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Brandenburg: Wirtschaft ist besorgt um guten Ruf

Kammern und Verbände kritisieren Stasifälle

Von Matthias Matern

Potsdam - Bei der Wirtschaft wächst die Sorge, Brandenburgs Ansehen könnte durch die Stasi-Enthüllungen in der rot-roten Landesregierung Schaden nehmen. Sechs von insgesamt 26 Abgeordneten der Linke-Landtagsfraktion haben für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gespitzelt. „So etwas bestimmt doch die Schlagzeilen. Imagefördernd ist das nicht“, sagte gestern der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostbrandenburg, Ulrich Müller, auf PNN-Nachfrage.

Unmittelbare Folgen erwartet Müller aber nicht. „Ich glaube nicht, dass ein Investor davon eine Entscheidung abhängig macht.“ Gesprächsthema sei der Zustand der Landesregierung in Wirtschaftskreisen allerdings schon. „Immer wieder wird man gefragt, was da in Brandenburg eigentlich los ist“, berichtete IHK-Präsident Müller. Bei der IHK in Cottbus beurteilt man die Situation ähnlich: „Das ist ohne Zweifel schädlich für das Land“, meint Hauptgeschäftsführer Wolfgang Krüger, der unter Ex-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) Staatssekretär im Landeswirtschaftsministerium war.

Im Potsdamer Kammerbezirk haben Unternehmer heute selbst die Gelegenheit, dem Regierungschef ihre Sorgen deutlich zu machen. Am Abend wird Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) auf der 40. Sitzung der Vollversammlung der Potsdamer Kammer sprechen. „Der Start der neuen Landesregierung war alles andere als optimal. Die regionale Wirtschaft erwartet, dass die Koalition die anstehenden Aufgaben für die Weiterentwicklung des Landes zügig anpackt“, schoss sich Hauptgeschäftsführer René Kohl gestern schonmal warm.

Aus der Sicht des Bauindustrieverbandes Berlin-Brandenburg ist jetzt vor allem Ruhe erforderlich. „Die Wirtschaft ist darauf angewiesen, dass die Politik nachhaltig und konstant arbeitet. Wir brauchen einen zuverlässigen Partner“, sagt Hauptgeschäftsführer Axel Wunschel. Vor allem von Geschäftsleuten aus den westlichen Bundesländern werde das Thema mit deutlichem „Unverständnis“ kommentiert.

Eine „schnelle und umfangreiche Aufklärung“ sei jetzt wichtig, forderte auch der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg, Christian Amsinck, gestern. „Einen Imageschaden hat es bereits gegeben.“ Dies sei umso bedauerlicher, da Brandenburg in den vergangenen fünf Jahren eine sehr gute Entwicklung genommen hat.

Bei den großen Unternehmen hielt man sich gestern mit Stellungnahmen zurück. Weder beim Windkraftanlagen-Hersteller Repower in Trampe, noch bei der Schwedter PCK Raffinerie oder dem Prenzlauer Solarmodule-Produzenten Aleo Solar wollte man sich äußern. Allerdings lägen die „Nerven derzeit blank“, hieß es in Wirtschaftskreisen. „Ich bin geschockt“, bestätigte gestern etwa Uwe Braun, Unternehmer und Präsident des Landessenats Brandenburg beim Bundesverband für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft. Bei Geschäftsleuten wachse die Sorge, alte, eingespielte Strukturen könnten künftig aus ideologischen Gründen blockiert werden. Ein Unternehmer habe bereits wegen der neuen Machtverhältnisse in Brandenburg eine Investition „auf Eis gelegt“, behauptete Braun. Matthias Matern

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