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Bernaus Bürgermeister André Stahl.

© Bernd Settnik/dpa

Zeichen gegen Ausgrenzung: Bernau will Hexen rehabilitieren

Vor 400 Jahren gehörte nicht viel dazu, als Hexe oder Zauberer verfolgt zu werden und auf dem Scheiterhaufen zu landen. Bernau versucht Jahrhunderte später, ihnen Würde und Ehre zurückzugeben.

Bernau - Wiedergutmachung nach 400 Jahren: Die Stadt Bernau hat per Beschluss die Opfer der Hexenverfolgung rehabilitiert. "Auf der letzten Stadtvertreterversammlung ist die Entscheidung so getroffen worden", erklärte Bürgermeister André Stahl (Linke) am Mittwoch. Zuvor hatte die "Märkische Oderzeitung" berichtet. "Die Rehabilitierung der unschuldig gequälten und hingerichteten Opfer ist ein Akt im Geiste der Erinnerung und Versöhnung", heißt es im Beschluss der Stadtverordneten, den mehrere Fraktionen beantragt hatten. Seit 2005 steht neben dem Henkerhaus ein Denkmal für die Opfer der Hexenverfolgung in Bernau.

Ein Zeichen gegen Feindseligkeiten und Vorurteile

Bernau habe sich in der ethischen Verpflichtung gesehen, den Opfern und ihren Familien im Namen der Menschenrechte ihre Ehre zurückzugeben, erklärte der Historiker Sören-Ole Gemski. Er sitzt für Die Linke im Stadtparlament und hat die Rehabilitierung federführend vorangetrieben.

"Ausgrenzung und Diskriminierung sind heute aktueller denn je. Deshalb war es so wichtig, nach all den Jahrhunderten ein Zeichen gegen Feindseligkeiten und Vorurteile, Gerüchte und Verdächtigungen zu setzen", betonte Gemski. Diese Ansicht vertraten im Stadtparlament nicht alle. Die Hexenverfolgung sei Jahrhunderte her. Es gebe drängendere Probleme, hieß es. Deshalb stimmten drei Abgeordnete mit Nein, acht enthielten sich. "Zum Glück stimmten 23 Abgeordnete fraktionsübergreifend zu", so Gemski.

Bernau war ein Zentrum der Hexenverbrennungen

"Soweit nach Aktenlage bekannt ist, wurden in Bernau von 1536 bis 1658 etwa 25 Frauen und drei Männer als Hexen oder Zauberer verbrannt. Vermutlich war die Zahl aber größer", erklärte Gemski. Im Jahr 1617 - also vor genau 400 Jahren - gab es den Erkenntnissen zufolge einen Höhepunkt der Verfolgungswelle. "Bernau war - wenn man es so will - ein Zentrum der Hexenverbrennungen", ergänzte er. In Eberswalde zum Beispiel habe man sich damit begnügt, eine beschuldigte Frau einfach aus der Stadt zu jagen. Für Berlin sei kein Fall belegt, wo Hexen verbrannt wurden.

"In Bernau muss es sehr scharfe Ratsleute gegeben haben, die die Hexenverbrennung so nach vorne getrieben haben", vermutete Gemski. So genau wisse man das noch nicht. «Wir haben aber schon historische Akten aus der Zeit in Archiven ausgespürt." Der Chef des Bernauer Heimatmuseums, Bernd Eccarius, sei an dem Thema aber dran, um den oder die benennen zu können, die das grausame Schauspiel in der märkischen Kleinstadt befeuert hätten.

"Sie auf dem Marktplatz zu verbrennen, war zu gefährlich, weil alles aus Holz war"

Wo genau die angeblichen Hexen in Bernau hingerichtet wurden, wisse man nicht mehr. "Sie auf dem Marktplatz zu verbrennen, war zu gefährlich, weil alles aus Holz war. Außerdem wollte man die Hexen ja aus der Stadt haben", erklärte Gemski. Der 62-Jährige vermutet, das man sie auf dem Galgenberg oder in der sogenannten Waschspüle getötet hat.

Dass man dennoch heute einiges über die grausige Zeit weiß, verdanke man übrigens dem Stadtchronisten und Theologen Tobias Seiler. "Er hat 1736 eine Stadtchronik verfasst und in einem Abschnitt die bewegendsten Kriminalfälle aufgelistet", erklärte Eccarius.

Bernau ist nach Gemskis Angaben nicht die erste Stadt, die Opfer der Hexenverfolgung rehabilitiert hat. Auf Betreiben des Pfarrers Hartmut Hegeler sei vor allem im süddeutschen Raum vieles passiert, unterstrich der Historiker. (dpa)

Georg-Stefan Russew

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