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Allein für 2020 muss Finanzministerin Katrin Lange (SPD) mit einem Defizit von 1,1 Milliarden Euro rechnen. 

© Soeren Stache/dpa

Brandenburger Corona-Finanzkrise: Kenia-Koalition muss Rotstift auspacken

Das Land Brandenburg erwartet wegen der Coronakrise Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe. Finanzministerin Katrin Lange (SPD) kündigt einen Sparkurs an.

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Potsdam - Mit der Coronapandemie stürzt Brandenburg in eine dramatische Finanzkrise. Nach der aktuellen Steuerschätzung für das Land, die Finanzministerin Katrin Lange (SPD) am Donnerstag (14.05.2020) bekannt gegeben hat, wird Brandenburg allein in diesem Jahr 1,1 Milliarden Euro weniger einnehmen als geplant. Die Aussichten für die Folgejahre sind mit der von der Bundesregierung erwarteten schweren Rezession, deren Ausmaß demnach schlimmer sein wird als die Finanzkrise 2008/2009, nicht besser.

Rücklagen womöglich schon 2021 aufgebraucht

Nach einem internen, den PNN vorliegenden Papier aus dem Finanzministerium wird die in den letzten zehn Jahren angesparte Rücklage Brandenburgs von zwei Milliarden Euro womöglich schon 2021 aufgebraucht sein und die Kenia-Koalition den Rotstift ansetzen müssen. Für 2020 wird eine schnelle und gezielte Haushaltssperre vorgeschlagen. „Für die Sperrung kommen grundsätzlich alle Ausgaben in Betracht, die nicht auf einer Rechtsverpflichtung beruhen“, heißt es.

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In der Pressemitteilung äußerte sich Lange zur Lage so: Für Brandenburg bedeute dies Ausfälle „in historisch bislang nicht gekanntem Ausmaß“. Es drohe „eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Stabilität des Landeshaushalts“. Nach Worten der Finanzministerin drohe damit „in den nächsten Jahren die fortschreitende Erosion der finanzpolitischen Grundlagen für die Umsetzung der von der Koalition vereinbarten Vorhaben“. Das Land hatte seine Ausgaben im letzten Jahrzehnt von zehn Milliarden Euro auf inzwischen 13 Milliarden Euro permanent steigern können. Die Kenia-Koalition hatte voriges Jahr bereits für den „Zukunftsinvestitionsfonds“, der eigentlich für zehn Jahr angelegt war, eine Milliarde Euro neue Schulden gemacht. Inzwischen kamen für den Coronarettungsschirm des Landes weitere Kredite von zwei Milliarden Euro hinzu.

Haushaltssperre nicht ausgeschlossen

Lange schloss keine haushaltswirtschaftlich mögliche Maßnahmen aus, etwa eine Haushaltssperre. Nach dem internen Ministeriumspapier zu „Auswirkungen der Coronakrise auf den Landeshaushalt“ wird es nötig sein, Reserven anzutasten und vieles auf den Prüfstand zu stellen, etwa auch die vollständige Kofinanzierung von angebotenen Bundes- und EU-Mitteln. Als Option wird dort auch angeführt, „den Stellenbestand grundsätzlich auf dem erreichten Niveau einzufrieren“ und in Teilbereichen „zu reduzieren“. Das Finanzministerium schlägt auch einen „Corona-Fonds“ vor, damit nicht abgerufene Kreditmöglichkeiten nicht verfallen. Eine Auflösung des Versorgungsfonds für Beamtenpensionen, in dem 647 Millionen liegen, wird hingegen abgelehnt.

Und Lange erklärte: „Dabei stehen zu allererst diejenigen Ausgaben zur Disposition, für die noch keine entsprechenden Bindungen eingegangen wurden und die über das rechtlich unabweisbare Maß hinausgehen.“

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Das Papier des Finanzministeriums vom 12. Mai war noch für 2020 von Ausfällen in Höhe von 920 Millionen Euro ausgegangen, woraus nun bereits 1,1 Milliarden Euro geworden sind. Das dort noch bis 2024 erwartete Einnahme-Defizit von 3,2 Milliarden Euro muss damit auch noch nach oben korrigiert werden. Selbst weitere Kredite, die das Finanzministerium nicht ausschließt, könnten nicht reichen, um die absehbaren Defizite zu schließen. Die Linke-Opposition im Landtag ist alarmiert und forderte von der Landesregierung ein Sozialstaatsversprechen, also „keine Kürzungen von Sozialleistungen oder eine Reduzierung von Angeboten der Daseinsvorsorge“.

Minus von 44 Milliarden Euro im Bund

Im Bund und anderen Länder ist die Lage ähnlich. So kündigte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz jetzt an, dass das Land in diesem Jahr wohl fünf Milliarden Euro Kredite aufnehmen muss. Auf den Bund entfällt 2020 ein Minus von 44 Milliarden Euro – das sind gut zehn Milliarden mehr, als Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) noch Ende März angenommen hatte.

Die Länder müssen mit einem Ausfall gegenüber der bisherigen Planung von 35 Milliarden Euro kalkulieren. Bei den Kommunen werden voraussichtlich 15,6 Milliarden Euro weniger in der Kasse sein. An die EU werden vier Milliarden Euro weniger überwiesen. Scholz sagte, es gebe bei diesen Zahlen „noch sehr viele Unsicherheiten“.

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