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Wildschweinbäckerei wiedereröffnet: Wildschwein aus dem Backofen in Ferch

René Socher hat das Fercher Restaurant übernommen. Zum Start kamen bereits reichlich Gäste, aber es lief nicht alles reibungslos.

Von Enrico Bellin

Ferch - Ständig klingelt am Montagvormittag das Handy von René Socher beim Termin in der Fercher Wildschweinbäckerei. Seit dem 1. März ist die Gaststätte wieder geöffnet, frühere Stammkunden wollen Tische reservieren oder bestellen fertig gebackene Schweinekeulen für ihre Privatfeiern. „Über fehlende Gäste können wir uns hier wirklich nicht beschweren“, sagt Socher, der das Restaurant gepachtet hat. Am Wochenende sei es jeden Tag „knackevoll“ gewesen, so der 53-Jährige. 50 Sitzplätze bietet das im Stil einer Jagdhütte mit Geweihen und Wildschweinköpfen dekorierte Restaurant im Norden Ferchs in der Beelitzer Straße 69. Auf der Speisekarte stehen Wildschwein, Reh und Hirsch. Karpfenfilet ist das einzige Gericht auf der Karte, dessen Hauptzutat nicht aus dem Wald kommt. Sechs Jäger aus der Region beliefern Socher.
Anfang Dezember habe er den Anruf von der Besitzerin der Wildschweinbäckerei, Katrin Paulus, bekommen, die fragte, ob er nicht neuer Pächter werden wolle. Paulus Vater hatte das Restaurant 1995 eröffnet. Nach dessen Tod hatte zunächst der Bruder den Betrieb übernommen, musste aus gesundheitlichen Gründen aber aufhören. Katrin Paulus und ihr Lebensgefährte hatten dann wie berichtet übernommen, jedoch nicht ausreichend Personal gefunden, sodass sie das Restaurant aufgeben mussten.

Socher, der Ende der 90’er beim damaligen Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg (heute rbb) eine Kochshow moderierte, als Restaurantberater tätig ist und mit seiner Cateringfirma das Essen bei Veranstaltungen des SC Potsdam liefert, musste einige Tage überlegen, ob er das Angebot annimmt. „Mit meiner damals siebenjährigen Tochter war ich vor Jahren in den Wäldern rings um die Bäckerei zu Ostern spazieren, hab ihr immer wieder das gleiche Geschenk versteckt. Es war wunderschön.“ Diese Erinnerung habe den Ausschlag für die Übernahme gegeben.

Holpriger Start

Doch der Start am vergangenen Wochenende verlief holprig, wie Socher ohne Ausschweife zugibt. Es gab mehrere Beschwerden von Gästen. So kam etwa der als Vorspeise bestellte Salat zeitgleich mit dem Hauptgang, oder das Stück Kuchen kam direkt aus dem Kühlschrank zum Platz und war dementsprechend zu kalt. Ein Kellner hatte auch schlicht vergessen, Gäste auf der Terrasse abzukassieren. Die haben sich dann per Mail bei Socher für das kostenlose Essen bedankt. Das müsse nun alles ausgewertet werden. „Die Mitarbeiter sollen die Kritik allerdings nicht persönlich nehmen, jeder soll sich hier wohlfühlen“, so Socher, der auch in der Wildschweinbäckerei selbst vor Herd und Holzbackofen steht. Das Team müsse sich erst noch finden. Zudem brauche er noch zusätzliche Mitarbeiter für den Service. Die Lage gut einen Kilometer vom Fercher Zentrum entfernt schrecke ab, er biete aber an, Mitarbeiter abends mit zurück nach Potsdam zu nehmen.

Geöffnet ist die Wildschweinbäckerei Mittwoch bis Sonntag ab 12 Uhr. Zu den 50 Innenplätzen hat Socher im liebevoll angelegten Außengelände rund um den Holzofen noch 60 Plätze ergänzt. An Sommerwochenenden soll draußen Wildschwein am Spieß gegrillt werden – auch, weil die kleine Küche, in der höchstens zwei Köche Platz haben, nicht ausreichen würde, um alle Gäste schnell zu bedienen.

Die Karte ist mit drei Seiten für die Speisen übersichtlich. Die Spanne reicht von Wildsuppe mit Preiselbeerrahm für 5,90 Euro bis zum Rehrücken mit Prinzessbohnen und gebackenen Kartoffelplätzchen für 23,90 Euro. Der Klassiker, Wildschweinbraten mit Apfelrotkraut und Kartoffelklößen, kostet 21,90 Euro.

Wildschwein auch zum Mitnehmen

Das Schwein wird dafür bis zu fünf Stunden im mit Buchenholz befeuerten Ofen gebacken, eingelegt in einer Marinade aus Gemüse, Gewürzen und Fichtenzweigen. Anschließend wird es vakuumverpackt und nach der Bestellung vom Koch noch einmal zubereitet. „Wir verwenden keine Tiere, die bei Drück- oder Treibjagden geschossen werden“, erklärt René Socher. Nicht nur aus Tierschutzgründen: Das Fleisch wäre sonst „verzerrt“ und nicht so mürbe wie gewünscht. Da es sich um Wild handelt, untersucht ein Tierarzt Proben jedes einzelnen erschossenen Tieres auf eventuelle Krankheitserreger.

Wie bei den Vorbesitzern gibt es das gebackene Schwein auch zum Mitnehmen, wahlweise wird auch geliefert: Ein Kilogramm Rücken kostet 18,50 Euro, eine Keule hat mindestens drei Kilogramm. Ein ganzer gebackener Frischling – ohne Innereien – kostet pro Kilo 16,50 Euro. Auch Kesselgulasch wird angeboten, der Liter für neun Euro. Der Markt für Wildschweinfleisch sei definitiv da, so Socher. Da sei es verwunderlich, dass in Supermärkten höchstens mal Rehrücken angeboten werde.

Wie berichtet klagen Jagdpächter aus der Region um Stahnsdorf, wo die Tiere im Ort zur Plage geworden sind, über fehlenden Absatz für Wildschweinfleisch. „Die haben vielleicht noch nicht von der Wildschweinbäckerei gehört“, sagt René Socher. Die Jäger könnten sich gern bei ihm melden.

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