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Daumen hoch. Innenminister Karl-Heinz Schröter sieht beim Waldbrandschutz in Brandenburg nur wenig Verbesserungsbedarf. Wichtiger sei eine größere Anerkennung für die Freiwilligen Feuerwehren im Land.

© Andreas Klaer

Brandenburg: „Wir sind gut aufgestellt“ Innenminister Karl-Heinz Schröter über den Großbrand in Fichtenwalde, mangelnde Wertschätzung für die Feuerwehr und Folgen des Klimawandels

Herr Schröter, waren Sie mal Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr?Nein, aber ich bin Mitglied des Fördervereins der Freiwilligen Feuerwehr Hohen Neuendorf.

Herr Schröter, waren Sie mal Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr?

Nein, aber ich bin Mitglied des Fördervereins der Freiwilligen Feuerwehr Hohen Neuendorf. Ich hatte einfach nie die Zeit, mich zu engagieren. Ich bin mit 35 Jahren zum Landrat gewählt worden und war vorher mit Frau, Kindern und Haus ausgelastet. Bei meiner jetzigen 60 bis 70 Stunden Woche kann ich das leider nicht leisten.

Stehen Sie stellvertretend für viele Menschen im Land? Seit 2003 hat Brandenburg 12 000 freiwillige Feuerwehrleute verloren.

Es gibt sicherlich Menschen, die viel Zeit für die Arbeit einsetzen. Andere haben Verpflichtungen in der Familie oder im Ehrenamt. Es gibt aber auch Menschen, die sich in der Freizeit vieles gönnen. Da wird manchmal zu wenig an das Gemeinwohl gedacht. Das soziale Gefüge in Brandenburg und ganz Deutschland hat etwas nachgelassen. Es wäre schön, wenn wieder mehr bereit wären, sich helfend zu engagieren – nicht nur bei den freiwilligen Feuerwehren.

Einige Feuerwehrmänner klagten, dass die Arbeitgeber es ihnen erschweren würden. Dort stellt man Mitarbeiter nur ungern ab.

Kleine Firmen haben es nicht leicht, wenn Mitarbeiter ausfallen. Wir brauchen eine Würdigung des Ehrenamtes in der Gesellschaft und müssen auch in der Wirtschaft dafür werben, unsere Kameraden zu unterstützen. Wenn der Brandschutz nicht funktioniert, hat auch kein Unternehmen eine vernünftige Grundlage. Niemand möchte sich wirtschaftlich ansiedeln, wenn dort nicht gelöscht wird.

Stichwort Wertschätzung: Was kann die Politik dafür überhaupt machen?

Erziehung beginnt im Elternhaus und setzt sich in Kita und Schule fort. Da müssen wir ansetzten. Wir müssen den Menschen im Land klarmachen, welche Bedeutung die Freiwillige Feuerwehr hat. Wenn das in jedem Kopf angekommen ist, dann wird man sich gegenüber den Feuerwehrleuten im Einsatz anders verhalten. Es ist für mich unerträglich, wenn auf Autobahnen keine Rettungsgassen gebildet werden, wenn Feuerwehrleute beim Einsatz behindert werden, wenn Gaffer Fotos machen. Noch ist nicht in allen Köpfen angekommen, wie wichtig diese Arbeit ist. Außerdem müssen wir über finanzielle Zuwendung als Würdigung nachdenken.

Sie unterstützen die Idee von Prämien?

Ja, da sind wir im Ministerium auf einem guten Weg. Ich gehe davon aus, dass wir noch in diesem Jahr darüber im Landtag diskutieren werden.

In Fichtenwalde gibt es nächstes Wochenende immerhin ein großes Helferfest. Wie bewerten Sie die Löscharbeiten dort?

Zunächst mein herzlicher Dank an alle Kräfte, die mitgeholfen haben. Ich war zwar im Urlaub, aber nach meiner Kenntnis ist es sehr gut gelaufen. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verantwortlichen hat funktioniert und es wurde professionell gelöscht. In der Stunde der Gefahr sind die Menschen zusammengerückt.

