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Lehrerin mit Mundschutzmaske im Präsenzunterricht in Stuttgart, Baden-Württemberg.

© Michael Weber/imago images

Interne Einschätzung der Bundesregierung: Schulen könnten bei Corona-Übertragung größere Rolle spielen als gedacht

Sie sind „keine Treiber“ der Pandemie, heißt es. Doch Schulen werden von Landkreisen mit hohen Ausbruchszahlen explizit als Infektionsorte genannt.

Die Kultusministerinnen und Kultusminister gehen in öffentlichen Statements immer noch davon aus, dass Schulen „kein Treiber“ der Pandemie seien. Dass diese Auffassung womöglich etwas zu optimistisch ist, zeigt eine interne Einschätzung der Coronalage der Bundesregierung, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Insgesamt wird da zwar von einem „diffusen Geschehen“ ausgegangen. Dennoch werden bei 7 der 15 Stadt- und Landkreise mit den höchsten Infektionsraten explizit auch Ausbrüche an Schulen in Zusammenhang mit den steigenden Zahlen genannt. So heißt es zum Beispiel sowohl zum Stadtkreis als auch zum Landkreis Rosenheim: „Infektionsübertragungen ereignen sich überwiegend im privaten Umfeld und in Schulen.“

Hagen meldet „vermehrt Ausbrüche in Schulen und Kindertageseinrichtungen“. Im Landkreis Cloppenburg sind demnach „die Neuinfektionen in den letzten Tagen verschiedenen Schulen, dem privaten Bereich, dem beruflichen Umfeld sowie Alten- und Pflegeheimen zuzuordnen“.

Die Schulen sind dort beim Unterricht bereits in ein Wechselmodell übergegangen, in Kitas gilt „eingeschränkter Betrieb mit strenger Gruppentrennung“. Wechselunterricht für die weiterführenden Schulen hat Augsburg angeordnet.

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Wechselunterricht als eine Lösung

Die Lage vor Ort sind laut Auskunft eines Sprechers des Landkreises Cloppenburg so aus: Der starke Anstieg der Infektionszahlen ging bereits vor anderthalb Monaten los, bedingt vor allem durch den Ausbruch in einer Sportmannschaft. Deren Mitglieder gaben das Virus dann in Familien und Schulen weiter, betroffen waren gerade auch Berufsschulen durch infizierte Azubis.

Die Ausbrüche ließen sich irgendwann nicht mehr kontrollieren, sagt der Sprecher – auf dem Höhepunkt musste ein ganzes Gymnasium geschlossen werden sowie der Teil einer Berufsschule, der sich im selben Gebäude befand. An anderen Schulen befanden sich mehrfach ganze Jahrgänge in Quarantäne.

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Für die Situation im Landkreis müsse man auch berücksichtigen, dass es viele Familien mit vielen Kindern gebe, der Landkreis habe die höchste Geburtenrate in Deutschland. Wenn aus einer Familie mehrere Kinder in verschiedenen Altersstufen infiziert seien und diese dann in unterschiedliche Schulen gingen, erschwere das die Lage zusätzlich.

Dennoch habe man das Geschehen wieder „gut einfangen“ können, sagt der Sprecher. Geholfen hätte insbesondere das Einführen einer Maskenpflicht für Kinder ab der 5. Klasse, die teilweise sogar auf dem Schulweg gelte: „Seitdem ist es wesentlich ruhiger.“ Der Landkreis habe 21 zusätzliche Busse im Einsatz, um Gedränge in den Fahrzeugen auf dem Weg zur Schule zu vermeiden.

Inzwischen gelte Wechselunterricht - ein Teil der Schüler wird vor Ort unterrichtet, der andere daheim. Auch das trage dazu bei, dass der Unterricht insgesamt für alle weitergehe. Der Landkreis wolle unbedingt vermeiden, dass zu viele Schülerinnen und Schüler in Quarantäne müssen, sagt der Sprecher: „Diese werden dann zwei Wochen von der Gesellschaft ausgeschlossen, das ist eigentlich nicht zumutbar.“

Strengere Maskenpflicht von Schülerinnen und Schülern gewünscht

Schülerinnen und Schüler seien selber auf die Behörden mit dem Wunsch nach einer strengeren Maskenpflicht zugekommen, vor allem Abiturienten würden fürchten, die Schulen könnten ganz schließen. Dass die Zahlen im Landkreis immer noch sehr hoch sind, wird auf einen jüngeren, neuen großen Ausbruch in einem Fleischbetrieb zurückgeführt, der sich aber bislang nicht stark auf die Schulen ausgewirkt habe – offenbar auch wegen der zusätzlich getroffenen Schutzmaßnahmen dort.

Erst Anfang der Woche hatte sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) für eine Maskenpflicht im Unterricht auch in Grundschulen ausgesprochen. Auch knapp die Hälfte der Deutschen spricht sich für eine deutschlandweite Maskenpflicht an Grundschulen aus. Dies ergab eine am Mittwoch veröffentlichte repräsentativen YouGov-Umfrage.

Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, hatte die Politik am Mittwoch dafür kritisiert, dass sie sich zurückziehe und die Entscheidungen den Gesundheitsämtern überlasse. Dies sagte Meidinger Mittwoch der „Bild“-Zeitung. Nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes befinden sich derzeit mehr als 300.000 Schüler und bis zu 30.000 Lehrer in Quarantäne. Ende September waren es noch etwa 50.000 Schüler gewesen. (mit dpa)

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