zum Hauptinhalt
Erziehermangel. Der Betreuungsschlüssel in Brandenburger Kitas sorgt für Streit.

© Patrick Pleul/dpa

Zu wenig Personal: Kita-Träger zeigt sich selbst an

Der Kitaträger Fröbel kann die Betreuung in seinen 36 Kitas personell nicht mehr abdecken. Deshalb will er Kinder nicht länger als 7,5 Stunden aufnehmen - wenn das Land nicht einlenkt.

Potsdam - Drastischer Schritt für bessere Kinderbetreuung: Der Kita-Träger Fröbel, der in Brandenburg 36 Kitas und fünf Horte betreibt, hat sich nach PNN-Informationen „wegen struktureller Nichteinhaltung des gesetzlich vorgesehenen Personalschlüssels“ selbst angezeigt. Die Anzeige soll am Montag dem Bildungsministerium in Potsdam zugestellt werden, das die Oberaufsicht über die Kitas und damit auch die Einhaltung des von ihm vorgegebenen Personalschlüssels hat.

Durch die Vielzahl an Verträgen mit einer Betreuungszeit von mehr als 7,5 Stunden und die unzureichende Finanzierung durch das Land sei es nicht mehr möglich, den gesetzlich vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel einzuhalten, heißt es in der Begründung. Dieser liegt in Brandenburg aktuell bei 1:5 für Kinder unter drei Jahren, bei den Älteren ist rechnerisch eine Erzieherin für 11,5 Kinder verantwortlich.

Die Krux: Das Land finanziert nur die Personalkosten für eine Betreungszeit von 7,5 Stunden pro Tag und Kind. Längere Betreuung, auf die laut Fröbel landesweit gut ein Drittel der Eltern aufgrund ihrer Arbeitszeiten rechtlichen Anspruch haben, müssen die Kitas aus eigener Kraft stemmen. Das sei nicht mehr länger zu machen, die Mitarbeiter stießen an ihre Belastungsgrenzen. Der Betriebsrat habe aufgrund einer Vielzahl von Beschwerden und Belastungsanzeigen aus der Belegschaft angekündigt, Schichtpläne in Zukunft nur noch bei entsprechender personeller Ausstattung genehmigen zu wollen. Um die längeren Betreuungszeiten abzufedern, seien bei Fröbel 35 zusätzliche Vollzeitstellen nötig.

Vorwürfe an die Landesregierung

„Eine landesweite Lösung wird von der Landesregierung aktuell abgelehnt“, sagte Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker den PNN. „Damit unterläuft das Land Brandenburg sein eigenes Gesetz. Dieser Zustand ist für unsere über 600 Erzieher in Brandenburg und über 4200 Kinder nicht mehr tragbar.“ Gleichzeitig kündigt Fröbel an, in allen Regionen mit Ausnahme von Potsdam den Neuabschluss von Verträgen mit einer Betreuungszeit von über acht Stunden komplett auszusetzen, bis das Land für mehr Personal in den Einrichtungen sorgt. Aktuell würden zum Beispiel in der Laustiz bis zu 50 Prozent der Kinder länger als 7,5 Stunden in einer der Einrichtungen des Trägers betreut.

Ein von der Landeshauptstadt Potsdam in Auftrag gegebens Gutachten kommt wie berichtet zu dem Schluss, dass das Land zur Finanzierung einer zusätzlichen Betreuungsstufe verpflichtet ist. Potsdam hat als örtlicher Träger entschieden, für eine bessere Personalausstattung in den Kitas in Vorleistung zu gehen und vom Land das Geld zurückzufordern. Cottbus und weitere Kommunen haben laut Fröbel signalisiert, dass sie ebenfalls von einer Refinanzierungspflicht durch das Land ausgehen. „Leider können sich andere Kommunen die Vorfinanzierung nicht leisten“, so Spieker. Das Innenministerium gehe derzeit davon aus, dass eine Vorfinanzierung für längere Betreuungszeiten eine freiwillige Leistung des Landes ist. Das Bildungsministerium müsse den laut Kitagesetz vorgeschriebenen Betreuungsstandard von bis zu zehen Stunden endlich umsetzen, fordert hingegen die Fröbel-Gruppe.

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) und auch der Landtag haben dem Ansinnen aber bislang eine Absage erteilt. Grüne und CDU waren Ende Januar im Parlament mit einem Antrag zu Finanzierung längerer Betreuungszeiten gescheitert. Das Kitagesetz des Landes wird derzeit novelliert, um die beschlossene Beitragsfreiheit für das letzte Jahr vor der Einschulung rechtlich zu verankern. Im Zuge dessen könnte auch eine dritte Betreuungsstufe eingeführt werden, die eine Kitazeit von bis zu zehn Stunden täglich personell abdeckt, fordern Träger und Opposition.

Zur Startseite