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Auch in der Kritik. Das geplante Digitale Medienhaus des RBB, dessen Kosten sich in der Planungsphase schon mehr als verdoppelt haben sollen.

© picture alliance/dpa/rbb/Baumschlager Eberle

Die Affäre Schlesinger und der RBB: Verwaltungsrat räumt Fehler ein

Der Brandenburger Landtag berät über den Skandal beim RBB. Diesmal mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Senders.

Steeven Bretz hielt es nicht mehr auf seinem Platz. Seit mehreren Stunden beriet der Hauptausschuss des Brandenburger Landtags am Dienstag im weiten Rund des Plenarsaals über den Skandal rund um RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach, der kommissarische Intendant Hagen Brandstäter, die stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates, Dorette König und Personalratschefin Sabine Jauer waren in den Landtag gekommen, um den Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen.

Doch ihre Antworten befriedigten nicht. „Ich fühle mich an der langen Leine mit en-Passant-Informationen abgespeist“, wetterte der CDU-Landtagsabgeordnete. „Gerade jetzt, in der Zeit von Fake News, kommt es auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an – sie alle haben einen Beitrag dazu geleistet, dass alle, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen wollen, Auftrieb erfahren.“

Deutlich wurde in der Sitzung: Wirksame Kontrollen hat es beim RBB wohl nie gegeben. Die am Montagabend vom Rundfunkrat abberufene Intendantin handelte ihre Bonusverträge mit dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Wolf-Dieter Wolff, aus.

„Die damit verbundenen Zielvereinbarungen lagen uns im Verwaltungsrat nicht vor“, sagte König. Wolf habe das Gremium seit 2018 nicht darüber informiert. „Seit fünf Tagen versuche ich, die Unterlagen zu bekommen.“ Nach der Mittagspause überraschte Brandstäter die Abgeordneten dann mit der Information, dass König die Unterlagen unmittelbar erhalten werde. Ein einziger Anruf hat dazu offenbar gereicht.

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In den vergangenen Jahren indes scheint nicht jedes Mitglied von Verwaltungs- und Rundfunkrat alle Informationen erhalten zu haben. Denn es gab eine Ressortverteilung: Nicht jedes Mitglied wusste laut König über alles Bescheid. „Wir haben zuletzt im März über das digitale Medienhaus gesprochen“, sagte König. Damals seien die Kosten für das Prestigeprojekt bereits von etwa 100 auf 125 Millionen gestiegen. Heute wird von 185 Millionen Euro ausgegangen.

„Diese Zahl ist mir nicht bekannt“, sagte König. „Wir hätten den 185 Millionen nicht zugestimmt.“ Ähnlich äußerte sich auch Brandstäter. „Wenn sich die 185 Millionen als tatsächliche Kosten herausstellen, haben wir in der Geschäftsleitung ein Problem“, sagte Brandstäter. Denn die nötigen Zinsen könne man nicht darstellen. Für Aufsehen sorgte im Ausschuss auch eine Berichterstattung des „Juve“-Branchendiestes.

Demnach sind derzeit 17 Anwälte der Kanzlei „Lutz Abel“ beim RBB beschäftigt. Bei branchenüblichen Honoraren würde das auf Kosten von mehr als 20 000 Euro am Tag und 100 000 Euro pro Woche hindeuten, sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann, der ebenso wie sein in der Sitzung zu Hochform auflaufender Kollege von BVB/Freie Wähler, Peter Vida, selbst Rechtsanwalt ist. Doch zu den genauen Kosten und der genauen Ausgestaltung des Untersuchungsauftrags wollte sich keiner der RBB-Vertreter im Hauptausschuss äußern.

In beiden Bundesländern wird derzeit über den RBB-Staatsvertrag beraten

Die Brandenburger Abgeordneten beschlossen am Dienstag, nun eine gemeinsame Anhörung mit dem für Medien zuständigen Ausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses durchführen zu wollen. Dabei soll auch ein Zwischenbericht der Rechtsanwaltskanzlei Lutz Abel beraten werden.

In beiden Bundesländern wird derzeit über den RBB-Staatsvertrag beraten. Und auch am Dienstag wurde wieder einmal deutlich, dass Brandenburg mit Recht befürchten muss, in der gemeinsamen Anstalt zu kurz zu kommen.

So sorgte Brandstäter für nachhaltige Verärgerung, als er Brandenburg als „Reiseziel“ und „liebenswertes Bundesland“ charakterisierte. „Wir haben die Erwartung, dass sich im Programm des RBB niederschlägt, dass er eine Zwei-Länder-Anstalt ist“, sagte CDU-Fraktionschef Jan Redmann. „All zu oft wird Brandenburg nur als Reiseziel und Ausflugsziel für die Berliner dargestellt.“ Die Lebensrealität im Land komme dabei oft zu kurz.

„Wichtig ist uns, dass die Berichterstattung aus Brandenburg auch zukünftig aus dem Land kommt“,sagte Grünen-Chefin Petra Budke. Dazu brauche man starke RBB-Standorte in Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder). „Die Weichen für die crossmediale Berichterstattung müssen jetzt gestellt werden – ob es dazu das digitale Medienhaus in Berlin braucht, gehört auf den Prüfstand.“

Fraktionsübergreifend warnten die Brandenburger Landespolitiker vor einer verfrühten Neuwahl des Intendanten. Zunächst müssten die Konsequenzen aus der Krise gezogen werden. Grüne und Linke forderten dabei auch ein stärkeres Mitspracherecht der Mitarbeiter. „Ich bin auch schockiert darüber, dass sich der Verwaltungsrat nur alle zwei Monate getroffen hat“, sagte Redmann. Erneut forderte er berufliche Kompetenzen der Mitglieder des Rundfunk- und Verwaltungsrates ein. „In Bayern muss mindestens ein Mitglied des Verwaltungsrates ein Wirtschaftsprüferexamen haben.“

SPD-Fraktionschef Daniel Keller sprach nach der Sitzung von einem „Systemversagen“: „Es muss überdacht werden, ob ehrenamtliche Mitglieder des Verwaltungsrates, die mündlich vor Sitzungen des Verwaltungsrates gebrieft werden, uneingeschränkt verantwortlich handeln können.“ Wenn Frau Schlesinger Absprachen mit dem Verwaltungsratschef über ihre persönlichen Zielvereinbarungen und Bonuszahlungen traf, grenze das an Vetternwirtschaft und nicht an individuelle Freiheiten der Intendantin.

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