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Brandenburgs Justiz hat jede Menge zu tun. (Symbolbild) Foto: Patrick Pleul/dpa

© DPA

Wegen Überlastung beim Landgericht: Mutmaßlicher Drogendealer in Brandenburg aus der Haft entlassen

Innerhalb eines Dreivierteljahres sind in Brandenburg bereits mehrere Männer aus der Untersuchungshaft auf freien Fuß gesetzt worden. Das Oberlandesgericht hielt eine weitere Fortsetzung der U-Haft für zu lang. Ein neuer Fall verursacht Diskussionen.

Frankfurt (Oder) - Erneut ist in Brandenburg ein Mann im Fall eines möglichen schweren Verbrechens aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Es geht um einen mutmaßlichen Drogendealer, der nach Angaben aus Justizkreisen am 1. August aus der Haft kam. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) habe es für unverhältnismäßig gehalten, dass der Prozess gegen ihn vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) erst im November beginnen solle, sagte eine OLG-Sprecherin am Sonntag auf Anfrage. Als Grund für den Termin gab das Landgericht laut Justizkreisen eine hohe Arbeitsbelastung an. Zuvor berichtete der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb), danach schrieben auch andere Medien darüber.  

Der mutmaßliche Drogendealer war im Januar nach Angaben der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) mit knapp 60 Kilogramm Heroin aufgegriffen und verhaftet worden. Laut Justizkreisen hat er die polnische und griechische Staatsangehörigkeit und soll mehrfach von der Türkei über Osteuropa in die Niederlande unterwegs gewesen sein. Nach Schätzungen der Ermittler soll er insgesamt rund 600 Kilogramm Heroin transportiert haben. Ob er noch in Deutschland ist, war unklar.  

Über die Entlassung aus der U-Haft sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), Helmut Lange: „Ich bin natürlich nicht sehr glücklich darüber.“ Die Staatsanwaltschaft habe relativ zügig Anklage erhoben, sagte Lange. Die Anklageschrift lag fünf Monate nach der Festnahme vor.
Es ist nicht der erste Fall dieser Art: Im Dezember 2018 hatte das OLG einen wegen Mordes an seiner Ehefrau verurteilten Mann freigelassen, obwohl die Richter weiter dringenden Tatverdacht und Fluchtgefahr sahen. Sie hielten aber eine Fortdauer der Untersuchungshaft wegen Verzögerungen in dem von ihm angestrengten Revisionsverfahren für unverhältnismäßig.
Im Januar dieses Jahres wurde ein mutmaßlicher rechtsextremer Brandstifter wegen überlanger Verfahrensdauer aus der U-Haft entlassen. Gegen ihn läuft nach erfolgreicher Revision ein zweiter Prozess wegen eines Brandanschlags von 2015 auf eine Sporthalle in Nauen (Havelland), die als Flüchtlingsunterkunft vorgesehen war.

Der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Ingo Senftleben, warf der rot-roten Landesregierung vor, sie sei zu einem Sicherheitsrisiko geworden. „Schwerverbrecher kommen aus dem Knast, weil es nicht genug Justizpersonal gibt. Das ist schlichtweg Staatsversagen“, kritisierte der CDU-Landeschef am Sonntag. Der Sprecher des Justizministeriums, Uwe Krink, sagte auf Anfrage: „Entscheidungen dieser Art verantworten die Gerichte.“

Die Personallage in der Brandenburger Justiz gilt als angespannt. Damit es kürzere Verfahrenszeiten gibt, sollen mit Mitteln von Land und Bund rund 400 neue Richter, Staatsanwälte und Justiz-Mitarbeiter eingestellt werden. Justizminister Stefan Ludwig (Linke) hatte im Juli erklärt, das Ziel der Landesregierung sei, so viele Stellen wie möglich davon schon in diesem Jahr umzusetzen. Am 1. September wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt.

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