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Dietmar Woidke, seit 2013 Ministerpräsident von Brandenburg und SPD-Chef, jetzt machte er unzulässig Wahlkampf für einen Parteifreund.  

© Sören Stache/dpa

Woidke nach Wahlwerbung unter Druck: Freie Wähler fordern Fair-Play-Kommission

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) machte SPD-Wahlkampf bei der Bürgermeisterwahl in Neuruppin. Hat der Verstoß gegen das Neutralitätsgebot für Regierungsmitglieder Konsequenzen?

Potsdam/Neuruppin - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gerät im Landtag unter Druck. Mit seiner Wahlkampfhilfe für den am Ende erfolgreichen SPD-Bürgermeisterkandidaten Nico Ruhle in Neuruppin hatte er gegen das Neutralitätsgebot für Regierungsmitglieder verstoßen. Der Woidke-Fall wird nun im Hauptausschuss des Parlaments ein Nachspiel haben. 

Linke wollen Missbilligung für Staatskanzlei 

Linke und Grüne, Freie Wähler und CDU haben inzwischen scharfe Kritik geübt. "Wir streben eine Missbilligung der Staatskanzlei an", sagte Linke-Oppositionsführer Sebastian Walter am Dienstag.  "Es bedarf eines klaren Signals, so etwas künftig zu unterlassen." Aus Sicht Walters zeigt sich zum wiederholten Male die "Arroganz der Macht der SPD". Nach 30 Jahren Regierungsbeteiligung sollte die SPD nach seinen Worten gelernt haben, was Regierungsmitglieder dürfen und was nicht. Es müsse eine klare Trennung zwischen Regierungsamt und Wahllkampf geben. "Jede Partei hat Lehrgeld gezahlt - wir auch." Damit spielte Walter auf den früheren Linke-Finanzminister Christian Görke (Linke) an, der wegen eines ähnlichen Verstoßes in der rot-roten Regierungszeit in die Schusslinie geraten war. 

Auch die Freien Wähler, die in Neuruppin den SPD-Kandidaten unterstützt hatten, distanzieren sich von dem Verstoß gegen das Neutralitätsgebot. "Was nicht geht, ist, dass der Ministerpräsident Wahlkampf als Ministerpräsident macht." 

Freie Wähler: Brandenburg braucht Fair-Play-Kommission

Die Freien Wähler fordern eine neue Fair-Play-Kommission des Landtages, die in solchen Fallen eingreifen und bei Verstößen auch das Recht haben soll, Ordnungsgelder zu verhängen - in fünfstelliger Höhe. "Es ist ein systemisches Problem in diesem Bundesland", sagte Fraktionschef Peter Vida. "Es ist kein Kavaliersdelikt." Die Wahkampfhilfe Woidkes sei ein Verstoß gegen die eindeutige Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes.

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Am Tag vor der Stichwahl in Neuruppin waren in den beiden Lokalzeitungen in Neuruppin und in einem Anzeigenblatt jeweils eine Anzeige auf der Titelseite erschienen, mit dem Parteilogo der SPD, der Kandidat Ruhle und Dietmar Woidke. Letzterer aber nicht als Vorsitzender des SPD Brandenburg, sondern als Ministerpräsident – ein klarer Verstoß. Auch in sozialen Medien war solche Werbung veröffentlicht worden. Zitat: „Ich schätze Nico Ruhle als ideenreichen und verlässlichen Partner mit Bürgermeisterqualitäten. Dr. Dietmar Woidke, Ministerpräsident des Landes Brandenburg.“  

Ein Versehen?

Für zusätzliche Empörung im Woidke-Fall sorgen Aussagen von SPD-Fraktionschef Erik Stohn, der von einem Versehen gesprochen hatte: „Das ist einfach übersehen worden. Es wurde nach Hinweisen umgehend aus dem Netz genommen.“ 

Der Fall hat auch für Spannungen in der Kenia-Koalition gesorgt, die im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und Grünen klar vereinbart hatte. "Die Landesregierung wird bei ihrer Arbeit konsequent zwischen regierungsamtlichem Handeln und wahlwerbender Öffentlichkeitsarbeit unterscheiden.“ CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagte, er sehe keinen Vorsatz Woidkes, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen. "Die Arbeitsebene der SPD hat zu wenig Problembewusstsein gezeigt." Es sei nun auch keine angenehme Situation für den Regierungschef, so in die Kritik geraten zu sein, bemerkte Redmann. "In einer Zeit, wo Extremisten die Legitimation demokratischer Wahlen in Frage zu stellen." Die Grünen machen den Fall zum Thema im nächsten Koalitionsausschuss. "Wir sind nicht glücklich über das Eingreifen des Ministerpräsidenten. Das ist der Grund, weshgalb wir das Thema weiter vertiefen müssen", sagte Fraktionschef Benjamin Raschke. Auf die Frage, ob sich Ministerpräsident Woidke entschuldigen sollte, antwortete Raschke so: "Das muss der Herr Ministerpräsident selbst entscheiden."

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