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Mehr Geld für die Kultur. Das Staatstheater Cottbus ist das einzige staatliche Theater in Brandenburg. Die Theater- und Orchesterlandschaft soll laut Woidke auf gesicherte Füße gestellt werden. Die Trägerstädte sollen „mehrere Millionen Euro mehr“ erhalten.

© Patrick Pleul/dpa

Brandenburg: Woidke verdoppelt Einsatz

Rot-Rot will 400 Millionen Euro Landesgeld für die Kreisreform zur Verfügung stellen. Cottbus, Frankfurt und Brandenburg sollen die Hälfte ihrer Schulden abgenommen bekommen

Cottbus - Trotz Flüchtlingskrise, Widerständen und Ablehnung in der Bevölkerung: In Brandenburg hält die von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführte rot-rote Regierungskoalition an der umstrittenen Kreisgebietsreform fest, bei der es ab 2019 in Brandenburg noch maximal neun Regionalkreise und Potsdam als künftig einzige kreisfreie Stadt geben soll. Das hat Woidke am Samstag auf einem Reformkongress in Cottbus bekräftigt. Dem Land gehe es gut wie nie, der Zeitpunkt für die aus demografischen Gründen zwingend nötige Reform sei „perfekt“, sagte Woidke. Ohne die Reform würde die erfolgreiche und stabile Aufwärtsentwicklung Brandenburgs gefährdet. „Ich sage als Ministerpräsident klipp und klar: Dieses Risiko dürfen wir nicht eingehen. Nicht hadern, handeln!“

Woidke versprach, dass das Land alle Kosten der Reform übernehmen werde, die „kostendeckende Finanzierung sichergestellt“ wird, „Kreise nicht auf den Kosten sitzen bleiben“. Finanzminister Christian Görke (Linke) kündigte an, dass Brandenburgs Regierung „400 Millionen Euro Landesgeld bereitstellen wird, um die Herausforderungen zu schultern“. Nach PNN-Informationen sollen weitere 200 Millionen Euro aus sogenannten kommunaler Verbundmasse hinzukommen, also aus dem Gemeindefinanzierungsetat im Landeshaushalt. „Solche Summen sind bisher in keinem Land bereitgestellt worden, um zukunftsfeste Strukturen auf den Weg zu bringen“, betonte Görke.

Der Regierungschef, der sich zum wichtigsten Reformprojekt seiner Regierung bislang öffentlich zurückgehalten hatte, die Vorbereitungen weitgehend seinem Innenminister Karl Heinz Schröter (SPD) überließ, äußerte sich in Cottbus nun erstmals ausführlich zu seinem Kurs – und auch zu den mittlerweile präzisierten Regierungsplänen. Dabei ließ Woidke keinen Zweifel daran, dass die Städte Cottbus, Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder) ihre Kreisfreiheit verlieren. Diese Botschaft war eindeutig: Da gibt es keine Bewegung, kein Wackeln.

Als Grund führte Woidke die hohe Verschuldung der drei Städte an, die bislang „mehr als eine halbe Milliarde Euro Kassenkredite haben, zwei Drittel der kommunalen Schulden im Land“. Er sagte nun erstmals konkret, wie die finanzielle Entlastung aussehen soll. Das Land werde Brandenburg, Cottbus und Frankfurt „die Hälfte dieser Schulden abnehmen“, sagte Woidke, das wären also 250 Millionen Euro. „Das Angebot liegt auf dem Tisch. Es höchste Zeit, sie von der Last zu befreien, damit sie wieder Luft zum Atmen bekommen.“ Die Ängste der Städte vor Bedeutungsverlusten seien unbegründet. Nach seinen Worten sollen die drei Städte die künftigen Kreissitze der Regionalkreise sein, „Cottbus als Hauptstadt der Lausitz, Brandenburg als Hauptstadt des Havellandes, Frankfurt als Hauptstadt der Oderregion“. Im Zuge der Reform soll nach Worten Woidkes auf Grundlage eines Konzeptes der scheidenden Kultur- und Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (SPD) die Theater- und Orchesterlandschaft langfristig auf gesicherte Füße gestellt werden. Die Trägerstädte Frankfurt, Cottbus und Brandenburg sowie Schwedt und Senftenberg würden „mehrere Millionen Euro mehr“ für Theater und Orchester erhalten.

Kompromissbereitschaft signalisierte Woidke an einem einzigen Punkt: bei der Richtgröße für die neuen Kreise, die nach dem Regierungs-Entwurf für das Leitbild zur Kreisreform im Regelfall mindestens 175 000 Einwohner haben sollen. „Ob wir das noch einmal lockern, will ich nicht ausschließen.“ Und zwar dann, wenn dann Gebiete nicht zerschnitten werden müssten, was auf die Prignitz hinausläuft.

Ausdrücklich begrüßte Woidke, dass sich die CDU als größte Oppositionspartei „in der Debatte um die Reform zurückgemeldet“ habe. Die CDU hatte letzte Woche ein eigenes Konzept dafür vorgelegt. Es setzt auf Zwangskooperationen der bestehenden 14 Kreise und vier kreisfreien Städte, die alle erhalten bleiben könnten. CDU-Kommunalexperte Sven Petke sah diesen Ansatz auf dem Reformkongress bestätigt. „Es gibt alternative Modelle.“ Aber der Kongress sei, so Petke, dennoch eine „Farce“ gewesen, denn die Messen bei der Reform seien längst gesungen in der „gelenkten Brandenburger Demokratie“. Die rot-rote Regierung betreibe „eine Reform aus dem vorigen Jahrhundert, ohne die nötige Flexibilität für das 21. Jahrhundert“. Dort hatte Utz Schliesky, der Direktor des Landtags Schleswig-Holstein und Wissenschaftler an der Uni Kiel, ein ähnliches Alternativmodell wie das der Union präsentiert. Gebietsbezirke und Verwaltungen müssen nicht deckungsgleich sein, sagte Schliesky. Man könne auch kreisübergreifende Verwaltungsgemeinschaften bilden, eine Art „Ämtermodell auf Landkreisebene“. Auf diesem Weg könnten die kreisfreien Städte erhalten bleiben.

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