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Brandenburg: Wolfgang Kubicki und der Wolf

FDP-Politiker plädiert für den Abschuss der Wildtiere und hat im Auftrag des Brandenburger Bauernbundes ein Gutachten verfasst

Von Sandra Dassler

Leibsch/Potsdam - In diesem Winter hat Frank Michelchen seinen Jagdschein gemacht. Dabei ist er Biolandwirt. In Leibsch im Unterspreewald hält er etwa 50 Kühe, nebst Kälbern und Jungrindern. Vor Wölfen war ihm nie bange – bis zum Mai 2016. Da fehlte ihm ein Kälbchen. Er fand die Überreste in der Nähe des Zauns. „Da war nur noch ein wenig Fell, die Wirbelsäule und das Köpfchen übrig“, erzählt Michelchen. Wie andere Weidetierhalter hatte auch er die von den Behörden empfohlenen Schutzmaßnahmen ernst genommen – und die Erfahrung gemacht, dass die schlauen Wölfe alle Hindernisse überwanden.

Seither engagiert sich Michelchen im Bauernbund gegen den strengen Schutzstatus für den Wolf. Er und seine Kollegen haben Wolfswachen abgehalten und Proteste vor dem Landtag organisiert, sich vernetzt und dabei offenbar auch auf politischer und juristischer Ebene Verbündete gefunden.

Für den heutigen Freitag hat der Bauernbund zu einem Pressegespräch auf den Hof von Michelchen geladen und will dort mit einem prominenten Gast aufwarten. Der soll erklären, weshalb und unter welchen Voraussetzungen es bereits heute zulässig sei, Wölfe zu töten. In der Einladung zur „Notwehr gegen Wölfe“ heißt es: „Ein entsprechendes Gutachten des renommierten Strafrechtlers und Bundestagsabgeordneten Wolfgang Kubicki liegt uns inzwischen vor.“ Ja, es geht um den FDP-Politiker aus Kiel.

Im Potsdamer Agrarministerium gibt man sich gelassen: „Wir sind gespannt, wie das Gutachten eine Möglichkeit begründen will, die streng geschützten Tiere legal zu töten“, sagte Sprecher Jens-Uwe Schade dieser Zeitung. „Niemand bestreitet, dass es einen Konflikt zwischen dem Anstieg der Wolfspopulation und den berechtigten Interessen der Weidetierhalter gibt. Hier werden bundesweit bereits viele Lösungsvorschläge geprüft. Selbstjustiz wird aber ganz sicher nicht der Weg sein.“

Doch die Selbstjustiz gibt es längst, sagen einige Jäger und Landwirte. Auf der Internetseite der Wolfsgegner wird behauptet, dass viele bereits nach der Methode „Schießen, schippen, schweigen“ handelten. Sprich: Wölfe würden – unter anderem auch durch im Wald angepflockte Schafe oder absichtlich schlecht geschützte Herden – angelockt und dann erschossen, die Kadaver vergraben.

Im Landesumweltamt hält man das für eine maßlose Übertreibung. Das seien absolute Ausnahmen, die streng verfolgt würden, so Sprecher Thomas Frey. „Ich finde es nicht sehr hilfreich, wenn man immer wieder die zugespitzte Konfrontation sucht, statt sich sachlich mit den Problemen auseinanderzusetzen."

Bauernbund-Geschäftsführer Reinhard Jung kontert, dass man dies seit Jahren vergeblich versuche. Die sogenannten Wolfsfreunde seien für sachliche Argumente nicht zugänglich. „Für grüne Eiferer ist die Ausbreitung der Wölfe eine Mission, die Natur zu retten“, sagt Landwirt Jung: „Tatsächlich gefährden sie damit die Natur.“ Ähnlich hatte die FDP, die eine Bejagbarkeit der Wölfe fordert, bei einer Bundestagsdebatte debattiert, in der auch Wolfgang Kubicki das Wort ergriff. Sandra Dassler

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