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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

© dpa

Woidke gegen „totalen Lockdown“: Brandenburg vor schwerer Corona-Weihnachtszeit

Im Land nehmen die Proteste gegen eine Impfpflicht-Proteste zu, die Zahl der Covid-Patienten auf den Intensivstationen steigt.

Potsdam - In der Corona-Krise steuert Brandenburg auf eine dramatische Weihnachtszeit zu. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) schließt nicht aus, dass wegen überfüllter Intensivstationen Patienten in andere Staaten Europas ausgeflogen werden müssen, wofür es bereits Hilfsangebote gab. „Ich kann nicht ausschließen, dass wir solche Angebote annehmen müssen“, sagte Woidke am Dienstag nach einer Sitzung des Kenia-Kabinetts aus SPD, CDU und Grünen. Es beschloss angekündigte Corona-Verschärfungen, die ab heutigem Mittwoch bis zum 11. Januar gelten. Einen „totalen Lockdown“ lehnt Woidke ab, da der Geimpfte gleichermaßen treffen würde. Zugleich nehmen im Land Proteste und Umzüge gegen Einschränkungen für Ungeimpfte und die angekündigte Impfpflicht zu.

Laut Innenminister Michael Stübgen (CDU) gibt es inzwischen fast in jeder Stadt diese Demonstrationen. Vor allem die AfD ruft zu solchen „Spaziergängen“ auf. Innerhalb einer Woche hat es laut Polizeipräsidium 70 solcher Aufzüge und Versammlungen gegeben, die Hälfte unangemeldet. Stübgen appellierte an Initiatoren, Veranstaltungen anzumelden, damit die Polizei diese sichern könne, auch um Verkehrsunfällen vorzubeugen. Die Polizei werde die Demonstrationsfreiheit schützen, „aber auch Recht und Ordnung, die Einhaltung der Hygiene- und Corona-Regeln durchsetzen“, sagte er. 

Maskenpflicht bei allen Demonstrationen

Ab sofort gilt bei allen Demos die Maskenpflicht. Stübgen verteidigte die Entscheidung, dass ab jetzt maximal 1000 Teilnehmer unter freiem Himmel demonstrieren dürfen. „Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung hat oberste Priorität“, sagte er. „Massenansammlungen über 1000 Personen sind nicht verantwortbar.“ Wer das Demonstrationsrecht missbrauche, „um Drohungen oder Gewalt gegen Personen oder Sachen auszuüben, wird die klare Reaktion des Rechtsstaats spüren.“

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Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die zunehmenden Demonstrationen mit Sorge. „Das belastet die Einsatzkräfte“, sagte Jörg Göhring, GdP-Vizelandeschef. Die Aggression der Teilnehmenden nehme zu. „Es ist eine schwierige Gemengelage: Einerseits müssen wir die Versammlungsfreiheit gewährleisten, auf der anderen Seite müssen wir Kolleginnen und Kollegen und Bürgerinnen und Bürger schützen.“ So war jüngst in Rathenow bei einem Aufzug ein Polizist verletzt worden. In Cottbus hatten nach Angaben der Polizei letzten Samstag 3500 Menschen an einer Demo gegen die Corona-Politik teilgenommen. Allein am Montag registrierte die Polizei im Land 31 Versammlungen – darunter eine in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) mit rund 850 Menschen.

Gesundheitsämter am Limit

Unterdessen gerät das Gesundheitswesen des Landes an Grenzen. Der Kreis Barnim meldete am Dienstag, dass wegen rasant steigender Corona-Fälle das Gesundheitsamt Kontakte nicht mehr regulär nachverfolgen könne. Das geschieht nur noch für Kinder und Jugendliche sowie Senioren. Zuvor waren bereits Gesundheitsämter im südlichen Landkreis Elbe-Elster ans Limit geraten. Am Vortag hatte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) von einer sehr wahrscheinlich „deutlichen Untererfassung“ von Corona-Fällen gesprochen. Das nach ihren Worten „Hochinzidenzland Brandenburg“ hat nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt trotz frühzeitiger Einschränkungen seit Wochen mit der größten Geschwindigkeit bei der Ausbreitung des Corona-Virus zu kämpfen. Die Mark liegt bei der Sieben-Tage-Inzidenz (Dienstag: 642,6) bundesweit auf Platz 4 aller 16 Bundesländer. Die Zahlen stabilisieren sich, gehen aber nicht signifikant zurück.

Unterdessen füllen sich die Krankenhäusern des Landes weiter mit Covid-19-Patienten. Es seien heute 40 Prozent mehr als vor 14 Tagen, warnte Woidke. Am Dienstag waren landesweit 28,3 Prozent der verfügbaren Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt, im Gebiet Lausitz-Spreewald 36,1 Prozent. Aus dem Süden das Landes waren zuvor die ersten Patienten nach Berlin und Nordrhein-Westfalen ausgeflogen worden. Auf Intensivstationen liegen laut Gesundheitsministerium derzeit 204 Covid-Patienten, von denen 156 beatmet werden. Landesweit meldete das Corona-Lagebild nur 82 freie Intensivbetten.

Bei den Schutzimpfungen mahnte Nonnemacher eine bundesweit einheitliche Booster-Linie für den Abstand zwischen der zweiten und dritten Corona-Impfung an. Die Gesundheitsminister:innen der Länder beschlossen am Abend gemeinsam mit dem neuen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dass für dreifach Geimpfte künftig die Testpflicht entfällt. Lauterbach informierte am Dienstag über einen drohenden Impfstoffmangel für das nächste Jahr. Der neue Expertenrat der Bundesregierung will bis Ende des Jahres Empfehlungen zum Umgang mit der neuen Omikron-Variante geben. (mit dpa)

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