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Nachsitzen. Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) im Grünen Klassenzimmer auf der Landesgartenschau in Beelitz.

© Laga Beelitz

Zeugnistag in Brandenburg: Schlechte Noten für die Politik

Am Mittwoch gab es Zeugnisse – nicht nur für Brandenburgs Schüler, sondern auch für Bildungsministerin Britta Ernst und die märkischen Bundestagsabgeordneten.

Potsdam - Endlich Ferien! Rund 298 600 Kinder und Jugendliche an 923 Brandenburger Schulen haben gestern ihre Zeugnisse bekommen. Auch für die Politik gab es am Mittwoch Noten. Ein Überblick über die Ergebnisse. 

Wie haben Brandenburgs Abiturienten abgeschnitten? 

Ihre Abschlusszeugnisse haben die Brandenburger Abiturienten schon vor ein paar Wochen bekommen – und viele von ihnen mit guten Zensuren. Die Durchschnittsnote bei den gut 9600 Prüfungen liegt bei 2,1 – nach 2,2 im vergangenen Jahr und 2,3 in den Vorjahren, teilte das Bildungsministerium am Mittwoch mit. In Mathematik verbesserten sich die Ergebnisse leicht, in Deutsch wurden sie etwas schlechter. 379 Schülerinnen und Schüler machten ein Einser-Abitur, das war ein Anteil von 4,16 Prozent. Der Anteil der abgelegten Prüfungen mit der Abschlussnote 1,0 lag im vergangenen Jahr bei 3,7 Prozent und in den Vorjahren zwischen 2,44 und 2,56 Prozent. Der Anteil der bestandenen Abi-Prüfungen sank mit 94,64 allerdings ganz leicht gegenüber dem Vorjahr (95,50 Prozent). 

Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) sagte, der aktuelle Jahrgang habe wegen der Corona-Maßnahmen besondere Rahmenbedingungen auf dem Weg zum Abitur gehabt. „Die Schülerinnen und Schüler haben diese Phase selbstorganisiert und eigenverantwortlich genutzt, um sich langfristig auf die Prüfungen vorzubereiten, die Vorbereitung wurde durch die Lehrkräfte intensiv unterstützt und begleitet“, so Ernst. 

Zudem wurden wegen der Corona-Einschränkungen die Prüfungsanforderungen angepasst. In Deutsch, Englisch und Französisch wurden durch die Schulen mehr Prüfungsaufgaben zur Auswahl gestellt. In Mathematik gab es mehr Wahlmöglichkeiten bei den Prüfungsschwerpunkten, in den natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern wurden die Prüfungsschwerpunkte konkretisiert. Für alle Prüfungen wurde den Abiturienten zudem 30 Minuten mehr Zeit gegeben. 

Wie wird die Leistung von Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) bewertet?

Die Brandenburger FDP – seit 2014 nicht mehr im Landtag vertreten und an keinen politischen Entscheidungen beteiligt – würde Britta Ernst am liebsten in die Dauerferien schicken. Die Liberalen forderten am Mittwoch den Rücktritt der SPD-Politikerin – „anlässlich der Versäumnisse in der brandenburgischen Bildungspolitik der letzten Jahre“. Nur so sei mit dem neuen Schuljahr auch ein Neustart der Bildungspolitik möglich, erklärte FDP-Generalsekretär Jeff Staudacher, der Lehrer ist. Die misslungene Kitarechtsreform, das organisatorische und kommunikative Versagen während der Corona-Pandemie und der aus dem Missmanagement resultierende Lehrermangel seien nur die Spitze des Eisberges. 

„Britta Ernst sollte im Interesse der jungen Menschen und Eltern dieses Landes den Weg freimachen für eine engagierte Bildungspolitik“, so Staudacher. Der Betreuungsschlüssel in den Kitas müsse endlich gesenkt werden. Um den Lehrermangel zu bekämpfen, seien kurzfristig eine Anwerbekampagne und ein solides Qualifizierungsprogramm für Seiteneinsteiger nötig. Langfristig müsse der Lehrerberuf durch leistungsbezogene Prämien, mehr Aufstiegsmöglichkeiten und ein duales Lehramtsstudium attraktiver gemacht werden. In der Vergangenheit hatten bereits die AfD-Fraktion im Landtag und der Cottbuser Kreiselternrat Ernsts Rücktritt gefordert. Die Regierungskoalitionen aus SPD, CDU und Grünen stellten sich aber hinter Ernst. Auch die oppositionelle Linke kritisiert zwar Ernsts Kurs, beispielsweise beim Stopp der Kitareform, ein Rücktritt löse aber die Probleme nicht, hieß es immer. 

