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Bereit für den Anstoß. Anja Marx hält auf der Fanmeile die Stellung.

© Kai-Uwe Heinrich

WM 2018 in Berlin: Betonpoller schützen die Fanmeile

Die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni ist für den Ansturm von 250.000 Fans gerüstet. Neu sind Betonpoller und verschärfte Zugangskontrollen durch das LKA.

Die Staatsmacht rückt mit einem dunkelblauen Rucksack an. Plötzlich steht der gedrungene Mann mit den grauen Haaren und dem mächtigen Schnauzbart vor Anja Marx, seine Unterlagen hängen um die Schultern. Da nicht sofort klar wird, was er eigentlich will, wird er deutlicher: „Ich bin vom Landeskriminalamt, ich muss die Ausweise überprüfen.“

Okay, alles klar, Anja Marx begleitet ihn zu einem Büro. Dann taucht sie wieder auf, setzt sich an eine Bierbank am Eingang Nord der Fanmeile und sagt: „Das ist quasi auch neu. So eine LKA-Überprüfung hatten wir erstmals bei der Silvestermeile 2017.“

Anja Marx ist Sprecherin des Veranstalters der Fanmeile, der Firma KIT Group, eine Frau, die Turnschuhe ohne Schnürsenkel trägt und ungemein gelassen wirkt. Vielleicht liegt es daran, dass in den letzten Stunden vor der Eröffnung nicht mehr viel schiefgehen kann. Vor ihr befestigt ein Mann mit mächtigen Oberarmen, Walrossbart und wilden Tätowierungen ein Sponsoren-Logo an einem Zaun. Eine Frau, die lässig mit einem Schlüsselbund spielt, spaziert vorbei, sagt zu dem Typen mit den Tätowierungen grinsend „gut aufpassen“ und verschwindet dann im Gewirr von Kabeln, Buden und Fahrzeugen.

Vielleicht liegt die Gelassenheit aber auch daran, dass die meisten Leute, die hier arbeiten, seit Jahren die Fanmeile aufbauen. Sie kennen den Ablauf, sie kennen die Probleme, sie arbeiten routiniert. Es sind fast immer die gleichen Firmen, die hier Aufträge erhalten. Auch für die WM 2018.

Aber jemanden vom LKA hatten sie noch nie in der Fanmeile. Der Beamte prüft jetzt die Ausweise der 500 Ordner, die hier arbeiten, er prüft auch die Ausweise der Journalisten, die sich akkreditiert haben. Bei der Silvestermeile, auch von KIT veranstaltet, hat das LKA eine Handvoll Leute abgelehnt. Warum? „Keine Ahnung, das LKA teilt uns die Gründe nicht mit“, sagt Anja Marx.

Die Sicherheitslage wird ständig angepasst

Ach ja, und die Betonpoller, als Sperre gegen Autos oder Lastwagen, die sind auch neu. Die Sicherheitslage wird ja ständig angepasst. Ansonsten, die üblichen Sicherheitsmaßnahmen, kennt man ja. Keine Rucksäcke oder Koffer, Getränke nur in Plastikflaschen.

Aber noch döst am Eingang ein einsamer Security-Mensch, es wird ja noch geschraubt und gehämmert, ein bisschen jedenfalls, das meiste steht schon. Am meisten schuften sie noch ein paar Meter neben dem sowjetischen Ehrenmal. Hier wird jenes Tor aufgebaut, in das Mario Götze bei der Fußball-WM 2014 den entscheidenden Ball zum 1:0-Sieg der Deutschen geschossen hat. Das Originaltor. Es verstaubte in den Katakomben des Stadions von Rio. Eine Internet-Firma hat es nach Deutschland gebracht, jetzt wird es eine der Attraktionen der Fanmeile.

Gut, der schlaksige Mann mit schwarzem Bart weiß nun auch, wo das Tor steht, er hätte aber gerne gewusst, wo er seinen eigenen Stand aufbauen darf. Das fragt er auf spanisch Anja Marx, als die auf der Fanmeile an ihm vorbeikommt. Marx antwortet auf spanisch, dass ihm der Marktleiter das sagen könne. Bloß ist der gerade, sorry, nirgendwo zu sehen.

Erst zur K.o.-Runde werden alle Spiele gezeigt

Es gibt dutzende Stände auf der Meile, sie verkaufen Bier und Currywürste, Schals und Trikots. „Man kann hier gutes Geld machen“, sagt Anja Marx. „Aber das Wetter muss mitspielen und die deutsche Mannschaft. Scheidet die früh aus, kommen weniger Leute.“ Bis zu 250 000 Menschen haben Platz auf dem Areal, je nach Situation schließen Veranstalter und Polizei die Meile, wenn es zu voll wird. Am Sonntag um 13 Uhr eröffnet die Meile, aber erst zu Beginn der K.-o.-Spiele sind hier alle Partien zu sehen. Vorher nur die der Deutschen.

Bei Panik werden in Sekundenschnelle die Gitter weggeräumt, dann können die Massen in den Tiergarten entweichen. „Es gibt genügend Fluchtwege“, sagt Anja Marx. Die Schäden, niedergetrampelte Blumen und Sträucher, muss der Veranstalter bezahlen. „Aber Panik“, sagt Anja Marx, „hat es hier noch nie gegeben“. Und die Meile steht seit 2006.

Plötzlich klingelt ihr Handy. Es geht um ein Problem. Mit einer Bestellung ist etwas schiefgelaufen, mittlere Aufregung, aber letztlich wurde alles gut geregelt. Das erklärt Anja Marx nun am Telefon. Sie bleibt dabei gelassen wie gewohnt. „Ihr schuldet uns zwei Fässer Bier, ein Dutzend Currywürste und eine Herzmassage“, sagt sie und lacht.

Noch wenige Stunden bis zur Eröffnung.

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