spürbarem Spaß an der Sache füllen die Darsteller die Rollen, in den drei Akten immerhin mehr als 20. Sie präsentieren eine insgesamt schlicht und klar erzählte Geschichte. Die Figuren treten in Top und Lederjacke auf, sie sprechen Alltagssprache. Dabei lassen sich die Darsteller nicht verführen, das Stück als verspieltes Märchen zu interpretieren. Keine Tiermaske für den Kater, kein theatralischer Schnickschnack, der von der Geschichte wegführt. Das von Robert Friebe gestaltete Bühnenbild: Tisch und Stühle. Wenige, gut ausgewählte Requisiten, wie der Rollstuhl-Thron des schwächelnden Drachens. Eine unprätentiöse Idee auch, den Kampf zwischen Held und Schuppentier nur akustisch darzustellen. Schauspielerisch überzeugt unter anderem Sebastian Becker als Lanzelot. Kein Moment, auch nicht der kitschigste, in dem er dem Helden nicht ein würdevolles Auftreten gibt. Er nimmt den Charakter ernst, gleitet nie ins slapstickhafte, alberne ab. Ulf Peter Schmitt, der den schizophrenen Bürgermeister spielt, gelingt das zum Ende des Stückes hin weniger, er überspitzt dessen Ängstlichkeit, lässt ihn lächerlich wirken. Im Prolog treten die Darsteller in einer Reihe auf die Bühne, erzählen im Chor und nacheinander die dann folgende Geschichte. Die schöne Elsa (überzeugend gespielt von Eva Bay) ist mit dem falschen Mann, dem Drachen verlobt, berichten die Stimmen. Seit 400 Jahren herrscht er über die kleine Stadt. Bis der Ritter Lanzelot auftaucht und sich in die schöne Elsa verliebt. Der Held schafft es, wie erwartet, den Drachen zu erledigen – muss aber feststellen, ihn nicht besiegt zu haben. Der Zuschauer erfährt, dass die Bürger der kleinen Stadt trotz Untertansein nicht gut wegkommen: „Denn was die Riesen groß macht, ist der Zwerg“, ruft der Chor. Und irgendwann ist auch der Punkt gekommen, an dem die schöne Elsa aufwacht. Man meint zu wissen, wie das Stück ausgeht. Eben märchenhaft. Doch das übliche Schema von Gut und Böse greift plötzlich nicht mehr. Eine spannende Inszenierung, bei dem sich der Spaß am Theatermachen auf die Zuschauer überträgt. Marion Hartig 24., 25., 26. August, 20 Uhr, Reithalle A, Kartentel. 030/81 79 73 86

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