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Brandenburg: Zu früh gefreut

Gericht erlaubt Koppers’ Berufung zu Berlins Generalstaatsanwältin. Brandenburger Rivalin gibt nicht auf

Berlin - Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) jubelte am Donnerstag schon. Der Weg sei nun frei, die bisherige Polizei-Vizepräsidentin Margarte Koppers zügig zur neuen Generalstaatsanwältin zu ernennen. Denn am Mittwoch hat das Verwaltungsgericht die Eilklage der unterlegenen Mitbewerberin für den Posten, Susanne Hoffmann, zurückgewiesen. Doch vorerst wird es mit Koppers offizieller Ernennung nichts. Denn Hoffmann geht vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) dagegen vor. Hoffmanns Anwalt sagte dieser Zeitung, er werde Beschwerde einlegen. Dafür hat er zwei Wochen Zeit. Bis zu einer Entscheidung kann Koppers nicht ernannt werden und das Amt nicht antreten. Es ist damit zu rechnen, dass das OVG zügiger befindet als das Verwaltungsgericht, das drei Monate gebraucht hat.

Hoffmann, Abteilungsleiterin im Justizministerium Brandenburg, dort zeitweise Vize-Generalstaatsanwältin, hatte mit ihrer Klage schwere Vorwürfe gegen Behrendt erhoben. Die hat das Verwaltungsgericht in erster Instanz vom Tisch gewischt: Die Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle des Generalstaatsanwalts in Berlin sei fehlerfrei.

Die Senatsverwaltung für Justiz hatte die Stelle im November 2015 ausgeschrieben. Koppers und Hoffmann wurde eine im Wesentlichen gleiche Qualifikation attestiert. Ex-Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) berief eine Auswahlkommission, doch Koppers erschien zu mehreren Auswahlgesprächen wegen Krankheit nicht. Behrendt, seit Dezember 2016 im Amt, berief eine neue Kommission, die nach einem Auswahlgespräch den Vorschlag machte, Koppers zur Generalstaatsanwältin zu berufen. Der Vorwurf stand im Raum, Behrendt habe die Kommission so besetzt, dass seine Wunschkandidatin Koppers ausgewählt würde. Das Gericht entschied nun, es sei nicht verfahrensfehlerhaft gewesen, die Auswahlkommission auszutauschen. Behrendts Vorgehen sei von dessen „organisatorischen Gestaltungsspielraum“ gedeckt gewesen. Daneben habe Behrendt die Ermittlungsverfahren gegen Koppers außer Acht lassen dürfen. Die Staatsanwaltschaft führt Koppers, einst Vize-Präsidentin des Landgerichts, als Beschuldigte wegen des Verdachts auf schwere Körperverletzung im Amt durch Unterlassen. Grund ist die Affäre um giftige Schießstände der Polizei. FDP-Rechtsexperte Holger Krestel sprach von einem beamtenrechtlichen Unding, „eine Person mit laufendem Ermittlungsverfahren zu ernennen“.

Neben Hoffmanns  Eilklage wird die mögliche Befangenheit der Verwaltungsrichter vor dem OVG eine Rolle spielen. Der Anwalt hatte beanstandet, dass der Vorsitzende Richter den Austausch der Auswahlkommission durch Behrendt wegen des Wechsels im Senat als politisch gerechtfertigt angesehen haben soll – weil Wahlen neue Entscheidungen nach sich ziehen. Die Kammer lehnte den Befangenheitsantrag ab.

Behrendt hat für den Fall vorgesorgt, dass das OVG Koppers bestätigt. Generalstaatsanwalts Ralf Rother bleibt – nach mehrmaliger Verlängerung seit September 2016 – bis Ende Februar 2018 im Amt. Sollte das OVG Hoffmanns Beschwerde folgen, wäre der Posten aber unbesetzt.

In Brandenburg wird bald ein Nachfolger für Erardo C. Rautenberg, Deutschlands dienstältester Generalstaatsanwalt, gesucht. Dem Vernehmen nach wird der Posten Mitte November ausgeschrieben. Den Berliner Weg lehnt das Justizministerium in Potsdam aber ab. Übliche Praxis sei es, dass nur Staatsanwälte auf den Posten kommen. So sieht es auch Amtsinhaber Rautenberg, der maßgeblich dazu beigetragen hatte, dass Generalstaatsanwälte in Deutschland seit 2010 keine politischen Beamten mehr sind. Er hatte in einem eindringlichen Appell vor der Wiedereinführung der politischen Generalstaatsanwaltschaft durch die Hintertür und eine Koppers’ Ernennung in Berlin gewarnt – weil sie keine Staatsanwältin war. Rautenbergs Amtszeit endet im Herbst 2018, er kann aber aufgrund seiner Gesundheit jederzeit einen Entlassungsantrag stellen. Wann genau es dazu kommt, ist offen. A. Fröhlich/R. Ringelstein

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