Der Einsatzleiter Jens Heinze kritisierte, dass viele Einsatzkräfte kein ausreichendes Waldbrand-Wissen hatten und sich dadurch in Gefahr gebracht haben.

Natürlich gehört die Waldbrandbekämpfung zur Ausbildung eines Feuerwehrmannes, aber nicht jeder Feuerwehrmann hat schon einen Waldbrand bekämpft. Oft kommt die Feuerwehr bei Verkehrsunfällen, Wohnungsbränden und auch als Unterstützung zum Einsatz. Große Waldbrände sind eher die Ausnahme.

Durch den Klimawandel wird es aber vermutlich häufiger brennen.

Es hat sich etwas verändert. Früher haben wir die höchste Waldbrandstufe nur im Juli und August erreicht, nun gibt es das schon im Mai. Darauf müssen wir reagieren. Vielleicht müssen wir die Waldbrandausbildung intensivieren. Professionalität entsteht aber nicht nur durch die Erstausbildung. Wissen muss auch immer wieder aufgefrischt und angewendet werden.

Brauchen wir in Brandenburg Spezialtrupps für die Waldbrandbekämpfung wie es sie beispielsweise in Spanien gibt?

Fichtenwalde hat gezeigt, dass wir gut aufgestellt sind. Bevor wir über zusätzliche Einheiten nachdenken, sollten wir das gegenwärtige System prüfen und gegebenenfalls nachschärfen. Wichtig ist beim Waldbrand, dass er früh erkannt wird, da ist Brandenburg Spitzenland. Außerdem muss mit guter Technik schnell gelöscht werden. Auch da stehen wir gut da.

Warum kritisierte der Einsatzleiter in Fichtenwalde dann, man habe „bei Ausbildung und Ausrüstung noch Luft nach oben“?

Ich weiß nicht genau, wo er sie sieht. Wir werden bei der nächsten Kreisbrandmeistertagung den Einsatz aber auswerten, denn was Herr Heinze berichtet, hat eine andere Qualität als das, was manche Politiker von der Galerie gefordert haben. Natürlich gibt es in den USA oder Kanada noch mehr Spezialfahrzeuge, aber dort gibt es Waldflächen, die größer sind als die gesamte Bundesrepublik. Deswegen wird da auch viel aus der Luft gelöscht.

Löschflugzeuge brauchen wir also nicht?

In Brandenburg ist das nicht sonderlich sinnvoll, denn dort fehlen die großen Wasserflächen zum Aufnehmen des Wassers. Der Einsatz von Hubschraubern ist hier effektiver. Wir haben als Land das Glück, dass die Bundespolizei in Blumberg und die Bundeswehr in Holzdorf mit ihren Hubschraubern sitzt. Damit ist das Land gut geschützt.

In Brandenburg sind die Kommunen für die Ausrüstung der Feuerwehren verantwortlich. Hätten Sie gerne mehr Einfluss?

Nein! Ich bin leidenschaftlicher Befürworter der kommunalen Selbstverwaltung. Kein Minister ist aus der Distanz in der Lage, die Dinge beim Brandschutz wie der Wehrführer vor Ort zu überblicken. Finanziell unterstützen wir die Kommunen natürlich erheblich.

Ist das Land Ihres Erachtens auch in Sachen Prävention gut aufgestellt?

Wir sind im Waldumbau hin zu Mischwäldern, aber das ist eine Generationenaufgabe. Die Möglichkeiten der Wasseraufnahme müssen noch einmal analysiert werden. Wo nötig, brauchen wir mehr Brunnen. Außerdem müssen wir unsere Wälder sauber halten und zum Beispiel nach Sturmschäden das tote Holz herausholen. Das erhöht sonst die Brandlast.

Was halten Sie von alternativen präventiven Möglichkeiten wie der Waldweide?

Die Waldweide schließt sich durch die Wölfe in unserem Land aus. Kein Bauer wird seine Tiere in die Wälder schicken.

Wir haben viel über Krisenmanagement gesprochen. Wie finden Sie das der Gesundheitsministerin im Pharmaskandal?

Ich war im Urlaub, da habe ich bewusst keine Brandenburger Zeitung gelesen.

Das Gespräch führte Felix Hackenbruch

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