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Brandenburg: Wie sich Staatsanwälte entlasten

Fall Hilpert: Interne Behörden-Prüfung untersuchte Strafvereitlungs-Vorwürfe gegen Staatsanwalt. rbb: Der Mann prüfte sich mit

Potsdam - Im Wirtschaftskrimi um den früheren Schwielowsee-Hotelier Axel Hilpert gibt es erneut Vorwürfe. Und zwar gegen die Staatsanwaltschaft Potsdam, die in zwei Prozessen eine Verurteilung des schillernden Geschäftsmanns wegen Millionenbetrugs bei der einst vom Land geförderten Hotelanlage in Petzow erreicht hatte. Das jüngste Urteil des Landgerichtes Frankfurt (Oder), das Hilpert Anfang 2017 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilte, ist noch nicht rechtskräftig. Nun gerät nach einem Bericht der rbb-Nachrichtensendung „Brandenburg Aktuell“ vom Donnerstag die Anklagebehörde unter Druck, weil die interne Überprüfung von Vorwürfen gegen Hilpert-Chefankläger Ivo Maier, sich bei den Ermittlungen womöglich nicht an Recht und Gesetz gehalten zu haben, im Frühsommer 2017 nicht unabhängig und objektiv war. Laut rbb machte Staatsanwalt Maier bei der Überprüfung selbst mit, waren drei der vier Staatsanwälte aus der Prüfgruppe vorher selbst mit dem Fall Hilpert befasst. Die Behörde war am Dienstagabend nicht mehr erreichbar.

Die Überprüfung war im April 2017 ausgelöst worden. Zuvor hatte der rbb enthüllte, dass bei den Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen im Fall Hilpert 2010 auch Hinweise auf mögliche Korruptionsdelikte einer früheren Referatsleiterin der Brandenburger Investitionsbank (ILB) gefunden worden waren, was aber merkwürdigerweise folgenlos blieb. Die Frau war in beiden Prozessen die wichtigste Belastungszeugin der Anklage gegen Hilpert, gegen sie selbst wurde wegen Vorteilsannahme nie ermittelt. Nach sechswöchiger Überprüfung verkündeten im Mai 2017 Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg und die Vorsitzende des Generalstaatsanwaltschaftsrates Elvira Klein in einer Presseerklärung die Entlastung Maiers. „Vorwürfe gegen Staatsanwalt sind unberechtigt“, lautete die Überschrift. Und darin berief sich die Generalstaatsanwaltschaft ausdrücklich auf eine Überprüfung der Hilpert-Unterlagen „durch eine bei der Staatsanwaltschaft Potsdam gebildete vierköpfige Arbeitsgruppe, darunter der Antikorruptionsbeauftragte der Behörde“, wonach damals keine Anhaltspunkte für ein korruptives Verhalten der Zeugin vorgelegen hätten, zudem 2010 alles verjährt gewesen wäre. Und: „Wir haben keinen Anlass, dieses Überprüfungsergebnis der Staatsanwaltschaft Potsdam anzuzweifeln.“

Nach den aktuellen Recherchen des rbb, dem der Abschlussbericht der Prüfgruppe und andere Unterlagen vorliegen, sind Zweifel höchst angebracht. Demnach war der Antikorruptions-Beauftragte der Staatsanwaltschaft der einzige, der vorher nie mit dem Fall Hilpert zu tun hatte. Maier und zwei andere waren mit dem Fall befasst.

Professor Martin Heger, der die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität leitet, nannte eine eine solche Selbstentlastung einen „absurden Vorgang in einer rechtstaatlichen Demokratie“, es stinke zum Himmel. Auch die Argumentation, dass die Korruptionsvorwürfe 2010 bereits verjährt gewesen seien, könne er nicht nachvollzuiehen – da es noch aus dem Jahr 2007 Hinweise auf Vorteilsannahmen gegeben habe, was selbst aus dem Prüfbericht hervorgehe. Auch die ILB hatte eine Überprüfung veranlasst, und die frühere Referatsleiterin ebenfalls als entlastet gesehen.

Konkret hatte es Einladungen zu privaten Partys, Spenden und Geschenke Hilperts gegeben. Und Provisionen für Versicherungen des Resorts Schwielowsee, die ausgerechnet der Ehemann der ILB-Referatsleiterin – während des damaligen Förderverfahrens 2003 für die Millionen aus dem Landeshaushalt war sie eine Bewilligerin – mit Hilpert abgeschlossen hatte. Provisionen, die von 2003 bis 2012 flossen.

Zu den Hilpert-Prozessen am Potsdamer Landgericht und dem Verfahren in Frankfurt an der Oder war das alles nicht bekannt. Hilpert und seine Anwälte hatten dort immer erklärt, dass die ILB-Referatsleiterin 2003 das Firmenkonstrukt für das Resort Schwielowsee selbst vorgeschlagen hatte, das nach den Urteilen zweier Landgerichte entsprechend der Anklage Maiers von vornherein das Betrugsmodell gewesen soll. Die ILB-Referatsleiterin hatte solche Absprachen jedoch in den Prozessen immer bestritten, fiel aber besonders bei der Aussage in Frankfurt durch ihren unsicheren und nervösen Auftritt auf.

Im Vermerk eines ILB-Anwaltes, der bei der Kripo-Vernehmung der ILB-Referatsleiterin 2010 dabei war, steht bereits ein vielsagender Satz: „Der vernehmende Beamte betonte, dass weder er noch die Staatsanwaltschaft diesen Einlassungen von Hilpert Glauben schenken würden, sonst hätte man bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Frau Dr. ... eröffnet.“ Eigentlich soll eine Staatsanwaltschaft, so laut der Anspruch der Ankläger oft, die objektivste Behörde der Welt sein. Thorsten Metzner

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