Der Landeskitaelternbeirat stellt Ernst und der gesamten Landesregierung bildungspolitisch am Mittwoch ein mieses Zeugnis aus – ohne aber personelle Konsequenzen zu fordern. Die Vertreter der Eltern von fast 200 000 Kita-, Kindertagespflege- und Hortkindern in Brandenburg „sehen zurück auf ein weiteres Jahr ungenutzter Chancen, verpasster Möglichkeiten und neuer Ausreden“, heißt es in einer Mitteilung. Das versprochene zweite beitragsfreie Kitajahr sei verschoben worden, die leichte Personalverbesserung in den Krippen mache sich nicht bemerkbar. 

Die Kitarechtsreform, die unter anderem die Finanzierung der Einrichtungen klarer regeln sollte, sei „mit fadenscheinigen Argumenten“ (die Landkreise klagten über Überlastung) abgebrochen worden. „Es wurde die Verschiebung des Einschulungsstichtags von Ende September auf Ende Juni abgesagt. Weiterhin werden Fünfjährige automatisiert eingeschult und 15-Jährige finden erschwert eine Ausbildung“, zählen die Elternvertreter weiter auf. 

Welche Noten bekommen Brandenburgs Bundestagsabgeordnete? 

Britta Ernst kann sich trösten: Ihr Mann, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bleibt auch sitzen. Wie in jedem Jahr stellte die Dialogplattform abgeordnetenwatch.de Brandenburgs Bundestagsabgeordneten zum Schuljahresende ein Zeugnis aus. Die beiden Promis des Potsdamer Wahlkreises 61, Olaf Scholz und Annalena Baerbock (Grüne), bekommen von den Onlineanalytikern eine 6 und stehen ganz unten auf der Brandenburger Politikerklassenliste. Das könnte daran liegen, dass die beiden Mitglieder der Bundesregierung gerade zeitlich sehr gefordert sind. 

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Bei AfD-Politiker Alexander Gauland, ebenfalls in Potsdam wohnhaft, dürfte die 6 andere Gründe haben: Vermutlich hat er die Digitalisierung verschlafen. Denn die Plattform zählt für ihre Bewertung, wie viele Bürgeranfragen die Abgeordneten auf dieser beantworteten: Baerbock, Scholz, Gauland, aber auch Wiebke Papenbrock (SPD) aus Neuruppin und Jens Koeppen (CDU) aus der Uckermark keine einzige. Annalena Baerbock steht ganz unten auf der Liste, weil sie mit 244 mit Abstand die meisten Anfragen bekam, bei Scholz waren es 191. Fragen an Koeppen und Gauland hatten nur jeweils sieben Bürger, Papenbrock ließ die Antworten auf drei Anfragen offen.  

Klassenprimus ist die SPD-Abgeordnete Ariane Fäscher aus dem Wahlkreis Oberhavel-Havelland II, die erst seit 2021 im Bundestag sitzt und alle 41 Anfragen beantwortete. Auf Platz zwei folgt die Potsdamerin Linda Teuteberg. Auf elf Anfragen reagierte die Liberale, die beim Bundestagswahlkampf in Potsdam und dem Umland direkt gegen Scholz und Baerbock angetreten war. 

Insgesamt zehn Mal vergab abgeordnetenwatch.de die Spitzennote 1 an märkische Bundestagsabgeordnete. Jeweils drei Mal wurden die Noten 2 und 3 vergeben, je zwei Mal „ausreichend“ und „mangelhaft“. Insgesamt schneiden die 25 Brandenburger Bundestagsmitglieder schlechter ab als die märkischen Abiturienten. Die Durchschnittsnote liegt bei 2,9. Bei der letzten Zeugnisvergabe 2021 schafften die Politiker noch einen Durchschnitt von 2,3. 

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