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Kreative Köpfe. Ursula und Rainer Sperl sind seit 25 Jahren Galeristen. Malte Brekenfeld malt gern schräg und bunt, seine Bilder sind bis zum 17. Juli bei Sperls zu sehen.

© A. Klaer

25 Jahre Galerie Sperl in Potsdam: Groß denken, gelassen bleiben

Vor 25 Jahren gründeten Ursula und Rainer Sperl ihre Galerie. Das wird heute gefeiert, zusammen mit dem Maler Malte Brekenfeld, der 50 wird.

Im Kopf von Malte Brekenfeld muss es aussehen wie in den von ihm gemalten Porträts: mit organischem und anorganischem Material auf den Köpfen, mit Vögeln und Fischen, Blumen, Gesträuch, Tierhörnern, Federn und allerlei undefinierbarem Gedöns. Und auch die anderen Formate, märchenhafte, surreale Szenenbilder, sind vollgepackt mit kuriosen Kreaturen, tierische, pflanzliche und menschliche Ausbunde, nichts, das es nicht gibt. Malte Brekenfeld malt, was andere in Romane packen, malt Wimmelbilder für Erwachsene, an denen man sich nicht mal eben auf die Schnelle satt sehen kann. Seine Bilder tragen seltsame Titel, die sich wie Kapitelüberschriften lesen, „Diana mit Gefolge verlässt den Wald“, „Aufnahmekommission des Lustgartens“, „Der deutsche Ingenieur“, „Raumschiff Strelizia“, „Einen Hasen fangen“ und endlos so weiter. „Zu jedem Bild kann er eine Geschichte erzählen“, sagt Galeristin Ursula Sperl. „Aber wenn man ihn das nächste Mal trifft, klingt die Geschichte für dasselbe Bild völlig anders.“

Neue Bilder von Brekenfeld

Jetzt zeigt die Sperl-Galerie neue Bilder von Brekenfeld. Mit dem Galeristen-Paar verbindet ihn eine fast schon innige Beziehung. „Wir haben Brekenfeld, wie manch andere auch, aufgebaut“, sagt Ursula Sperl. Regelmäßig und von Anbeginn der Galerie stellt Brekenfeld hier aus. Der Maler aus einem winzigen Dorf bei Teterow Mecklenburg-Vorpommern, wo er, der studierte Biologe, Schafe, Schweine und Enten hält und früh um fünf Uhr schon im Atelier sitzt, malt und malt und malt, feiert am heutigen Freitag seinen 50. Geburtstag. Mit einer Vernissage bei Sperls. Die zeitgleich ihr eigenes Jubiläum begehen: 25 Jahre Sperl-Galerie.

Der Werdegang der Galerie spiegelt Potsdamer Stadtentwicklung wider. Noch kurz vor der Wende bekommen sie ein Haus im Holländischen Viertel zugewiesen, wie es damals hieß, zum privaten Ausbau. Im Frühjahr 1991 eröffnen sie ihre Galerie in der Mittelstraße 30. Als ihnen die Miete zu hoch wird, ziehen sie 2008 in die ehemalige Humboldtbuchhandlung im Untergeschoss des Bibliothekswürfels. Eine Übergangslösung, bevor dort die Bauarbeiten für das Bildungsforum beginnen.

Rainer Sperl: "Wir wollen nicht im eigenen Saft schmoren"

„Damals hab ich Blut geleckt, was große Räume betrifft“, sagt Rainer Sperl. Aber wohin danach? Andrea Palent fragt sie, ob sie nicht in die Ticket-Galerie des Nikolaisaals ziehen wollen. Dann bietet sich 2012 überraschend die Chance, das freigezogene Erdgeschoss der Fachhochschule zu nutzen. Wieder ein befristetes Provisorium, aber Sperls können nicht Nein sagen. „Solche Räume zu bespielen, das passiert einem nie wieder“, sagt der Galerist. Hier muss man sich Kunst erlaufen, nichts ist praktisch zusammengedrängt, es wirkt bisweilen wie eine Kunsthalle, weniger als Galerie. Und doch ist es gerade das, was sie gern machen: Künstler entdecken, ihnen eine Plattform geben, sie fördern und begleiten. Sie zeigen unter anderem Hans Scheuerecker, Hans-Hendrik Grimmling, Astrid Germo, Stephan Velten, Ulrike Hogrebe, Dieter Zimmermann. Künstler nicht nur aus Potsdam. „Wir wollten nicht im eigenen Saft schmoren“, sagt Rainer Sperl.

Wie aber weiß man, ob aus jemandem etwas wird, wenn er noch unbekannt ist? „Das spürt man“, sagt Ursula Sperl. „Man spürt, ob der Mensch, der da vor einem sitzt, mit den Bildern in seiner Mappe zusammen passt, ob es authentisch ist.“ Bei ihnen saßen schon Russen, die einen Koffer nach dem anderen öffneten und schönste handwerkliche Arbeiten aller Stilrichtungen feilboten. Darüber kann sich Ursula Sperl noch immer amüsieren.

Aufregend ist es, wenn sich Künstler im Laufe der Jahre verändern. Auch Malte Brekenfeld malte vor 20 Jahren ganz anders. Viel abstrakter. Wer den alten Katalog anschaut, würde nie auf die Idee kommen, dass das derselbe ist, der heute naiv-phantastische Welten erschafft. Fast tut es Ursula Sperl leid, dass Brekenfelds Bilder heute so überraschend anders sind. Aber Kunst ist nicht vorhersehbar, nicht festzuhalten, nicht aufzuhalten.

Zweite Vinossage im August

Nach Potsdam kamen Sperls Ende der 1970er-Jahre. 1978 gehörten sie zur Gründungstruppe des Kabarett am Obelisk, Ursula machte Öffentlichkeitsarbeit, Rainer Bühnenbild. Und nebenbei auch immer eigene Kunst. Die frivol-humorigen Skulpturen findet man mittlerweile in ganz Deutschland. Dass sie eines Tages eine eigene Galerie eröffneten, war in Potsdams Kunstszene keine Überraschung. Dass sie heute noch da sind, erfolgreich trotz aller Hürden, liegt auch an Rainers Gelassenheit. Die er – zumindest in der Öffentlichkeit – so zeigt. Das Ende in der FH ist absehbar, 2017 ist Schluss. Wie geht es weiter? „Wir sind beide 66 Jahre alt, wir könnten ja eigentlich aufhören,“ sagt Rainer Sperl. „Aber unsere Künstler sagen, das geht nicht, ihr müsst bleiben“, sagt Ursula Sperl. Bis zum Schluss wollen sie die Räume ausnutzen. Im August ist die zweite Vinossage geplant, ein Fest mit Weinverkostung und Musik, zu dem im vergangenen Jahr gut 500 Gäste kamen. Mit Freude haben sie zur Kenntnis genommen, dass die Stadt kürzlich die Grünanlagen vor der FH gesäubert hat. „Eigentlich könnte es hier richtig schön sein“, sagt Ursula Sperl. Trotzdem schauen sie sich langsam nach neuen Räumen um. Aber jetzt sind sie verwöhnt, sehr viel kleiner wollen sie nicht werden. Möglicherweise machen sie was ganz Verrücktes. Die Baucontainer in der Ebert-Straße, die seit Jahren quasi vor ihrer Haustür stehen, haben Rainer auf eine Idee gebracht. „Vielleicht übernehmen wir die einfach, wer weiß“, sagt er schelmisch.

Vernissage und Jubiläum am heutigen Freitag, 18 Uhr, Friedrich-Ebert-Straße 4

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